Wenn Gefangene sich organisieren…
Eine Analyse zum Handlungsvermögen der Gefangenen-Gewerkschaft/ Bundesweite Organisation
1 geringfügig überarbeitete Bachelor-Arbeit, eingereicht am Institut für Soziologie der Friedrich-Schiller- Universität Jena am 10.09.2015, betreut von Dr. Stefan Schmalz und Dipl.-Psych. Marcel Thiel. Eingereicht von Judith Höllmann.
1 Einleitung 1
2 Theoretisches Modell: Jenaer Machtressourcenansatz 2
2.1 Strukturelle Macht 3
2.2 Organisationsmacht 4
2.3 Institutionelle Macht 5
2.4 Gesellschaftliche Macht 7
3 Gefangenenarbeit in Deutschland 10
3.1. Ausgestaltung der Gefangenenarbeit: Arbeitspflicht und Resozialisierung 10
3.2 Organisation der Gefangenenarbeit 11
3.3 Rechte der arbeitenden Inhaftierten: Vergütung, Sozialversicherung und Koalitionsfreiheit 13
3.4 „Der Knast als Konzern“? − Neue Verwaltungssteuerung und die Rolle privater Unternehmen im Strafvollzug 16
3.5 Gefangene und Interessenvertretung 19
4 Forschungsmethode 20
4.1 Erhebungsform und Auswahl der Befragten 21
4.2 Datenerhebung 22
4.3 Datenauswertung 22
5 Machtressourcen der GG/BO 24
5.1 Organisationsprozess: Von der Idee bis zur Verbreitung der GG/BO 24
5.1.1 Anfangsphase: Das Ungerechtigkeitsempfinden der Inhaftierten, ihre Idee zur Gewerkschaftsgründung und ein Vorläuferprojekt 25
5.1.2 Gründungsphase: Ein „Handschlag“ zwischen zwei Personen und die ersten Sympathisant_innen der GG/BO 27
5.1.3 Verbreitungsphase: Mitgliedergewinnung bundesweit 28
5.2 Strukturelle Macht: intransparent 29
5.2.1 Produktionsmacht 30
5.2.2 Marktmacht 32
5.3 Organisationsmacht: fragil, aber wachsend 33
5.4 Institutionelle Macht: umkämpft 39
5.4.1 Positionen im Rechtsstreit um die Koalitionsfreiheit von Inhaftierten 39
5.4.2 Haltung der Anstaltsleitungen 40
5.4.3 Haltung politischer Akteur_innen 42
5.5 Gesellschaftliche Macht: Stärkung, Schutz und Druckmittel 44
5.5.1 Kooperationsmacht 44
5.5.2 Diskursmacht 46
6 Fazit 49
7 Literaturverzeichnis 52
8 Anhang 58
9 Eidesstattliche Erklärung 71
Abbildungsverzeichnis
Abb.1 Ebenen der Lohnabhängigenmacht…………………………………………………..…9
Abb.2 Kategorien der Datenauswertung………………………………………………………21
Abb.3 Organisationsprozess der GG/BO……………………………………………………..27
Abb.4 Machtressourcen der GG/BO im Überblick……………………………………………45
1 Einleitung
»Sie arbeiten für Großkonzerne wie Mercedes-Benz oder Siemens, verdienen weniger als zwei Euro die Stunde, und das mitten in der Bundesrepublik Deutschland. Denn sie sind Häftlinge im Strafvollzug. Seit einem Jahr haben Gefangene nun eine Lobby: ihre eigene Gewerkschaft«. Gemeint ist die Gefangenen-Gewerkschaft/ Bundesweite Organisation (GG/BO), welche im Mai 2014 von Inhaftierten der JVA Tegel gegründet wurde. Ihre Aktivist_innen fordern, arbeitende Gefangene in den gesetzlichen Mindestlohn und in die Rentenversicherung einzubeziehen. Mit diesen Zielsetzungen gewann die Gewerkschaft in den vergangenen Monaten bundesweit mehrere hundert Mitglieder, wodurch ihr zunehmend mediale Aufmerksamkeit zu Teil wurde. Doch was kann und was darf eine Gefangenen-Gewerkschaft überhaupt tun, um sich für die Interessen der Inhaftierten einzusetzen? Anders ausgedrückt: Über welche Machtmittel verfügt die GG/BO?
