Bericht von einer Veranstaltung am 2. Juli 2014
Am 22. Mai gründeten Gefangene in der JVA Tegel eine Gefangenengewerkschaft. Dies wurde sofort mit Repression und Einschüchterungsversuchen beantwortet. Doch die haben das Interesse für die Gewerkschaft weit über Tegel hinaus nicht aufhalten können, wie auf der ersten Informationsveranstaltung zur GG im Rahmen des Roten Abends der Internationalen Kommunist_innen deutlich wurde. In einer Grußadresse an die Veranstaltung heißt es:
„Es übersteigt wirklich unsere Erwartungen, dass es in so kurzer Zeit unserer Existenz gelungen ist, unsere kleine Projektidee einer Gefangenen-Gewerkschaft über die JVA Tegel hinaus auszudehnen. Plötzensee, Willich und Aschaffenburg bilden hierbei die erste Etappe einer bundesweiten Ausdehnung. Wir gehen davon aus, dass in weiteren Knästen eine unabhängige Inhaftierten-Organisierung im Rahmen der GG möglich ist“.
Nach den sehr informativen Ausführungen des Gefangenenbeauftragen des Komitees für Grundrechte auf der Veranstaltung kann man gut verstehen, warum die GG auf ein solch großes Interesse stößt. Seine Organisation erhält immer wieder Briefe von Gefangenen, die über schlechte Arbeitsbedingungen, miese Löhne und die fehlenden Rentenbeiträge klagen. Ein nicht unwichtiges Detail wurde vom dem Gefangenenbeauftragen noch nachgetragen. In der letzten Zeit wird viel über die „Zwangsarbeit in DDR-Gefängnissen“ berichtet. Nur wird nie erwähnt, dass dort alle Gefangenen Teil des Rentensystems waren. Nach dem Anschluss der DDR an die BRD wurden diese Regelungen abgeschafft und selbst DDR-Gefangene, die in den dortigen Gefängnissen Ansprüche auf eine Rente erworben haben, bekommen diese nicht ausgezahlt. Auch deswegen wenden sich immer wieder Gefangene an das Grundrechtekomitee. Sie wenden sich an diese Organisation, weil sie dort einen Ansprechpartner für ihre Rechte sehen. Mit der Gefangenengewerkschaft würden sie sich eine Organisation schaffen, mit der sie selber für ihre Rechte kämpfen könnten.
Herausforderung an die Gewerkschaften draußen
Ein langjähriger verdi-Gewerkschafter begründete auf der Veranstaltung, warum die GG der Solidarität aller Gewerkschafter_nnen bedarf. Zum einen werden in Zeiten der Krise und der Gesetzesverschärfungen auch Gewerkschafter_innen in Zukunft häufiger mit Repression und Knast bedroht. Zum anderen spielt das Gefängnis als verlängerte Werkbank mit Niedriglöhnen auch in Deutschland eine immer größere Rolle. Allein in Berlin wurde im letzten Jahr mit Knastarbeit ein Umsatz von über 7 Millionen Euro gemacht. Es liegt im gewerkschaftlichen Interesse, dass mit dem Knast nicht eine neue Billiglohnzone entsteht, die Druck auf die Löhne draußen ausübt. Daher müsse die gewerkschaftliche Losung volle Gewerkschaftsfreiheit auch im Knast heißen. Eine Kollegin aus dem Ver.di-Erwerbslosenausschuss stimmte dem zu. Beide Gewerkschafter_innen erklärten aber auch, dass es eine lange und zeitaufwendige Arbeit sein wird, in den DGB-Gewerkschaften eine Unterstützungsinitiative für die GG zu entwickeln. Es wurde bereits ein offener Brief an verdi verfasst, in dem eine Unterstützung der GG von Gewerkschaftsmitgliedern gefordert wurde. Der Brief ist bis heute ignoriert werden. Wenn nicht bald eine Antwort kommt, wird der Druck auf die Gewerkschaft erhört.
Daher sind die Aktivitäten von Basisgewerkschaften wie FAU oder IWW zur Unterstützung der GG umso wichtiger. Leider war bisher noch nicht so viel zu hören, auch auf der Veranstaltung nicht. Auch das Fehlen der Roten Hilfe wurde zur Kenntnis genommen.
Unterstützungsnetzwerk für Gefangenengewerkschaft draußen aufbauen
Diese und noch viele andere Organisationen sollten sich die Frage stellen, was sie zur Unterstützung der GG beitragen. Es wird als ersten Schritt darum gehen, ein Unterstützungsnetzwerk für die GG aufzubauen. Die Aktivitäten sind vielfältig. Es geht um eine Webseite und eine Postadresse für die GG draußen ebenso wie um die weitere Kooperation mit den verschieden Gewerkschaften. Zudem gäbe es auch direkte Interventionsmöglichkeiten. Der Berliner Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) erklärte kürzlich gegenüber der BZ, dass Gefangene kein Lohnarbeitsverhältnis eingehen würden und daher auch keine Gewerkschaftsrechte haben. Unsere Antwort müsste heißen: Volle Gewerkschaftsfreiheit auch im Gefängnis.