In Stuttgart fallen wichtige Entscheidungen

Die Justizminister der Länder kommen zur zweitägigen Konferenz. Unter anderem geht es um das Thema Betreuungsrecht

Alle 16 Jahre kann eine Justizministerin oder ein Justizminister von Baden-Württemberg Gastgeber für seine Länderkollegen sein. Rainer Stickelberger (SPD) ist, so gesehen, ein Glückspilz, wenn auch die Themen der 86. Justizministerkonferenz, die am morgigen Mittwoch beginnt, alles andere als heiter sind: Hacker-Skandal in Bundestag und Regierung, Salafisten im Strafvollzug, Vormundschaft bei minderjährigen Flüchtlingen oder Stalking. Daneben gibt es Klärungsbedarf bei der Besetzung von Bundesrichterstellen oder bei der Einbeziehung von Strafgefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung, wie dies die Gefangenengewerkschaft fordert.

Doch es werden auch Themen behandelt, die ausdrücklich von Baden-Württemberg initiativ eingebracht wurden. So macht sich Stickelberger für ein neues Betreuungsrecht stark und ist ziemlich sicher, dafür eine Mehrheit bei den Kollegen zu bekommen. Anders als bei der Ministerpräsidentenkonferenz muss bei den Juristen keine Einstimmigkeit herrschen. Wenn neun von 16 mit Ja stimmen, ist ein Antrag angenommen. Das erwartet Stickelberger auch für seinen Vorschlag, Ehepartnern und Lebenspartnern auch dann in Angelegenheiten der Gesundheitsfürsorge ein Betreuungsrecht zu geben, wenn keine Patientenverfügung vorliegt. Nach einem Schlaganfall etwa herrsche häufig das große Erwachen, berichtet Stickelberger. „Viele glauben, dass der Lebenspartner automatisch den anderen vertreten kann, um notwendige Dinge wie Anträge auf Reha oder Beihilfe zu stellen, einen Heimvertrag abzuschließen oder die weitere medizinische Behandlung abzuklären. Das ist ein Irrglaube.“ Nach bestehendem Recht dürfen Partner dies nur nach aufwändiger rechtlicher Abklärung. Der SPD-Minister glaubt, mit einer Neuregelung „dem Bedürfnis der Bürger Rechnung zu tragen“.

Auch für sein Anliegen, einen kollektiven Rechtsschutz für Verbraucher einzuführen, erwartet Stickelberger eine mehrheitliche Zustimmung. Nachdem solcher Schutz im Bereich Naturschutz oder auch für Kapitalanleger besteht, sollen nun Delikte wie Onlinebetrug in den Fokus kommen. Zwar handle es sich individuell um überschaubare Streitwerte, so der Minister, aber häufig seien dies Massengeschäfte, gegen die ein Verband dann im Auftrag der Einzelnen klagen könne. „Wir sehen auch Otto-Normalverbraucher als schutzbedürftig an“, so Stickelberger.

Mit den Kollegen klären will er auch, wie es mit der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen weitergeht, wenn die Zahl der möglichen Anklagen auf null geht. Stickelberger plädiert dafür, die Stelle nicht aufzugeben, sondern neu zu besetzen, wenn der langjährige Leiter diesen Sommer in Ruhestand geht. Zum Abschluss der Konferenz am Donnerstag hat sich Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) angekündigt. „Es beschließen aber ausschließlich die Länderminister“, stellt Gastgeber Stickelberger klar. Zwar ist das zweitätige Treffen eine Fachtagung, doch angesichts einer Mehrheit von grün-rot, rot-grün oder rot-rot-grün regierten Ländern seien Beschlussfassungen wie zur „Ehe für alle“ (Antrag Hamburgs) natürlich auch „politische Signale“.

Quelle: http://www.suedkurier.de/nachrichten/baden-wuerttemberg/In-Stuttgart-fallen-wichtige-Entscheidungen;art417930,7930470

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