Ein Blick in die wissenschaftliche Literatur offenbart kaum Antworten auf diese Frage, denn zur GG/BO selbst liegen derzeit noch keine Forschungsergebnisse vor. Nur in benachbarten Themenfeldern lassen sich Arbeiten finden, die die genannte Fragestellung tangieren. So veranstalteten drei Rechtswissenschaftler im Jahr 1975 eine Tagung, auf der die Rolle von Gewerkschaften im Strafvollzug diskutiert wurde. Die Vorschläge dieser Konferenz publizierten sie unter dem Titel »Gewerkschaften und Strafvollzug« (Lüderssen et al. 1978). Darin wird erklärt, dass die Gründung und langfristige Existenz einer autonomen Gefangenen-Gewerkschaft aufgrund der haftspezifischen Bedingungen als unwahrscheinlich anzusehen ist. Deshalb mahnen die Verfasser_innen den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und seine Mitgliedsgewerkschaften an, sich im Kontext Gefangenenarbeit und Entlassenenfürsorge zu engagieren. Von dieser Veröffentlichung abgesehen wird die Frage nach einer Gefangenen-Gewerkschaft aus rechtswissenschaftlicher Perspektive kaum gestellt. Etwas zahlreicher sind hingegen die Ausarbeitungen zum Arbeitsentgelt und zur Sozialversicherung von Strafgefangenen. Dabei werden die geltenden Regelungen oftmals kritisiert (vgl. u.a. Schirmer 2008, Steiner 2006).
Auch auf dem Gebiet der soziologischen Gewerkschaftsforschung bleibt die Problematik einer eigenständigen Gewerkschaft von Inhaftierten unbeachtet. Allerdings bieten die aktuellen Diskussionen um gewerkschaftliche Erneuerung interessante Ansatzpunkte zur Bearbeitung der Fragestellung. Einen wichtigen Beitrag zu dieser Debatte liefern die Labour Revitalization Studies, ein Forschungszweig aus dem englischsprachigen Raum (vgl. u.a. Cornfield/ McCammon 2003, Frege/ Kelly 2006). Seine Vertreter_innen untersuchen, mit welchen Praktiken Gewerkschaften auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren. Es geht ihnen also um die Strategiefähigkeit gewerkschaftlicher Interessenvertretungen. Derartige Überlegungen werden im Jenaer Machtressourcenansatz aufgegriffen (vgl. Arbeitskreis Strategic Unionism 2013: 345-375). Dabei handelt es sich um ein theoretisches Modell, das vom Arbeitskreis Strategic Unionism des Instituts für Soziologie in Jena entwickelt wurde. Hierin wird skizziert, welche Machtmittel Lohnabhängigen und Gewerkschaften zur Verfügung stehen, um ihre Interessen durchzusetzen. Diese Machtmittel werden in die Bereiche strukturelle, organisatorische, institutionelle und gesellschaftliche Macht untergliedert. Letztere, die gesellschaftliche Macht, ist laut der Autor_innen vor allem dann von Bedeutung, wenn andere Machtressourcen schwach ausgeprägt sind.
Daran angelehnt wird in der vorliegenden Arbeit die Vermutung angestellt, dass die Stärke der GG/BO in ihrer gesellschaftlichen Macht liegt, während ihre Machtmittel auf struktureller und institutioneller Ebene eingeschränkt sind. Zur Untersuchung dieser Hypothese wurden qualitative Interviews mit Mitgliedern der Gefangenen-Gewerkschaft geführt. Was dabei herausgefunden wurde, soll im Folgenden vorgestellt werden. Dazu wird eingangs der Jenaer Machtressourcenansatz genauer beschrieben, da er als theoretische Grundlage dient (2). Weiterhin müssen die Rahmenbedingungen der Gefangenenarbeit in Deutschland umrissen werden, denn diese sind für die Gründung der GG/BO von Bedeutung und beeinflussen das Handlungsvermögen der Gefangenen-Gewerkschaft maßgebend (3). Anschließend ist das methodische Vorgehen näher zu erläutern (4), bevor dann die Machtressourcen der Gefangenen-Gewerkschaft analysiert werden können (5). Dabei soll auch der gewerkschaftliche Organisationsprozess beleuchtet werden. Abschließend werden die Machtpotenziale und Handlungsbarrieren der GG/BO noch einmal zusammengefasst (6).
2 Theoretisches Modell: Jenaer Machtressourcenansatz
Der Jenaer Machtressourcenansatz bietet eine Heuristik zur Analyse gewerkschaftlichen Handlungsvermögens. Seine Autor_innen gehen davon aus, dass Beschäftigte über Lohnabhängigenmacht verfügen. Diese können sie durch kollektive Mobilisierung von Machtressourcen zur Vertretung ihrer Interessen einsetzen. Dabei ist Macht definiert als Chance, den eigenen Willen durchzusetzen. Lohnabhängigenmacht im Besonderen wird verstanden als eine Form der oppositionellen Macht, welche sich entlang von vier Bereichen entfaltet: strukturelle Macht (2.1), Organisationsmacht (2.2), institutionelle Macht (2.3) und gesellschaftliche Macht (2.4). Darauf soll nun eingegangen werden.
