Gefangene in Rheinland-Pfalz – Arbeit hinter Gittern bringt Millionen

Gefangene in Rheinland-Pfalz erwirtschaften mit ihrer Arbeit hinter Gittern jedes Jahr Millionen. Selbst verdienen sie ein paar Euro am Tag. Daran stören sich Kritiker.

Schaukelpferde, Vogelhäuser und Gartenbänke, all das können Rheinland-Pfälzer auch in Gefängnissen kaufen. Damit erwerben sie Produkte, die womöglich einstige Mörder, Räuber oder Betrüger hergestellt haben. Auch Unternehmen lassen hinter Gittern produzieren.

Nach Auskunft des rheinland-pfälzischen Justizministeriums liegt das gesetzlich geregelte Arbeitsentgelt der Gefangenen zwischen 7,71 und 16,07 Euro – pro Tag, nicht pro Stunde. Die Anforderungen seien häufig niedrig und die Gefangenen „oft nur Hilfskräfte, deren Arbeit zusätzlich von Bediensteten geprüft werden muss“.

Der Leiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) Diez im Rhein-Lahn-Kreis, Josef Maldener, verweist auch auf die Kosten für beheizte Zellen, Verpflegung und Kleidung der Inhaftierten, die die Steuerzahler tragen.

Bis zu neun Millionen Euro

Für den Landeshaushalt erwirtschaften Häftlinge in den zehn rheinland-pfälzischen Gefängnissen so laut Justizministerium jedes Jahr insgesamt 8,5 bis 9 Millionen Euro. Die Unternehmen zahlten Tariflöhne, so Maldener. Allerdings sparen sie laut der Gefangenen-Gewerkschaft die Sozialabgaben.

Trotz der Abschaffung der Arbeitspflicht 2013 in den Gefängnissen in Rheinland-Pfalz übersteige die Nachfrage arbeitswilliger Häftlinge das Jobangebot, sagt die Leiterin der JVA Frankenthal Gundi Bäßler: „Wir haben eine Warteliste.“ Maldener verweist auch auf Vorteile wie strukturierter Tagesablauf, Anerkennung und Fortbildung.

Gewerkschaft befürchtet Altersarmut

Der Gründer der 2014 gegründeten Gefangenen-Gewerkschaft, Oliver Rast, kritisiert die Bedingungen: „JVAs sind immer mehr zur verlängerten Werkbank der regionalen Wirtschaft und Industrie geworden.“

Gefangene hätten auch keine Rentenversicherung, keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und keinen Kündigungsschutz, sagt der Buchhändler und ehemalige Linksterrorist, der wegen Brandanschlägen auf staatliche Einrichtungen selbst im Gefängnis gesessen hat. Im Alter drohe Häftlingen Armut.

Gefängnis-Produkte auch im Internet

In Rheinland-Pfalz arbeiten viele Häftlinge nach Einschätzung des Mainzer Justizministeriums auch, um sich hinter Gittern etwas kaufen zu können: Neben Tabak sind besonders Schokolade, Chips, Limonaden, Nudeln und Zeitschriften beliebt.

Bürger können von Gefangenen produzierte Produkte laut Justizministerium in den Gefängnisläden der JVA Rohrbach im rheinhessischen Wöllstein und der JVA Zweibrücken, in den Gärtnereien der JVA Diez und der JVA Wittlich erwerben. Über die Internetseiten von Gefängnissen sind ebenfalls Produkte erhältlich.

Hinzu kommt alljährlich ein Weihnachtsbasar im Ministerium in Mainz.

Von Einbauschränken bis Fenstern

Die Schlossereien, Schreinereien, Druckereien, Polstereien und sonstigen Betriebe hinter Gittern nehmen Aufträge von Privatleuten an, arbeiten aber auch für Staat, Kirchen und Unternehmen.

Häftlinge der JVA Frankenthal zum Beispiel haben laut der Leiterin Bäßler schon Fenster für Gefängnisse und Einbauschränke für Kindergärten angefertigt sowie Gemeindebriefe für Pfarreien gedruckt. In der JVA Frankenthal arbeiten Gefangene Bäßler zufolge auch für Automobilzulieferer und die Verpackungsindustrie.

Quelle: http://www.swr.de/swraktuell/rp/gefangene-in-rheinland-pfalz-arbeit-hinter-gittern-bringt-millionen/-/id=1682/did=19001494/nid=1682/1sq4wen/

 

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