Die Berliner Soligruppe der GG/BO erreichte mal wieder ein neuer Skandal aus der JVA Tegel: Die Zensur und das Verbot einer freien Gefangenenzeitung!
Die Zeitung „Multi-Kulti-Dialog“ sollte sich vor allem mit den Themen beschäftigen, welche migrantische und ausländische Gefangene ansprechen. So etwas gibt es bis jetzt in der JVA Tegel noch nicht. Genauso wenig wie eine Zeitung, welche unzensiert von Gefangenen geschrieben und veröffentlicht werden darf.
Die „Multi-Kulti-Dialog“ als freie Zeitung, von Gefangenen, für Gefangene, sollte unter anderem herausgegeben werden von Mehmet Aykol, unserem Rechtsekretär und außerdem Sprecher der Gefangeneninteressenvertretung (GIV).
Weil auch für Gefangene Grundrechte gelten müssen, sollte die Veröffentlichung der Zeitung in der anstaltsinternen Bibliothek der JVA Tegel nach Art. 5 GG (Pressefreiheit) eigentlich kein Problem sein. Eigentlich. Denn die JVA Tegel spricht den Gefangenen dieses Grundrecht eindeutig ab.
Zwar erkennt die JVA, dass in der Bücherei „den Insassen verschiedenste Medien zur Verfügung“ gestellt werden sollen, um „dem Einzelnen Zugang zu einer großen Vielfalt an Wissen, Ideen und Meinungen“ zu verschaffen. Die „Multi-Kulti-Dialog“ soll aber nicht zu dieser „Vielfalt“ gehören: mit der Begründung, dass die Inhalte und Themen dieser Zeitung nicht den Bedürfnissen einer Gefangenenmehrheit entsprechen würden.
Das finden wir absurd: die Bücherei der Gefangenen soll mit verschiedensten, vielfältigen Medien ausgestattet werden, gleichzeitig muss sie den Bedürfnissen einer Gefangenenmehrheit entsprechen? Paradoxe Argumentation!
Noch paradoxer wird es aber nachfolgend: obwohl die Gefangenenbücherei vielfältig aufgebaut werden soll, muss sie gleichzeitg, so die JVA Tegel, „frei von jeglicher ideologischer, politischer, religiöser oder kommerzieller Beeinflussung“ sein.
Diese >Argumentation< der JVA Tegel ist mehr als nur widerspüchlich.
Sie entspricht weder dem Resozialisierungsprinzip, nach dem das Leben im Knast den Verhältnissen draußen angeglichen werden soll, noch der Meinungs- und Pressefreiheit nach dem Grundgesetz. Gefangenen werden also, mal wieder, Grundrechte abgesprochen und die Erreichung des Vollzugsziels durch die JVA behindert!
Vor allem aber impliziert die Stellungsnahme der JVA Tegel auch, dass Gefangene sich nicht mit Politik beschäftigen sollen: weder mit der draußen, noch mit ihrer eigenen politischen Situation als Gefangene!
Für die Gewerkschaft ist die politische Arbeit der Gefangenen aber substanziell: Gefangene organisieren sich gegen das ausbeuterische, korrupte und repressive System >Knast< mit dem Ziel, herrschende politische Kräfteverhältnisse verschieben zu können. Ein Verbot der JVA Tegel von politisch beeinflussten Medien betrifft uns deswegen maßgebend!
Gefangene scheinen für die Anstalt keine politischen Subjekte sein zu dürfen. Vielmehr sollen sie ihre Zeit im Knast absitzen, sich nicht mit dem Leben und den Verhältnissen draußen beschäftigen und politisch meinungs- und damit auch handlungsunfähig gemacht werden.
Die gefangenen Gewerkschaftler der JVA Tegel und die Berliner Soligruppe der GG/BO sprechen sich aber weiterhin klar gegen Verwahrvollzug, anstaltsinterner Repression, Ausbeutung und das generelle Konstrukt von Knast aus!
Wir lassen uns unsere Meinung und den Mund nicht verbieten und fordern die JVA Tegel und den Justizsenator Dirk Behrendt auf, die „Multi-Kulti-Dialog“ zuzulassen!
Berlin, 17. Oktober 2017
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