2.1 Strukturelle Macht
Strukturelle Macht ist zu verstehen als »power that results simply from the location of workers within the economic system« (Wright 2000: 962) − also als Machtquelle, die sich direkt aus der Position der Lohnabhängigen im ökonomischen System ergibt. Somit handelt es sich um eine primäre Machtressource (vgl. Jürgens 1984: 61). Das Ausmaß dieser strukturellen Macht ergibt sich aus der Art der Abhängigkeitsbeziehungen zwischen den sozialen Parteien im Betrieb und auf dem Arbeitsmarkt, denn jene Interdependenzen erlauben es Lohnabhängigen, den Kapitalverwertungsprozess zu stören. Daher wird auch von »disruptive power« (Piven 2008: 20) gesprochen. Strukturelle Macht kann in Produktions- und Marktmacht untergliedert werden.
Produktionsmacht erwächst aus einer besonderen, strategischen Stellung im Produktionsprozess und wird u.a. in Form von Arbeitsniederlegungen, Sabotage oder Bummelei ausgeübt (vgl. Dörre/Schmalz 2013: 17). Die daraus resultierenden Kosten für das Unternehmen ermöglichen es Lohnabhängigen, Druck gegenüber der Kapitalseite aufzubauen und so auf die Durchsetzung ihrer Interessen hinzuwirken. Dementsprechend zeichnen sich Lohnabhängige in Sektoren mit hochintegrierten Produktionsprozessen, hoher Produktivität oder in Schlüsselbranchen durch eine hohe Produktionsmacht aus (vgl. Arbeitskreis Strategic Unionism 2013: 347). Dieser abträglich wirken hingegen Standortverlagerungen und Rationalisierungsmaßnahmen. Außerdem ist zu bedenken, dass Produktionsmacht nicht nur im unmittelbaren Produktionsprozess ausgeübt wird, sondern z.B. auch im Transportsektor oder in der Erziehungsarbeit. Bei Ersterem könnte von Zirkulationsmacht gesprochen werden, bei Letzterem von Reproduktionsmacht (vgl. ebd.: 348f.).
Marktmacht beschreibt eine Verhandlungsmacht, die sich aus einer besonderen Arbeitsmarktsituation ergibt (vgl. Dörre/Schmalz 2013: 17). Sie kann mit verschiedenen Aspekten zusammenhängen. Dazu zählen der Besitz seltener, stark nachgefragter Qualifikationen und Wissensbestände, geringe Arbeitslosigkeit oder die Fähigkeit, sich ganz vom Arbeitsmarkt zurückzuziehen (vgl. Silver 2003: 13). Folglich hängt diese Form der Macht von den Segmentierungen des Arbeitsmarktes ab. Derartige Grenzziehungen werden durch staatliche Interventionen und geschlechtsspezifische sowie ethnische Zuschreibungen noch verschärft und bergen die Gefahr einer Entsolidarisierung (vgl. Schmalz/Dörre 2014: 223).
Eine erfolgreiche Anwendung der strukturellen Macht beruht auf einem gezielten und strategischen Einsatz des Streiks als Kampfmittel, d.h. Gewerkschaften müssen konfliktfähig sein (vgl. Arbeitskreis Strategic Unionism 2013: 371f.). Diese Konfliktfähigkeit basiert auf einem hohen inneren Zusammenhalt der Organisation und zumeist auch auf einer hinreichenden gesellschaftlichen Legitimation. Darüber hinaus müssen Gewerkschaften in der Lage sein, die Streikformen regelmäßig an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Der Bezug zu Gewerkschaften verweist bereits darauf, dass eine zweite Machtquelle für Lohnabhängige von Bedeutung ist, die Organisationsmacht.
2.2 Organisationsmacht
Organisationsmacht erwächst aus dem Zusammenschluss von Arbeitnehmer_innen und Angestellten zu kollektiven Organisationen, denn dadurch wird ihre Primärmacht gebündelt (vgl. Schmalz/Dörre 2014: 224). Zur Herausbildung dieser Macht bedarf es eines Organisationsprozesses und der Entwicklung strategiefähiger Akteur_innen. Solche Akteur_innen können auf drei Ebenen wirksam werden: Auf der Ebene der Produktion existieren Betriebsratsgruppen, auf der überbetrieblichen Ebene Gewerkschaften und auf der politischen Ebene Arbeiter_innen-Parteien (vgl. Abb.1). Durch Organisationsmacht kann mangelnde strukturelle Macht sogar teilweise kompensiert werden (vgl. Dörre/Schmalz 2013: 17).
