Gefangene büßen zusätzlich durch Altersarmut
Organisationen und nun auch eine eigene Gewerkschaft fordern von Justizministern die Einbeziehung von Strafgefangenen in die Rentenversicherung
Das Grundrechtekomitee führt den Resozialisierungsauftrag der Gesellschaft ins Feld: Danach sollen die Lebensbedingungen von ehemaligen Strafgefangenen weitestmöglich den üblichen Lebensbedingungen angeglichen werden. Schädlichen Folgen der Haft ist entgegenzuwirken. Martin Singe vom Komitee erinnert zudem an die Europäischen Strafvollzugsgrundsätze. Diese fordern die Einbeziehung von Gefangenen in die Sozialversicherungssysteme. Trotzdem gibt es in Deutschland keine gesetzliche Rentenversicherung für Strafgefangene. Das Grundrechtekomitee, die Bundesarbeitsgemeinschaft Straffälligenhilfe (BAG-S) und weitere Organisationen der Straffälligenhilfe haben deshalb die Justizministerkonferenz aufgefordert, diesen Missstand endlich abzuschaffen.
Erneut aufgefordert, muss man sagen. Sozialstaatsgebot, Gleichheitsgrundsatz und Resozialisierungsprinzipien, die Martin Singe zur Begründung anführt, veranlassten bereits vor fast vier Jahrzehnten eine Mehrheit der Parlamentarier im Bundestag zum Handeln. Im 1976 beschlossenen und 1977 in Kraft getretenen Strafvollzugsgesetz wurde eine Regelung für die Einbeziehung von Gefangenen in die Rentenversicherung angekündigt. Als Bemessungsgröße waren 90 Prozent des Durchschnittslohns aller Versicherten angegeben. In den 70er Jahren diskutierten auch kritische Juristen, Kriminologen und Strafrichter ausführlich über die Stärkung von sozialen und politischen Rechten von Strafgefangenen. Es gab dazu einen Kongress in Bielefeld; ein Buch zum Thema im Suhrkamp-Verlag wurde mehrmals aufgelegt. Mit der Stärkung der Gefangenenrechte sollte die Leitidee der Resozialisierung vorangetrieben werden.
Doch das versprochene Bundesgesetz ist bis heute nicht erlassen worden. Zumindest ist das Thema wieder in der öffentlichen Debatte, seit das Grundrechtekomitee 2011 eine Internetpetition mit der Forderung initiierte, die Einbeziehung der Gefangenen in die Rentenversicherung endlich umzusetzen. Dass das angekündigte Gesetz so lange verschleppt wurde, liegt auch daran, dass Gefangene keine Lobby haben. Noch immer gibt es in der Öffentlichkeit Stimmen, die zu einer Freiheitsstrafe verurteilten Menschen soziale Rechte verweigern wollen.
Seit mehr als einem Jahr macht sich auch die im Mai 2014 gegründete Gefangenengewerkschaft/