Pressemitteilung der Berliner Soligruppe der GG/BO vom 07.09.2017
Am 23.4.2017 schickte die Berliner Soligruppe der Gefangenen-Gewerkschaft 85 Rundschreiben mit jeweils zwei Pressemitteilungen vom März 2017 an die gefangenen Gewerkschaftler in die JVA Tegel.
In der Pressemitteilung vom 09.05.2017 musste die Gruppe daraufhin mitteilen, dass die Rundschreiben an die Gefangenen angehalten worden sind. Dazu Martina Franke aus der Berliner Soligruppe:
„Wir haben damals keinen Grund für ein Anhalten der Rundschreiben gesehen. Die JVA schrieb uns, die beigefügte Pressemitteilung vom 22.03.2017 enthalte >grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellungen von Anstaltsverhältnissen<. In dieser teilten wir allerdings nur mit, dass Gefangene in der JVA Tegel eine Petition unterzeichneten und die JVA diese mit einer Zwangsverlegung und einem Meuterei-Vorwurf beantwortete. Dass waren keine grob unrichtigen oder erheblich entstellende Darstellungen der Anstalt, sondern war und ist leider die repressive Realität in der JVA Tegel.“
Scheint, dass die Anstalt das nun auch selbst einsieht.
Am 12.05.17 stellte Mehmet Aykol, Rechtssekretär der GG/BO, Gefangener in der JVA Tegel und ebenfalls Betroffener der angehaltenen Rundschreiben einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §109 StVollzG. Er verlangte, dass die Rundschreiben mitsamt beigefügten Pressemitteilungen an ihn ausgehändigt werden.
Zu der gerichtlichen Entscheidung musste es dann aber gar nicht erst kommen.
Nachdem Mehmet Aykol den Antrag stellte, ruderte die JVA Tegel zurück und händige dem Gefangenen das Rundschreiben samt Pressemitteilungen aus.
Hat die JVA Tegel Angst vor der Justiz?
„Das würde mich nicht wundern“, so Martina Franke. „In dieser JVA läuft einiges schief und absolut nicht rechtmäßig. Das fängt bei der Klau- und Schmuggelwirtschaft seitens der Bediensteten an. Die Beamt*innen klauen Produkte, die die Gefangenen unter dem Sozial-und Lohndumping hergestellt haben. Das ist Ausbeutung auf einem ganz neuen Niveau. Weiter geht es mit Meuterei-Vorwürfen, wenn Gefangene eine Petition unterzeichnen. Anstaltsinterne Repression nimmt also auch ganz neue Dimensionen an. Und zu guter Letzt sind nicht einmal die Teilanstalten intakt. In der TA II können wir definitiv von einer Verwahrlosung der Gefangenen sprechen. Überall fehlt es an Personal, was zu einer mangelnden medizinischen Grundversorgung, fehlenden Freizeit- und Therapieangeboten, ausfallenden Vollzugsplankonferenzen, zu wenig Aufschluss, Verringerung der Besuchszeiten und Ausfall von Ausgängen und Ausführungen führt. Von sogenannter Resozialisierung, welche das Berliner Strafvollzugsgesetz als Vollzugsziel vorsieht, kann unter diesen Bedingungen keine Rede sein. Und das ist der JVA, so vermuten wir, auch durchaus bewusst.“
Die JVA Tegel lieferte in der letzten Zeit immer wieder Stoff für handfeste Skandale, etwas ändern tut sich aber nicht wirklich.
„Dass dem Kollegen Aykol das Rundschreiben nun ausgehändigt worden ist, freut uns natürlich. Wir haben immer wieder Probleme mit Schriftverkehr zu Gefangenen dieser Anstalt. Aber in der JVA Tegel muss mehr getan werden, als das. Wir fordern Justizsenator Dirk Behrendt nochmals auf, die massiven Missstände in der JVA endlich wahrzunehmen und entsprechend zu reagieren!“, so Franke.
Berlin, 07. September 2017
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