GG/BO Soligruppe Leipzig: Angesichts massiver Mängel in der Gesundheitsversorgung von Gefangenen in Sachsen fordert die GG/BO Haftentlassung für Menschen aus Risikogruppen. Zudem werden durch die vom Ministerium erlassenen Beschränkungen Grundrechte verletzt und das Recht auf Verteidigung rechtswidrig eingeschränkt.
Die Gesundheitsversorgung in sächsischen Justizvollzugsanstalten weist bereits vor Corona massive Mängel auf. Wie über kleine Anfragen ermittelt, erhalten Gefangene lediglich 50% der Leistungen im Vergleich zu Menschen in Freiheit. Im bundesweiten Vergleich der Gesundheitskosten pro Kopf im Justizvollzug bildet der Freistaat damit das Schlusslicht.
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Am 23. März verkündet das Justizministerium Sachsen, dass Besuche gänzlich gestrichen und Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten nur im Ausnahmefall der Zutritt durch die jeweilige Anstaltsleitung gestattet sei. Im Vergleich zu Berlin, wo Besuche durch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ermöglicht werden, wird diese Verfügung nicht zeitlich begrenzt.
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Mit einem Schreiben vom 18. März konstatieren inzwischen über 50 internationale Organisationen aus dem Bereich der Rechtspflege: „Zwar können Beschränkungen des Kontakts mit der Außenwelt gerechtfertigt sein, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zum Risiko stehen und von angemessenen Ausgleichsmaßnahmen begleitet werden, doch muss betont werden, dass die Schließung von Gefängnissen für sich selbst das Risiko von Misshandlungen erhöht, insbesondere in Krisen- und Paniksituationen. Einschränkungen der Besuche und Aktivitäten werden unweigerlich zu Situationen großer Spannung führen“
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„Die am 23. März durch das sächsische Justizministerium verkündeten Maßnahmen stellen einen eklatanten Verstoß gegen „Art 6 GG – Ehe und Familie“ und „Art. 6 EMRK – Recht auf Verteidigung und faires Verfahren“ dar und dürfen nicht unwidersprochen hingenommen werden“ so Mila Eichler von der GG/BO Soligruppe Leipzig.
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In Kalifornien fordern Pflichtverteidigerinnen und Pflichtverteidiger neben Transparenz durch Veröffentlichung der Pandemiepläne auch die Freilassung von nicht gefährlichen Gefangenen über 60 Jahren sowie solchen mit Autoimmun-, Herz- oder Lungenkrankheiten, Diabetes, Krebs oder HIV – da diese zu den Risikogruppen gehören. Ebenso sollen Menschen entlassen werden, deren Haftende kurz bevorsteht.
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„Angesichts der massiven Versäumnisse bei der Gesundheitsversorgung von Gefangenen in den vergangenen Jahren, können wir nur an das sächsische Justizministerium appellieren Verantwortung für die Menschen zu übernehmen und dabei auch unkonventionelle Lösungen in Betracht zu ziehen. Die Einschränkung von Grundrechten bei gleichzeitig nachgewiesener Unterversorgung von Gefangenen sowie die fehlende Transparenz gegenüber Bediensteten, Gefangenen und ihren Angehörigen waren ein wenig günstiger Start zum Umgang mit der Krise. Noch besteht die Möglichkeit die Katastrophe hinter Gittern abzuwenden“ so Mila Eichler von der GG/BO Soligruppe Leipzig abschließend.
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Leipzig, 27. März 2020
Die von den einzelnen AutorInnen veröffentlichten Beiträge geben nicht die Meinung der gesamten GG/BO und ihrer Soligruppen wieder. Die GG/BO und ihre Soligruppen machen sich die Ansichten der AutorInnen nur insoweit zu eigen oder teilen diese, als dies ausdrücklich bei dem jeweiligen Text kenntlich gemacht ist.
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