Gewerkschaftsversammlung in der JVA Bochum

GG/BO Soligruppe Köln: Am 12. November war es endlich so weit. In der JVA Bochum trafen sich die inhaftierten Gewerkschaftsmitglieder mit Gerhard von der Soligruppe Köln zu einer etwa 2stündigen Diskussionsveranstaltung. Die Idee zu einer solchen Veranstaltung war etwa ein Vierteljahr vorher entstanden. Es schien uns wichtig, möglichst alle Gewerkschafter zu einer
gemeinsamen Diskussionsrunde zusammenzubringen und die Diskussion
zwischen den Mitgliedern drinnen und den UnterstützerInnen draußen nicht nur auf postalischem Weg zu führen.

Nachdem Gerhard die Mitglieder über Neues draußen informiert hatte,
entwickelte sich eine lebhafte Diskussion. Da ja nicht alle Gefangenen,
die den Rundbrief bekommen, dabei sein konnten (schade !), hier noch
kurz die Neuerungen, die von draußen auf der letzten Soligruppen-Regionalkonferenz beschlossen wurden:

1. Es soll jetzt noch einmal eine „outbreak“ erscheinen (voraussichtlich
Mitte 2019). Danach soll es einen regelmäßig erscheinenden bundesweiten
Rundbrief geben, in den dann die Texte reinkommen sollen, die auf der
Homepage der GG/BO im Internet stehen. Das ist sinnvoll, da ja die
Gefangenen keinen Zugriff aufs Internet haben (wird Zeit, dass sich das
ändert!). Dabei wurde auch beklagt, dass auf der Homepage kaum Texte von
den gefangenen Mitgliedern stehen, sondern eher Presseartikel und
Presseerklärungen. Wenn aktuell Gefangene aber Themen haben, die über
den Rahmen unseres NRW-Rundbriefs hinausgehen, so werden wir dies
weiterleiten. Zu bedenken ist dabei der Unterschied zu unserem
NRW-Rundbrief. Letzerer dient der Diskussion untereinander. Die
bundesweite Homepage richtet sich eher an eine kritische Öffentlichkeit
draußen.

2. Demnächst werden Fragebögen für eine bundesweite Untersuchung zu
Haft- und Arbeitsbedingungen verschickt. Wir bitten drum, dass sich
möglichst viele Mitglieder an dieser Umfrage beteiligen.

3. Es soll eine Kampagne gegen die Inhaftierung von Leuten wegen
nichtbezahlter Ersatzfreiheitsstrafen geben.

4. Es werden mehrere Leute gegen die hohen Telefongebühren von Telio
klagen. Wer sich anschließen will, soll sich bitte melden

Ich kann jetzt an dieser Stelle nicht die gesamte zweistündige
Diskussion weitergeben, deshalb beschränke ich mich auf die wichtigsten
Punkte:
Mehrere Gefangene berichteten von einem Kollegen, der sich bei der
Arbeit am Fuß verletzte. Er schleppte sich dann trotzdem noch 2 Wochen
zur Arbeit bis es garnicht mehr ging. Ergebnis: die Verletzung wurde
nicht mehr als Arbeitsunfall anerkannt, deshalb keine „Lohnfortzahlung“.
Wir waren dann einig, dass wir als Sofortmaßnahme uns eine Kampagne
wünschen mit dem Ziel, daß wenigstens der Hunger“lohn“ im Krankheitsfall
weiter gezahlt wird.. Dies ändert aber nichts an unseren Zielen
Mindestlohn, Einbeziehung in die Sozialversicherung, Arbeitnehmer- und
Gewerkschaftsrechte.
Da die Erreichung dieser Ziele aber angesichts der politischen
Kräfteverhältnisse noch ein bißchen dauern kann, wollen wir möglichst
kurzfristig den Wahnsinn beenden, dass arbeitende Gefangene im
Krankheitsfall sofort ihr „Einkommen“ verlieren.

Apropos Krankheit. Die medizinische Versorgung nahm breiten Raum ein in
der Diskussion. Es wurde beklagt, dass Behandlungen und Medikamente mit
dem Kostenargument verweigert werden. Tenor, es soll alles möglichst
nichts kosten.

Bis hierher waren sich alle in der Diskussion einig. Es gab dann aber
trotzdem noch eine kontroverse Diskussion:
Es wurde beklagt, dass das Freizeitangebot mit dem Hinweis auf
Personalmangel immer mehr eingeschränkt wird. Da wurde die Forderung
nach Einstellung von mehr Beamten gestellt. An diesem Punkt hatte
Gerhard von der Soligruppe aber eine andere Meinung.
Er meinte, dass mehr Personal nur dazu führen würde, dass möglicherweise
mehr statt weniger Menschen eingesperrt werden. Der Personalmangel
sollte lieber dadurch behoben werden, dass der Staat endlich drauf
verzichtet, Leute wegen Schwarzfahren und anderer Bagatellen
einzusperren. Das würde zu einer deutlichen Reduzierung der
Gefangenenzahlen führen. Durch die dann gesunkenen Gefangenenzahlen wäre dann die Luft, für die Verbleibenden mehr Angebote zu machen. An diesem Punkt wird die Diskussion aber sicherlich weitergehen müssen.

Es wurde noch über vieles gesprochen, aber die wichtigsten Punkte sind
jetzt schon aufgeführt (glaube ich wenigstens). Abschließend wurde noch
von allen der Wunsch geäussert, die Veranstaltung spätestens in einem
halben Jahr zu wiederholen, um festzustellen, was aus dem geworden ist,
was wir uns vorgenommen haben.

Mein Fazit:
Die Veranstaltung war sicherlich ein wichtiger Schritt, um den
basisdemokratischen Anspruch der Gefangenengewerkschaft voranzutreiben.
Wir wünschen uns schließlich die Beteiligung möglichst vieler
Mitglieder, damit die Arbeit nicht nur auf die SprecherInnen und die
Leute in den Soligruppen reduziert wird. Basisdemokratie heisst eben
nicht alle paar Jahre wählen und dann machen „die da oben“ schon.
Basisdemokratie heisst, Jeder kann mitmachen und entscheiden .

Gerhard von der Soligruppe Köln

Köln, 15. November 2018

Die von den einzelnen AutorInnen veröffentlichten Beiträge geben nicht die Meinung der gesamten GG/BO und ihrer Soligruppen wieder. Die GG/BO und ihre Soligruppen machen sich die Ansichten der AutorInnen nur insoweit zu eigen oder teilen diese, als dies ausdrücklich bei dem jeweiligen Text kenntlich gemacht ist. 

Die von den einzelnen AutorInnen veröffentlichten Beiträge geben nicht die Meinung der gesamten GG/BO und ihrer Soligruppen wieder. Die GG/BO und ihre Soligruppen machen sich die Ansichten der AutorInnen nur insoweit zu eigen oder teilen diese, als dies ausdrücklich bei dem jeweiligen Text kenntlich gemacht ist.

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