Persönlichkeitsrechte vs. Menschenrechte

GG/BO Soligruppe Berlin: Leider mussten wir unsere Pressemitteilung vom 17.01.2018 ändern, weil uns die Justizvollzugsanstalt Neumünster aufforderte, den Namen des Vollzugsabteilungsleiters unkenntlich zu machen. Bei der Veröffentlichung von Namen von Mitarbeiter*innen der Anstalt liegt wohl ein Verstoß des Persönlichkeitsrechts gem. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG vor. Wir sind dieser Forderung nachgekommen. Allerdings können wir den Brief der JVA nicht unbeantwortet lassen:

Sehr geehrte Anstaltsleiterin der JVA Neumünster,

wir sind Ihrer Aufforderung, den Namen ihres Vollzugsabteilungsleiters auf unserer Homepage unkenntlich zu machen, nachgekommen. Dass Persönlichkeitsrechte gewahrt werden sollen, können wir nachvollziehen. Nicht nachvollziehen können wir allerdings, dass bei einer Verletzung der Persönlichkeitsrechte die JVA binnen eines Monats reagiert, bei der Verletzung der Menschenrechte allerdings geschwiegen wird.
Gefangene aus der JVA Neumünster beklagen sich seit geraumer Zeit über die dortigen Zustände:
Viel zu wenig Aufschluss und damit ein Verstoß gegen § 13 Abs. 1 LStVollzG SH.
Laut geltendem Recht sollen Gefangene ausschließlich „während der Nachtzeit eingeschlossen“ werden.
Sehr schlechte medizinische Grundversorgung.
Viel zu hohe Telefon- und Einkaufspreise (bei gleichzeitiger Verwehrung des Mindestlohns).

Wir sind dem geltendem Recht nachgekommen, haben ihre Fristsetzung zum 23.02.18 erfüllt und den Namen des Vollzugsabteilungsleiters unkenntlich gemacht.
Hiermit fordern wir Sie auf, ebenfalls geltendes Recht zu wahren.
Mehr Aufschluss, das heißt Einschluss nur bei Nacht.
Eine medizinische Grundversorgung, welche auf die individuellen Bedürfnisse der Gefangenen eingeht und sich nach dem Angleichungsgrundsatz gemäß § 3 Abs. 3 LStVollzG SH, welcher maßgeblich für die Resozialisierung ist, verhält. Dem entsprechend fordern wir auch die Einstellung von mehr Ärzten bzw. Fachärzten.
Ebenfalls angepasste Telefon- und Einkaufspreise nach § 3 Abs. 3 LstVollzG. Dazu verweisen wir auch gerne auf den Beschluss vom Landgericht Dresden: https://ggbo.de/…/Beschluss-Telefonie-ortsu%CC%88bliches-Ni… .

Um die Würde und Rechte der Gefangenen zu wahren, betrachten wir unsere Forderungen als unabdingbar. Bei allen Forderungen handelt es sich um Mindeststandards, weil es lediglich darum geht, den Vollzug nach § 3 Abs. 3 LstVollzG „den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich anzugleichen“.

So wie Sie uns eine Frist zur Unkenntlichmachung setzen, fordern wir sie hiermit auf, bis zum 18.03.18 den Forderungen der Gefangenen nachzukommen.

Mit freundlichen Gruß,

Soligruppe Berlin der GG/BO.

Die von den einzelnen AutorInnen veröffentlichten Texte und Artikel geben nicht die Meinung der gesamten GG/BO und ihrer Soligruppen wieder. Die GG/BO und ihre Soligruppen machen sich die Ansichten der AutorInnen nur insoweit zu eigen oder teilen diese, als dies ausdrücklich bei dem jeweiligen Text kenntlich gemacht ist.

  

Die von den einzelnen AutorInnen veröffentlichten Beiträge geben nicht die Meinung der gesamten GG/BO und ihrer Soligruppen wieder. Die GG/BO und ihre Soligruppen machen sich die Ansichten der AutorInnen nur insoweit zu eigen oder teilen diese, als dies ausdrücklich bei dem jeweiligen Text kenntlich gemacht ist.

