Weihnachtsamnestie – Gnade für die Gefangenen

In den meisten deutschen Bundesländern können Häftlinge auf die Weihnachtsamnestie hoffen – und darauf, vorzeitig freikommen. Nur in Bayern und Sachsen gibt es besondere Regelungen.

16.12.2016, von Matthias Hertle

Häftlingen gegenüber Milde walten zu lassen und ihnen die letzten Tage ihrer Freiheitsstrafe zu erlassen, weil Weihnachten gefeiert wird – in christlich geprägten Regionen ist das gängiger Brauch. Auch in den meisten deutschen Bundesländern kommen Gefangene in den Genuss der Weihnachtsamnestie. Das Gesetz wurde durch Moses gegeben, die Gnade aber ist neben der Wahrheit durch Jesus Christus geworden, so heißt es vereinfacht im 14. Vers aus dem ersten Kapitel des Evangeliums nach Johannes. Allein bei den Gesetzen und dem Vollzug sollte man es danach nicht bewenden lassen.

Wer ohnehin bis Ende Dezember oder Januar seine Haft abgebüßt hat, darf in weiten Teilen der Bundesrepublik vor Weihnachten auf Gnade hoffen. Schon seit Mitte November öffnen die Haftanstalten die Türen. Nur in den Freistaaten Bayern und Sachsen besteht die Aussicht auf Amnestie für die Gefangenen nicht. Auch im Jahr 2016 werde sie nicht gewährt, sagten Regierungssprecher beider Länder am Donnerstag. Nordrhein-Westfalen dagegen hat schon 710 Häftlinge vorzeitig aus der Haft entlassen, und es könnten noch weitere folgen. Das Land Hessen hat zur Feier der Geburt Christi in diesem Jahr 90 Gefangene für das Weihnachtsfest frühzeitig in den Kreis der Familie zurückkehren lassen. Und Niedersachsen gewährt dieses Jahr mindestens 76 Häftlingen Weihnachtsamnestie.

Vorzeitige Entlassung: Häftlinge können in vielen Bundesländern auf eine Weihnachtsamnestie hoffen

Grundlage für die Nachsicht bietet ein ministerieller Erlass. Um als Häftling davon profitieren zu können, sind die Anforderungen allerdings in allen Ländern hoch. Insassen, gegen die in der Haftzeit Disziplinarmaßnahmen verhängt worden waren oder die sich nicht gut führen ließen, kommen nicht dafür in Frage. Auch Verbrecher, die wegen schwerer Gewaltstraftaten oder Sexualverbrechen einsitzen, bleiben über Weihnachten hinter Gittern. Die Ministererlasse der Justizministerien in Nordrhein-Westfalen und in Hessen nehmen alle Verbrecher von der Weihnachtsamnestie aus, die von einem Gericht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt worden sind. Das Land Hessen prüft aber auch sonstige besondere Umstände, auf Grund deren ein Gefangener als „gnadenunwürdig“ eingestuft werden kann.

In Sachsen gibt es zwar keine Weihnachtsamnestie, dafür macht der Freistaat aber von einer gesetzlichen Regelung Gebrauch, nach der Häftlinge in der Zeit zwischen dem 22. Dezember und dem 2. Januar vorzeitig aus der Haft entlassen werden können.

Auch wirtschaftliche Erwägungen sind relevant

In Bayern bekommen jedes Jahr Hunderte Häftlinge Ausgang. Gegen die Weihnachtsamnestie wendet die bayerische Regierung ein, die Länge einer Freiheitsstrafe werde „in jedem Einzelfall von einem unabhängigen Gericht nach sorgfältiger Prüfung und Abwägung individuell bestimmt“. Die Weihnachtsamnestie führe zu einer verfassungsrechtlich nicht unbedenklichen Bevorzugung gegenüber Gefangenen, deren Haftzeit zu anderen Jahreszeiten ende.

Die Gefangenen-Gewerkschaft hält die Bedeutung der Weihnachtsamnestie für die Gefangenen ohnehin für relativ gering. „Nur ein ganz bestimmtes Klientel von Gefangenen kommt überhaupt in deren Genuss“, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft. „Die Weihnachtsamnestie gilt zwar als Gnadenakt, hat aber für die Haft kaum Bedeutung.“ Auch wirtschaftliche Erwägungen und die Entlastung der Justizvollzugsbeamten über die Weihnachtstage können Gründe für die Weihnachtsamnestie sein.

 

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