GG/BO Soligruppe Berlin: In der JVA Neumünster zeigt sich in letzter Zeit vermehrt, dass Gefangene mit massiven belastenden psychiatrischen Diagnosen konfrontiert werden, das Ziel der JVA dabei eindeutig: Gefangene nicht entlassen, längere Haftzeiten, Repressalien und Isolation.
Während zum Beispiel Olaf Lauenroth „Querulanten- und Verfolgungswahn“ vorgeworfen wird, soll bei Martin Marggraf, so Dipl. Psych. Dr. Gaby Dubbert, angeblich eine „Sucht und Persönlichkeitsstörung“ behandelt werden. Martin Marggraf hatte bis vor Kurzem die Arbeit verweigert, u.a. weil ihm zustehenden Lockerungen von der JVA verwehrt wurden.
In seiner Haftzeit gab es, so er selbst, nie Probleme, er nahm an allen Angeboten, welche die JVA ihm machte, teil. Für die JVA quasi ein „Vorzeigegefangener“. Geholfen hat ihm das allerdings nicht. In seinem Vollzugs- und Eingliederungsplan vom 21.12.17 wird von einer Entlassung nach 2/3 der abgesessenen Strafhaft ausgegangen. Dementsprechend hätte Martin am 09.09.18 entlassen werden müssen. Aufgrund des Vorwurfs der Sucht und Persönlichkeitsstörung befindet er sich allerdings immer noch in Haft – Entlassung auf 2/3 Strafhaft wurde abgelehnt. Obwohl er also alle Angebote der JVA wahrnahm und auch aus seinem Gutachten vom August 2018 hervorgeht, dass er noch nie ein Suchtproblem hatte, soll er jetzt an seiner angeblichen Sucht arbeiten? Martin schrieb uns dazu am 20.09.18:
„Sie [die Gutachterin] ist der festen Überzeugung, ich würde wieder Suchtdruck entwickeln (den ich noch nie im Leben hatte) und das meine Gefährlichkeit dann fortbesteht. Wenn, dann würde für sie eh nur eine vorzeitige Entlassung in eine stationäre Therapie in Frage kommen. (…) Ich hab es wirklich satt. Es kommt eh nichts besseres als stationäre Therapie dabei raus, die dann zu dem Zeitpunkt sogar über mein Haftende hinaus geht. Werde den Antrag auf 2/3 morgen zurück ziehen. Es reicht.Wir müssen das unbedingt öffentlich machen. Solche Machenschaften müssen mit allen Mitteln bekämpft werden.“
Wie außerdem ein Rückschluss auf eine angebliche Persönlichkeitsstörung konstruiert wurde, ist absolut diskriminierend. So geht aus dem Gutachten hervor, dass Martin wohl „kognitiv beeinträchtigt“ sei, weil er vor seinem Haftantritt keiner Lohnarbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt bzw. einer Ausbildung nachgegangen ist.
Dazu schrieb Martin am 29.09.18:
„Gestern erhielt ich allerdings vom Landgericht das Protokoll der Anhörung, was deutlich zeigt, wie die Gutachterin meine vorzeitige Entlassung verhindern will und mir abermals Alkoholsucht und psychische Störungen attestiert. Der Gipfel daran ist der Rückschluss auf kognitive Beeinträchtigungen nur aufgrund einer fehlenden Ausbildung.“
Es ist eindeutig, wie Knast, Psychiatrie und die Diskriminierung von erwerbslosen Menschen Hand in Hand gehen. Menschen, welche nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt lohnarbeiten oder einer Ausbildung nachgegangen sind, gelten als kognitiv beeinträchtigt – sie werden also als „dumm“ abgestempelt. Und zu „dummen Menschen“ passt auch eine Sucht: die wird dann ebenfalls gleich mal in das Gutachten geschrieben, obwohl es niemals, so in Martins Fall, ein Anzeichen dafür gab. „Dumm“, gefangen und konsumabhängig – das passt in das gesellschaftliche Bild von einem erwerbslosen süchtigen Knacki.
Nicht mit uns! Wir werden uns gegen diese Vorurteile wehren und gegen die Diskriminierung und Stigmatisierung von Gefangenen kämpfen. Martin ist weder süchtig noch ist er dumm. Er weiß sehr wohl, dass die JVA versucht, ihn noch mehr an den Rand der Gesellschaft zu drängen, als er durch sein Gefangenen-Dasein eh schon platziert worden ist.
Dagegen gilt es sich zu wehren! Zeigt Martin eure Solidarität, schickt ihm Briefe an
Martin Marggraf I Boostedterstraße 30 I 24534 Neumünster
und nervt die JVA und das Justizministerium, um staatlichen Institutionen zu zeigen, dass sie nicht alles mit uns machen können, was sie wollen!
Justizvollzugsanstalt I Postfach 1809 I 24508 Neumünster
Justizministerium des Landes Schleswig-Holstein I Lorentzendamm 35 I 24103 Kiel
Berlin, 09. Oktober 2018
Die von den einzelnen AutorInnen veröffentlichten Beiträge geben nicht die Meinung der gesamten GG/BO und ihrer Soligruppen wieder. Die GG/BO und ihre Soligruppen machen sich die Ansichten der AutorInnen nur insoweit zu eigen oder teilen diese, als dies ausdrücklich bei dem jeweiligen Text kenntlich gemacht ist.
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