Bericht über Coronasituation in JVA Tegel

GG/BO-Soligruppe Jena: Die Gruppe Criminals for Freedom hat einen Beitrag über die Situation in der JVA Tegel veröffentlicht, den wir an dieser Stelle dokumentieren.

Knast Tegel, Zustände durch Corona Pandemie

Gefangene aus dem Knast Tegel wollen die nachfolgend genannten Zustände öffentlich machen – helft ihnen dabei, die Infos zu streuen und werdet praktisch solidarisch!

„Abstand halten“ nicht möglich

Selbst vom Personal gibt es Beschwerden. Obwohl es uns eigentlich fern liegt, Justizknechten eine Stimme zu geben, zeigt u.a. dieser Beschwerdebrief, welche massiven Probleme der Knast für die Gesundheit mit sich bringt. „Bei Aufschluss sind 120 Gefangene auf den Hof, ohne Sicherheitsabstand“, so ein Gefangener hinzufügend.

Besuchsregelungen, Entlassungen, Freigänge

Bisher darf nur eine Person über 16 Jahre in die Anstalt, um einen Gefangenen zu besuchen. Wenn es zu Entlassungen oder Freigängen kommt, bekommen die (neuen) Gefangenen keine Untersuchung. „Da wird nicht einmal Fieber gemessen“, so ein Gefangener aus Tegel.

Die Aussetzung Ersatzfreiheitsstrafe erfolgte ohne jede Vorbereitung. „Man spricht hier von Blitzentlassungen. Es gibt keine Wohnung, sie haben garn ichts, sie wurden auf die Straße in die Kälte entlassen“.

Einweisungsabteilung

Der A-Flügel mit 3 Etagen und C-Flügel mit 2 Stationen wurden umfunktioniert in eine Einweisungsabteilung (EWA), in welchem sehr viele Gefangene aus Moabit sind, weil sie dort keine Kapazität mehr haben. Die daraus resultierenden Probleme erklärt der oben erwähnte Beschwerdebrief. In der EWA kann kein Sport gemacht werden, es gibt nur wenig Aufschluss, anwaltliche und private Besuche sind sehr stark eingeschränkt. Justizsenator Behrendt spricht zwar von einer Umstrukturierung der Flügel in die EWA für maximal sechs Wochen, in der Realität sei es aber wohl, so die Gefangenen, mehr als ein Jahr. Eigentlich ist die Abteilung dafür da, die Haftform (geschlossen oder offen) festzulegen und Perspektiven zu planen, allerdings sind die Gefangenen hier „viel schlechter gestellt, teilweise sitzen hier Eierdiebe [Anmerk C4F: Gefangene mit kurzen Strafen von 1- 2 Jahre ab], aber sie sitzen auf ihrem Status fest“. Eine Planung, was mit ihnen passiert, ist also nicht in Sicht.

Hygienische Bedingungen

„Bis vor Kurzem gab es keine Seife, Papierhandtücher oder Handdesinfektion im Besuchszentrum. Erst durch einen Brandbrief von einem Gefangenen hat sich das geändert. Andere Forderungen wurden aber ignoriert. Gefangene haben außerdem keinerlei Informationen über den aktuellen Stand und es gibt auch keine Pläne, falls es infizierte Gefangene gibt. Menschen aus Risikogruppen haben keinerlei Schutz! Die medizinische Versorgung ist unterirdisch, es gibt nur einen fähigen aber sozial inkompetenten Arzt, alle anderen sind totaler Schrott. Du trittst dir einen Nagel ein und bekommst Ibo.“

Außerdem: Maßnahmen aus Anlass des Coronavirus, Stand 17.02.2020 von der Senatsverwaltung für Justiz

Und: Rundschreiben vom Anstaltsleiter Riemer

Nach Informationen von Gefangenen aus Tegel gibt es auch im Knast Bützow einen Corona-Infizierten.

Die Situation in den Knästen spitzt sich zu, für die Gefangenen gibt es keinen Schutz vor dem Virus. Diejenigen, welche entlassen werden, werden direkt in die Obdachlosigkeit geschickt. Gleichzeitig wird von staatlicher Seite gefordert, dass alle „zuhause“ bleiben, sich in Quarantäne begeben sollen. Die Freiheit aller Gefangenen, unbezahlter Wohnraum für alle und damit die Verbindung unserer Kämpfe wird daher wichtiger denn je. Zeigt euch solidarisch mit allen Gefangenen, Wohnungs- und Obdachlosen und allen, welche von der Krise am meisten betroffen sind. Geht zu den Knästen, gebt den Gefangenen eine Stimme, konfrontiert Verantwortliche der Knastgesellschaft, umgeht Ausgangssperren, besetzt Häuser und Wohnungen!

Freiheit für alle und die Häuser denen, die sie brauchen!

Die von den einzelnen AutorInnen veröffentlichten Beiträge geben nicht die Meinung der gesamten GG/BO und ihrer Soligruppen wieder. Die GG/BO und ihre Soligruppen machen sich die Ansichten der AutorInnen nur insoweit zu eigen oder teilen diese, als dies ausdrücklich bei dem jeweiligen Text kenntlich gemacht ist.

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