GG/BO Soligruppe Leipzig: Die GG/BO Soligruppe Leipzig fordert die Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe und eine Amnestie für bereits ausgesetzte Ersatzfreiheitsstrafen!
Dabei handelt es sich keinesfalls um eine neue Forderung, dennoch möchten wir versuchen dem Thema „Ersatzfreiheitsstrafe“ unter Berücksichtigung der Covid-19-Pandemie erneut Gehör zu verschaffen.
Bereits am 13.03.2020 forderte die Deutsche Aidshilfe und weitere Organisationen die Aussetzung der Ersatzfreiheitsstrafen und kurzer Freiheitsstrafen (vgl.https://gefaengnisseelsorge.net/ersatzfreiheits-und-kurzstrafen). Im Mai startete das Transratgeber Kollektiv mit einer Vielzahl von Unterstützer*innen eine Petition zur Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe und einer Amnestie für die von Ersatzfreiheitsstrafen betroffenen Gefangenen, die wir sehr begrüßen (vgl. https://www.change.org/p/abschaffung-der-ersatzfreiheitsstrafe).
Im Zuge der Eindämmung der Covid-19-Pandemie, kam es zu einem kurzen Hoffnungsschimmer, denn es wurde in allen Bundesländern vorerst von einer Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafen abgesehen. Das erhöhte Risiko einer Ausbreitung durch möglicherweise „infizierter Neuzugänge“ sollte vermieden werden. Unserer Meinung nach eine sehr vernünftige Entscheidung. In einigen Bundesländern wurden sogar Gefangene entlassen. Die Gründe hierfür seien vielfältig. Dazu Manuel Matzke, Sprecher der GG/BO: „Um neue Hygienekonzepte im Notfall erfolgreich umsetzen zu können, wurden freie Haftraumkapazitäten benötigt. Das medizinische Personal und Bedienstete sollten in den überfüllten und dennoch zum Teil unterbesetzten Haftanstalten entlastet werden. Aufgrund steigender Krankheitsausfälle von Bediensteten und der daraus resultierenden Einschränkungen für die Gefangenen ( Das heißt, Besuchsverbote, Ausfall von Arbeit/Schule/Sport-und Freizeitangebote, fehlender Tagesstruktur, mehr Einschluss, etc..) wurden Ausschreitungen wie in Italien befürchtet. Dem galt es, möglichst schnell vorzubeugen.„
Doch auch wenn wir die Entlassungen prinzipiell begrüßen, kam es bei Gefangenen zu erneuten Schwierigkeiten/Problemen. Weder Gefangene noch Fachdienste waren auf solche Blitzentlassungen vorbereitet. Aufgrund massiver Einschränkungen (Einschränkungen wovon?) wurden Entlassungsvorbereitungen verwehrt, beantragte Leistungen waren noch nicht bewilligt und die Gefangenen wurden zum Teil in die Obdachlosigkeit entlassen.
Ende Juli dann die Meldung, dass nun wieder alle ausgesetzten Haftstrafen angetreten werden sollen. Eine Entscheidung, die sich jeglicher Logik entbehrt. Dazu Mila Eichler von der Soligruppe Leipzig: „Expert*innen warnen aufgrund der Schulferien und Urlaubsreisen vor einer „zweiten Corona-Welle“. Die Zahl der Infizierten steigt kontinuierlich an und somit auch das Risiko einer Ansteckungsgefahr durch das Personal und der Neuzugänge von Gefangenen.„ Zudem ist durchaus bekannt, dass zum einen der Gesundheitszustand vieler Gefangener im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung aufgrund physischer und psychischer Vorerkrankungen weitaus schlechter ist und zum anderen, dass die gesundheitliche Versorgung (unabhängig von Corona) aufgrund von Personalmangel häufig unzureichend ist. Es ist auch bekannt, dass die baulichen Gegebenheiten vieler Justizvollzugsanstalten einen Mindestabstand von 1,50 m häufig nicht zulassen. Ebenso wissen wir von Gefangenen, dass die wenigsten Bediensteten und Fachdienste überhaupt einen Mundschutz tragen.
Anstelle an der Regelung festzuhalten und die herausfordernde Situation als Anlass zur Diskussion für den Ausbau möglicher Alternativen zu Haftstrafen und gesetzlicher Neubestimmungen zu nutzen, werden Menschen vorsätzlich und wissentlich einer enormen gesundheitlichen Gefahr (für Leib und Leben) ausgesetzt.
Wir fordern demnach die Regierung auf, die Forderungen ernst zu nehmen und Ersatzfreiheitsstrafen endlich grundsätzlich abzuschaffen!
Weitere Informationen zum Thema:
Leipzig, 26. August 2020
Die von den einzelnen AutorInnen veröffentlichten Beiträge geben nicht die Meinung der gesamten GG/BO und ihrer Soligruppen wieder. Die GG/BO und ihre Soligruppen machen sich die Ansichten der AutorInnen nur insoweit zu eigen oder teilen diese, als dies ausdrücklich bei dem jeweiligen Text kenntlich gemacht ist.
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