GG/BO-Soligruppe Jena: Criminals for Freedom haben einen Bericht mit O-Tönen von Gefangenen über den Brand und den Todesfall in der JVA Tegel veröffentlicht, den wir im Folgenden wiedergeben.
Mariusz Krischan, ehemaliger Gefangener des Knastes Tegel, ist tot. Während Leitmedien von Suizid sprechen und sich in ihrer Berichterstattung über Sachschäden und Schadenssummen auslassen, wollen wir an dieser Stelle an Mariusz erinnern und die tatsächlichen Hintergründe benennen. Denn auch an seinem Tot wird wieder offensichtlich: Es gibt keinen Selbstmord im Knast! Knast macht kaputt und tötet. Allerdings sind Knäste nicht einfach nur Gebäude, sondern betrieben von Menschen, welche da drin oder von außen zuarbeiten, Entscheidungen treffen und damit in der Verantwortung stehen für den Tot von Menschen! Im Gegensatz zu den Leitmedien werden wir nicht zulassen, dass sich diese Verantwortlichen anonym hinter ihren Berufsbezeichnungen verstecken können.
Erinnern und trauern wollen wir zunächst an Mariusz. Ein Gefangener spricht von ihm als „einem lieben, herzensguten, sensiblen und hilfsbereiten Menschen – sehr feinsinning, ein Künstler eben.“ Seit 14 Jahren in der JVA Tegel weggesperrt, saß er seit 2017 auf der Station 8, auf welcher er gestern gerstorben ist. Nach Aussagen von Mitgefangenen war es nicht das erste Mal, dass er sein Leben beenden wollte. Allen war klar, dass ihn der Knast kaputt macht – auch der sogenannten „Sozialarbeiterin“ Laura Bechtloff, die ihm kurz vorher noch eine Disziplinarmaßnahme verpasst hatte. Gleichzeitig hatte er seit 10 Jahren keinen Vollzugsplan. Entlassung also niemals in Sicht? Nicht ganz. Mariusz Entlassung wäre eine Abschiebung gewesen. „In den Medien hörst du nichts von den Schicksalen dahinter“ – nichts davon, dass Mariusz nach seinem letzten Jahr im Knast die Abschiebung nach Rumänien erwartet hätte.
Für andere Gefangene der Stationen 7 und 8, die ihn kannten und mochten, gibt es keine Möglichkeit der Trauer: „Der einzige Unterschied zu sonst ist, dass wir erst um 8 Uhr zur Arbeit mussten.“ Brände, die von Gefangenen gelegt werden, werden in den Leitmedien zum einen individualisiert und entpolitisiert und zum anderen als Sachbeschädigung und Verschwendung von Steuergeldern dargestellt. Diese Sichtweise lässt die in der Gesellschaft und im Knast herrschenden Machtverhältnisse vollkommen außer acht. Die Schilderungen der Gefangenen machen außerdem deutlich, dass das Leben von Gefangenen nichts wert ist: „Ich konnte den Feuerwehreinsatz sehen. Die hatten es nicht besonders eilig. Wir zählen hier nichts.“
Dies zeigt auch der Umgang mit Corona im Knast Tegel. Gefangene der Stationen 7 und 8 konfrontierten die Teilanstaltsleiterin Ann-Katrin Flach und die zuständigen Sozialarbeiter*innen mit den nicht vorhandenen Vorkehrungen zum Schutz der Gefangenen. Teilanstaltsleiterin Flach sagt dazu: „Oberste Priorität hat das Wohlergehen der Bediensteten.“
Das wundert uns natürlich nicht ist auch kein Geheimnis. Aber es macht uns wütend, dass Menschen in den Knästen regelrecht wegsterben, weil das Systems sie ermordet. „Die Situation hier tötet Menschen und macht sie krank. Das geht hier mindestens 2 Leuten auf jeder Station so. Das ist allen klar.“
Wir erinnern an Mariusz Krischan und sind im Herzen bei den Angehörigen und Mitgefangenen.
Die von den einzelnen AutorInnen veröffentlichten Beiträge geben nicht die Meinung der gesamten GG/BO und ihrer Soligruppen wieder. Die GG/BO und ihre Soligruppen machen sich die Ansichten der AutorInnen nur insoweit zu eigen oder teilen diese, als dies ausdrücklich bei dem jeweiligen Text kenntlich gemacht ist.
Mein Beileid an die Angehörigen und Freunde von Mariusz.
Leider kann man sich durch diesen Bericht genauso wenig ein umfassendes Urteil bilden wie durch die mediale Berichterstattung.
Es wird zwar anfänglich geschrieben, dass Hintergründe genannt werden – werden sie aber nicht.
Tatsächlich wird hier meines Erachtens ein Suizid, der locker auch zu einem erweiterten Suizid hätte werden können, instrumentalisiert, um versuchsweise zu beklagen, dass die Ursache in der Haftstrafe an sich lag. Zonk.
Was genau hätte Mariusz geholfen? Hätte er in eine Psychiatrie gehört, da er offensichtlich depressiv war? Hat er keine Therapie bekommen, hat er sie verweigert oder ist gescheitert?
Für suizidale und somit schwer depressive Menschen ist die ganze Welt ein Gefängnis. Die Alternative wäre auch in vermeintlicher Freiheit nur die Psychiatrie und viele bunte Pillen gewesen, oh happy day. Nicht.
Hintergründe dieser erwähnten Disziplinarmaßnahme ebenfalls Fehlanzeige – wofür war die genau? Hätte man aufgrund seines psychischen Zustands darauf verzichten müssen/sollen/können?
Dann frage ich mich – trotz #keinMilimeternachRechts – was genau daran menschenverachtend sein soll, dass, wenn ich außerhalb meines Heimatlandes eine schwere Straftat begehe, ich mein Aufenthaltsrecht in der Wahlheimat verzockt habe und zurück in mein Land muss? Rumänien ist übrigens ziemlich schön (Augenzeugen berichten) und keineswegs ein Kriegsgebiet.
Was genau ist daran der Skandal?
Das Einzige, was mir von Außen einleuchtet – dass es Fehlbesetzungen gibt. Seien es Beamte, Sozialarbeiter oder weiß der Geier. Das mag in einigen Fällen sehr subjektiv sein, sobald es aber geballt wahrgenommen wird, ist das in der Tat kritisch.
Solche Missstände gehören definitiv aufgeklärt, jegliche Form von Machtkomplex hat auf solchen Positionen nichts zu suchen. Diesen Leuten sollte meiner Meinung nach nicht nur die Funktion, sondern direkt auch der chillige Beamtenstatus entzogen werden.
Dass Mariusz zuletzt als großartiger und sensibler Mensch empfunden wurde, finde ich sehr schön. Denn der (hier nicht erwähnte) Grund, weshalb er diese lebenslange Haftstrafe überhaupt verbüßen musste, war mitnichten sensibel und großartig. Anyways, we can’t change our pasts – but we can change our futures. He did his choice.
Ein aufrichtiger Nachruf geht anders.
Rest in peace, Mariusz #freedom
Scheiss Krimineller Bastard war es ..nicht mehr nicht weniger.