Grußwort von Thomas Meyer-Falk zu Silvester

Der linke Langzeitgefangene und Sicherungsverwahrte Thomas Meyer-Falk hat uns dankenswerterweise ein Grußwort zukommen lassen. Wir haben es an andere Städte weitergeleitet, wo zu Silvester Kundgebungen vor Knästen stattgefunden haben. Wir veröffentlichen das Grußwort an dieser Stelle und schicken zu dem Anlass viele Grüße zurück in den Knast an unseren Freund Thomas und alle die anderen, die uns schon zu lange fehlen!

 

Grußwort von Thomas

Auch dieses Jahr, hier aus den dunklen Gemäuern im südbadischen Freiburg, herzschlagende Grüße!

 

Immer öfter wurde 2021 daran gedacht, dass Gefängnisse abgeschafft werden müssen. Auch wenn wir das kaum erleben werden, sondern erst die Menschen in 50 oder 100 oder in noch mehr Jahren – der Gedanke ist gedacht. Er ist ausgesprochen. Er ist in der Welt. Er lässt sich nicht mehr unterdrücken.

Gefängnisse haben noch nie Probleme gelöst. Gefängnisse schaffen vielmehr neue Probleme und fügen dem Leid, das schon in der Welt ist, neues hinzu. Es geht darum, neue, kreative Möglichkeiten zu entwickeln, die auf Verletzungen von Menschen mit anderen Mitteln antworten als damit, sie in Knäste zu sperren.

In Freiburg steht das Gefängnis mitten in der Stadt. Einer Stadt, die geprägt ist von der Universität. Und das nächste Uni-Institut liegt auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Dort leben die Studis Innovationen. Sie denken Neues. Ideen zu entwickeln, wird gefördert. Gestaltungskraft und Einfallsreichtum sind Teil des Lebens.

Aber auf der anderen Straßenseite, wo Hunderte von Menschen in ihren vergitterten Zellen leben, dort ist der Alltag dmoniert von rückwärtsgewandtem Denken! Ideen verkümmern! Menschen schrumpfen seelisch, anstatt zu wachsen! Und wenn es hier „Einfallsreichtum“ gibt, dann allenfalls seitens des Personals für immer neue Beschränkungen im Haftalltag.

Demonstrationen wie die heute vor dem Jahreswechsel schaffen eine Verbindung zwischen den Welten vor und hinter den Mauern. Es sind nicht nur die Stimmen, die über die Mauern wehen, sondern auch die Gedanken, die Ideen, die Wünsche, die Hoffnungen! Von beiden Seiten der Mauern!

Euch allen einen kämpferischen, lautstarken Jahresausklang. Und auf ein Jahr 2022, das die Gedanken, die Ideen, die Wünsche und die Hoffnungen zu Taten werden lässt.

Herzliche und solidarische Grüße

Euer Thomas

Quelle: https://gefangenensolijena.noblogs.org/post/2022/01/03/gruswort-thomas/

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