GG/BO Soligruppe Berlin: „Was die JVA Luckau-Duben betrifft, so bin ich an dem Punkt angekommen, wo ich massive Angst habe – was macht man hier als nächstes mit mir? In 2019 spitzte es sich sehr zu. Zu den Ängstlichen gehöre ich eigentlich nicht, aber mittlerweile schon.“
Mit diesen Worten beginnt der Bericht der gefangenen Gewerkschaftlerin Christine Schwenke über eine Zellen-Razzia am 21. März 2019 in der JVA Luckau-Duben.
„Die Haftraumkontrolle wurde am 21. März 2019 von 9:40 bis 10:33 von den Bediensteten K. und G. mit 10-minütiger Anwesenheit der Vollzugsabteilungsleiterin S. durchgeführt.“
Bei der Razzia wurden Christine Schwenke alle Briefmarken und Briefumschläge abgenommen. Als Sie daraufhin mit ihrem Anwalt sprechen wollte, wurden ihre Anträge abgelehnt. „Ich könne doch schreiben. Mir fällt da nur ein Wort ein Schikane, absolute Willkür.“
Und die Begründung für diesen Eingriff? Nach Aussagen der Bediensteten K. und G. handelte es sich um eine „Entmüllung“. Christine Schwenke sieht das ganz anders: „Vielmehr erweckt es den Eindruck, die Haftraumkontrolle diente als Mittel der Machtdemonstration.“ Christine Schwenke ist seit Beginn ihrer Haftzeit widerständig: Sie schreibt Beschwerden, Anträge und spricht mit der Presse. Mit Hilfe ihrer Unterstützer*innen führt sie eine Website (1) und einen Twitter-Kanal. Über Soziale Medien veröffentlicht sie ihre Kämpfe um die Wiederaufnahme ihres Verfahrens, das Recht auf Selbstversorgung mit Lebensmitteln und Verlegung nach Berlin. Immer wieder konfrontiert sie die Knast-Leitung mit den Absurditäten und Schikanen des Knast-Alltags.
Nach der fast einstündigen Razzia fehlten u.a.:
- alle Briefmarken, im Wert von ca. 25€,
- alle Briefumschläge
- unbeschriebene Karteikarten sowie Schreibblöcke und -blätter,
- mit Gesetzestexten beschriebene Karteikarten und Kopien von Gesetzestexten,
- persönliche Briefe,
- Anwaltspost,
- ein kompletter Aktenordner mit Manuskript für das eigene Buch und Schriftstücke für den angestrebten Wiederaufnahmeantrag,
- Zeitschriften, Tageszeitungen und Zeitungsausschnitte,
- die Gefangenenzeitung ‚Lichtblick‘ aus der JVA-Tegel,
- Bastelmaterialien und Tierbilder,
- Rätsel
- …
Christine Schwenke berichtet weiter: „Krass und 15x Gewürze – na, nichts verbotenes, wie Pfeffer – alles gekauft: Zimt, Knoblauchgranulat, Curry, Basilikum, Salatgewürz alles beim Anstaltskaufmann erworben … die 23 Rechnungen dafür wurden ebenfalls bei der Haftraumkontrolle entnommen. Es sind auch Schokoladenraspeln dabei, aber noch gefährlicher ist 1 Beutel Gummitiere. Ehrlich, würde doch draußen keiner glauben, wenn ich es nicht per Protokoll nachweisen könnte. Dann wurden mir private Leggings entnommen, obwohl ich keine erhöhte Anzahl hatte, alles von der Kammer gestattet. Keiner weiß, wo sie jetzt sind, hab schon mehrere Anträge geschrieben. Hatte über Jahre 7x Unterwäsche, jetzt alles entnommen bis auf 2x Slips, mittlerweile 5 Slips pro Woche. Da fällt mir auch nur Schikane ein. Ach – die Umschläge, Prospekthüllen durfte ich mir schon wieder aus der Kammer holen – Zimt bekomme ich nicht, wahrscheinlich auch nicht die Schokoladenraspeln – eigentlich lächerlich, aber es macht Angst – wie dreist wird man hier noch gegen mich vorgehen.“
Außerdem wurde das im Handel erhältliche Buch „Schutzlos – Literatur aus der JVA Tegel“ mit der Aussage, diese seien verboten, entzogen. Dieses Buch ist eine Gemeinschaftsarbeit von Gefangenen der JVA Tegel. Auch Christine Schwenkes Sohn hat daran mitgeschrieben und es ihr per Post geschickt. „Der Bedienstete G. empörte sich am 21. März 2019 nach der Kontrolle, dass die Geschichten verboten seien. Bei der Mittagspause fragte ich nochmals nach. Antwort: ‚Weiß ich nicht – stellen Sie einen Antrag.‘ Daraus lässt sich zweifelsfrei die Willkür dieser Kontrolle belegen.“
Solche Razzien und Schikanen gehören zum Knast-Alltag für widerständige Gefangene. Zeigt euch daher solidarisch mit Christine Schwenke. Knast in allen Formen ist und bleibt scheiße! Free them all!
(1) Lässt sich nicht mit dem Tor-Browser öffnen.
Berlin, 30. August 2019
Die von den einzelnen AutorInnen veröffentlichten Beiträge geben nicht die Meinung der gesamten GG/BO und ihrer Soligruppen wieder. Die GG/BO und ihre Soligruppen machen sich die Ansichten der AutorInnen nur insoweit zu eigen oder teilen diese, als dies ausdrücklich bei dem jeweiligen Text kenntlich gemacht ist.
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