7 Kommentare

  1. Den Namen des Vollzugsabteilungsleiters hätte ich erst unkenntlich gemacht, wenn ER sich persönlich, wegen Verletzung seines Persönlichkeitsschutzes an den Verursacher gewandt hätte. Das Persönlichkeitsrecht hat nicht die JVA sondern der Abteilungsleiter höchstpersönlich. Solange er seine Rechte nicht persönlich einfordert bzw. vor dem Landgericht auf Unterlassung klagt, hätte ich hier gar nichts gemacht.

    1. Hey! Kannst du uns den dazugehörigen Paragraphen schicken? Hätten wir das nämlich gewusst, hätten wir wahrscheinlich auch anders reagiert. 😉

      1. Ja, ich hatte in solchen Sachen bereits mit einem Medienanwalt zu tun, weil die BILD-Zeitung mich und andere verleumdet und beleidigt hat.
        Daher weiß ich wie so ein anwaltlicher Schriftsatz aussieht.

        Der Kläger muss einen UNTERLASSUNGANSPRUCH gegen den Veröffentlicher/oder Internet-Anbieter geltend machen,

        nach §§ 823 und 1004 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch)

        Dazu muss er schriftlich mit Zugangsurkunde dem Verursacher, Anbieter, Verantwortlichen eine Abmahnung MIT Fristsetzung zukommen lassen.
        Meistens nimmt man 1 Woche.
        Man zählt auf oder zitiert die inkriminierten Text-Stellen und verlangt
        1. die Beseitigung
        2. eine schriftliche Unterlassungserklärung (da Wiederholungsgefahr besteht)

        Wenn die Gegenseite – also Ihr in dem Fall – nicht innerhalb der Frist reagiert und den Forderungen nachkommt, geht eine Klage vor die Zivilkammer des Landgerichts. Kostet aber erstmal Geld, was das Medium (Ihr) später zahlen muss.
        Das Landgericht schreibt die Gegenseite an (also Euch), bittet um Stellungnahme und setzt einen Verhandlungstermin an. Und dann geht es letztlich um die Frage ob das Persönlichkeitsrecht des Abteilungsleiters nun verletzt ist, oder nicht. Das hat dann das Landgericht zu entscheiden.
        Wer verliert, muss am Ende die Kosten zahlen.

        Und bis dahin könnt Ihr jederzeit noch einlenken.
        Aber aktiv werden, muss der Betroffene selbst. Die JVA kann hier gar nix verlangen.

        Ob die Persönlichkeitsrechte verletzt sind oder nicht. Dazu gibt es Literatur und Medienanwälte, die sich mit sowas befassen.
        Z.B. ist de Frage, ob man dem Abteilungsleiter hier berufliches Fehlverhalten nur unterstellt – oder ob man nachweisen kann, dass er sich tatsächlich beruflich falsch verhalten hat.
        Für Justizbeamte ist das Landesjustizministerium zuständig und da kann zudem eine Landtagsfraktion (oder mehrere) eine kleine Anfrage an die Landesregierung stellen.
        Und gleich nochmal den Namen des Abteilungsleiter öffentlich nennen…. kkkkkk

        1. Eine kleine Anfrage an die Landesregierung muss noch nicht einmal eine ganze Fraktion machen, das kann sogar jede/r einzelne Abgeordnete einreichen.
          Der/die Abgeordnete kann auch, wenn er will die Presse informieren. Sowohl über die Anfrage als auch über die Antwort der Landesregierung. Und er/sie kann es zudem auf seine/ihre Webseite stellen.

        2. Dankeschön, das hat weitergeholfen! Dann werden wir das nächste mal warten, bis persönlich was vom betroffenen, welcher Seite Rechte verletzt sieht, kommt.

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