Bericht zur Solidaritätskundgebung für den Gefangenenkampf in den USA vom 9. September 2016 in Leipzig
von den Soligruppen der Gefangenengewerkschaft Leipzig und Jena, 10. September 2016
Anlässlich des Beginns des Arbeitsstreiks der amerikanischen inhaftierten Arbeiter_innen gegen die Knast-Sklaverei vom 9. September 2016 haben wir als Gefangenengewerkschaft schon Anfang August zu einer Solidaritäts-Kundgebung vor dem Leipziger US-amerikanischen Generalkonsulat aufgerufen.
Der Aufruf wurde auf unseren Seiten verbreitet, in die Knäste geschickt, in der Stadt plakatiert sowie von einigen Gruppen der Leipziger radikalen/autonomen Bewegung geteilt. Im Vorfeld gab es bei Radio Flora ein Interview in der Sendung “Wie viele sind hinter Gittern, die wir draußen brauchen!” und im Nachgang eins mit Radio Blau. Beide Interviews haben uns sehr gefreut und gezeigt, dass es sich lohnt, künftig noch engere Beziehungen zu den selbstverwalteten und bewegungsnahen Medien aufzubauen.
Am Tag selbst versammelten sich ca. 50 Leute aus verschiedenen Gruppen und Organisationen, mit Fahnen sichtbar war vor allem die Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union (FAU), die zu den Organisationen gehört, welche die Gefangenengewerkschaft von Anfang an unterstützt haben und die bis heute zu den verlässlichsten Verbündeten zählt. Es gab einen Redebeitrag der GG/BO-Soligruppe Leipzig zur Dynamik der Gefangenenkämpfe in den USA und einen Redebeitrag der GG/BO-Soligruppe Jena zum Gefängniswesen der BRD und den Gefangenenkämpfen im Rahmen der GG/BO hierzulande. GG/BOler, ex-Gefangener und Anti-Knast-Kämpfer Georg H. hat ein paar Worte zur Situation in Österreich gesagt. Es wurden Grußworte vom widerständigen Gefangenen und Genossen Thomas Meyer-Falk sowie vom GG/BO-Mitbegründer und -Sprecher Olli Rast verlesen. Am Ende gab es einen spontanen Beitrag einer Genossin, die erst am Tag zuvor aus der Haft entlassen wurde, zum Thema der medizinischen Unterversorgung hinter Gittern.
Man kann die Beteiligung von 50 Menschen in einer Stadt wie Leipzig mit großer radikaler Szene und vielen Gruppen angesichts dessen, dass am 9. September der wohl größte Gefangenenkampf in der Weltgeschichte angefangen hat, vielleicht als ziemlich gering einschätzen. Auf der anderen Seite kann man sagen, dass wir in Leipzig eine der bisher größten gefangenensolidarischen Aktionen der letzten Jahre auf die Beine gestellt haben. Was uns auf jeden Fall Mut gemacht hat, war die Beteiligung einiger ex-Gefangener und von Menschen aus verschiedenen Lebenslagen und Altersgruppen.
Selbstverständlich gab es auch gegen diese Aktion reichlich Widerstand. Zahlreiche Plakate wurden schon im Vorfeld von Unbekannten abgerissen. Am Tag der Kundgebung wurden 5 Polizei-Einsatzwagen abgestellt, um die Leute einzuschüchtern und der Öffentlichkeit gegenüber wie üblich (Terror-)Gefahr zu signalisieren. Wie es scheint, ist ein Nazi-Späher um die Kundgebung herumgeschlichen und hat die Unterstützer_innen abfotografiert. Das alles wundert uns nicht weiter. Es ist nichts Neues, dass Staat und Faschisten derart gegen selbstorganisierte und kollektive Kämpfe für Freiheit und ein besseres Leben vorgehen. Das zeigt uns nur ein weiteres Mal, wie wichtig es ist, mit Menschen aus anderen Kämpfen – aus den Basisgewerkschaften, Antirassismus, Frauen- und LGBT-Bewegung, Antifa u.a. – zusammenzukommen und sich im Falle härterer Repression gegenseitig und gemeinsam zu verteidigen.
Insgesamt war unsere Kundgebung ein starkes erstes Zeichen der Solidarität mit dem Gefangenenkampf in den USA. Dennoch sollten wir uns bewusst sein, dass der 9. September nur der Anfang des US-amerikanischen Knaststreiks war. In den nächsten Wochen wird sich die Arbeitsverweigerung ausweiten, wird die Repression zunehmen und das Eskalationsniveau weiter steigen. Das sollten wir auf dem Schirm behalten und uns für weitere Solidaritätsaktionen vor US-amerikanischen Vertretungen oder Unternehmen, die von der Häftlingsarbeit in den USA profitieren, bereit halten. Updates zum Verlauf des Kampfes findet ihr hier.
Jena, 10. September 2016
Dazu auch das Interview bei Radio Blau.
Bildquelle
Die von den einzelnen AutorInnen veröffentlichten Beiträge geben nicht die Meinung der gesamten GG/BO und ihrer Soligruppen wieder. Die GG/BO und ihre Soligruppen machen sich die Ansichten der AutorInnen nur insoweit zu eigen oder teilen diese, als dies ausdrücklich bei dem jeweiligen Text kenntlich gemacht ist.