Köln, 20. Mai 2015
Pressemitteilung der Arbeitsgruppe Strafvollzug im Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
Rente für Gefangene: Bundesregierung verweigert Gesetz seit 38 Jahren. Neuer Appell an Bundesländer von Organisationen der Straffälligenhilfe. Justizministerkonferenz wird das Thema am 17./18. Juni 2015 in Stuttgart beraten.
Das Komitee für Grundrechte und Demokratie hat zusammen mit der Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe und weiteren neun Organisationen an die Landesministerien für Justiz sowie für Arbeit und Soziales appelliert, sich für die Einbeziehung der Gefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung auszusprechen. Der Appell zielt u.a. auf die Justizministerkonferenz am 17./18. Juni in Stuttgart. Die Justizministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Uta-Maria Kuder (CDU), hat zugesagt, dieses Thema in die Ministerkonferenz einbringen zu wollen, um ein Umdenken anzustoßen. Sie sieht die Einbeziehung in die Rentenversicherung als „Teil des Resozialisierungsgedankens“. (Vgl. PM 102/14 v. 2.12.2014)
Am 18.12.2014 war ein entsprechender Antrag (BT-Drs. 18/2606) von den Koalitionsparteien gegen die Stimmen der Opposition abgelehnt worden. In dem neuen Appell an die Länder argumentieren die Organisationen mit dem Sozialstaatsgebot sowie dem Gleichheits- und Würdegrundsatz der Verfassung. Die Bundesregierung habe sich außerdem bereits 1976/77 mit dem Strafvollzugsgesetz, in dem die Rentenversicherung vorgesehen ist, einer Selbstbindung unterworfen, gegen die nicht auf Dauer verstoßen werden dürfe.
Inzwischen steht das zugesagte Gesetz seit 38 Jahren aus. Die Untätigkeit der Bundesregierung darf nicht länger hingenommen werden. Die Begründung, dass sich die Länder gegen die Rente für Gefangene sperrten, ist nicht belegt. Die Landesregierung NRW z.B. teilte auf eine Anfrage mit: „Soweit behauptet wird, die Einbeziehung der Strafgefangenen in die Sozialversicherung sei bisher an finanziellen Vorbehalten der Länder gescheitert, sind der Landesregierung weder entsprechende Vorstöße des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales noch ablehnende Äußerungen der Länder bekannt.“ (Landtag NRW, Drs. 16/7741 vom 14.1.2015).
Eine Petition mit über 5.770 Unterzeichnungen hatte der Bundestag am 3.4.2014 u.a. den Ländern „zur weiteren politischen Willensbildung“ zugeleitet. Der Petitionsausschuss betonte dabei, dass die „Einbeziehung von Strafgefangenen in die Sozialversicherung durchaus ein geeignetes Mittel für die Wiedereingliederung in die Gesellschaft“ sei.
Der aktuelle Appell an die Landesministerien wird von folgenden Organisationen getragen:
Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe (BAG-S), Evangelische Konferenz für Straffälligenhilfe (EKS), Evangelische Obdachlosenhilfe in Deutschland, Holtfort-Stiftung, Humanistische Union, Katholische Bundes-Arbeitsgemeinschaft Straffälligenhilfe im Dt. Caritasverband (KAGS), Komitee für Grundrechte und Demokratie, Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV), Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ),
Arbeitskreis kritischer Strafvollzug Münster, Berliner Vollzugsbeirat.
Martin Singe, Arbeitsgruppe Strafvollzug im Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.