„NRW-Häftlinge gründen Gewerkschaft hinter Gittern“ – NRZ

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von Holger Dumke

Willich. Wie organisieren sich Arbeitnehmer? Klarer Fall: in einer Gewerkschaft. Wer eine Freiheitsstrafe verbüßt, arbeitet in der Regel hinter Gittern – in Werkstätten, in der Bibliothek, in der Wäscherei oder als Gärtner in den Außenanlage eines Gefängnisses. Für Häftlinge der Justizvollzugsanstalt Tegel in Berlin war der Fall deshalb auch klar: Im Mai 2014 gründeten sie die „Gefangenen Gewerkschaft/Bundesweite Organisation“ (GG/BO). Jetzt treibt die Organisation auch in ihren Aufbau in NRW voran.

nrzIn der JVA Willich habe man mittlerweile mehr als 40 Mitglieder dank eines sehr regen Aktiven, berichtete GG/BO-Sprecher Oliver Rast gestern dieser Zeitung. Seit einigen Wochen sammle auch ein Aktiver in Bochum Mitstreiter, und seit einigen Tagen zudem ein weiterer in der Anstalt Düsseldorf/Ratingen.

Die Organisation macht sich für die Zahlung des Mindestlohns von 8,50 Euro hinter Gittern stark sowie für eine Rentenversicherung. Mitglieder zahlen ganz ähnlich wie bei Gewerkschaften außerhalb von Gefängnismauern ein Prozent ihres Lohns, das allerdings freiwillig: „Wir wissen um die prekäre Situation unserer Leute“, sagt Rast.

Für den Zusammenschluss in einer Gewerkschaft berufen sich die Gefangenen auf das Grundrecht der Koalitionsfreiheit: „Das Grundgesetz gilt auch hinter Gittern“, sagt Rast und schließt für die Zukunft auch Arbeitskämpfe hinter Gittern nicht aus. Allerdings werde der Aufbau der „Gewerkschaft“ immer wieder durch Anstaltsleitungen behindert, auch in Nordrhein-Westfalen.

Die Landesregierung bestätigt das nicht, im Gegenteil. Zugesandtes Briefpapier mit Gewerkschaftslogo und Unterschriftenlisten würden in der Justizvollzugsanstalt Willich ausgehändigt, heißt es in einer Antwort auf eine Anfrage der Piraten.

Ein Sprecher des Justizministeriums macht gegenüber dieser Zeitung aber auch deutlich, dass man für eine Gewerkschaft hinter Gittern keine Notwendigkeit sehe. Die Mitbestimmung sei umfänglich geregelt. In jeder JVA gebe es ein gewähltes Gremium aus drei oder vier Gefangenen, das sich bei etwaigen Missständen an Anstaltsleiter oder Beirat wenden könne. Für die Arbeit zahle man den Häftlingen zwischen acht und 14,93 Euro am Tag. Diese Zahlen ergäben sich, weil man den Arbeitslohn auch „in gewisser Weise mit den Kosten der Unterkunft gegenrechnen“ müsse. Und die lägen bei 116 Euro pro Gefangenem und Tag.

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