Die Autor_innen des Machtressourcenansatzes tragen eine Reihe von Einflussgrößen zusammen, die den Umfang der Organisationsmacht kennzeichnen. Dazu gehört in erster Linie die Mitgliederzahl, denn der Tendenz nach lässt sich festhalten: Je höher die Mitgliederzahl von Betriebsratsgruppen, Gewerkschaften oder Arbeiter_innen-Parteien, desto wahrscheinlicher ist eine erfolgreiche Vertretung der Lohnabhängigeninteressen (vgl. Arbeitskreis Strategic Unionism 2013: 353). Es reicht aber nicht aus, über eine hohe Anzahl von Mitgliedern zu verfügen. Diese müssen auch bereit sein und die Möglichkeit haben, sich an der Gewerkschaftspolitik zu beteiligen. Das bedeutet, auch das Ausmaß der Mitgliederpartizipation beeinflusst die Organisationsmacht (vgl. ebd.: 354f.). Daneben sind Infrastrukturressourcen zu nennen, welche sowohl materieller als auch personeller Art sein können. Erstere, die materiellen Ressourcen, beinhalten das Vermögen der Gewerkschaft, laufende Einnahmen, Büros und Versammlungsräume sowie die gewerkschaftliche Bildungsarbeit (vgl. Schmalz/Dörre 2014: 225). Hinsichtlich der personellen Ressourcen geht es darum, die Fähigkeiten der Mitarbeiter_innen effektiv zu nutzen. So versuchen einige Gewerkschaften bewusst, Personen mit unterschiedlicher Biografie, sozialer Lage und ethnischer Herkunft einzustellen, um Expertisen aus verschiedenen Organisationsformen zu vereinen (vgl. Lévesque/Murray 2013: 48). Wichtig sind erfahrene Haupt- und Ehrenamtliche sowie technisches Fachpersonal, aber auch wissenschaftliche Forschungseinrichtungen und Bildungsstätten. Diese Infrastrukturressourcen können jedoch nur dann erfolgreich eingesetzt werden, wenn die Organisationsstrukturen der Gewerkschaft effizient sind. Dies involviert eine zweckmäßige Arbeitsteilung, ebenso wie eingespielte Arbeitsabläufe und eine sinnvolle Ressourcenallokation (vgl. Behrens et al. 2006: 125ff.). Schließlich ist auch die Solidarität der Gewerkschaftsmitglieder von großer Bedeutung, also die innere Kohäsion der Organisation. Hierbei geht es um die »Verfahren und Abläufe, die kollektiven Zusammenhalt stiften« (Lévesque/ Murray 2013: 42). Solche Kollektividentitäten entwickeln sich aus engen sozialen Netzwerken, geteilten Alltagserfahrungen und ideologischen Gemeinsamkeiten. Auch einheitliche Zielsetzungen spielen eine wichtige Rolle. Innere Kohäsion ist notwendig, um Auseinandersetzungen führen zu können, Krisensituationen zu überwinden und politische Projekte zu verfolgen (vgl. Schmalz/ Dörre 2014: 226).
Um die Organisationsmacht effektiv einsetzen zu können, ist die Fähigkeit zu organisatorischer Flexibilität von Nöten (vgl. Arbeitskreis Strategic Unionism 2013: 370f.). Damit ist gemeint, dass die Organisationsstrukturen stetig so verbessert werden, dass sie mit den Kontextbedingungen und den Interessen der Mitglieder übereinstimmen. Dies kann u.a. durch die Neuzusammensetzung von Ressourcen geschehen, durch neue Strategien der Mitgliedergewinnung oder den Einschluss neuer Zielgruppen. So hat bspw. die IG Metall im Zuge ihres Umstrukturierungsprozesses einen Investitionsfond speziell für Erschließungsprojekte eingerichtet.
2.3 Institutionelle Macht
Institutionelle Macht ist das Ergebnis von Aushandlungen und Kämpfen, die auf Grundlage struktureller und organisatorischer Macht geführt werden (vgl. ebd.: 357). Als Aggregat der beiden letztgenannten Machtmittel stellt sie eine sekundäre Machtressource dar. Solche Mitbestimmungsinstitutionen waren meist das Resultat von Kämpfen oder entstanden als Zugeständnisse der Kapitalseite. So brachte z.B. die westeuropäische Streikwelle der 1960er Jahre Reformen mit sich, die der mangelnden Mitbestimmung von Randbelegschaften entgegen wirkten und die institutionelle Macht der Arbeiterinnen stärkten (vgl. Schmalz/Weinmann: 2013: 82). Institutionelle Machtressourcen umfassen u.a. rechtliche Garantien (z.B. Koalitionsfreiheit), den rechtlich-institutionellen Rahmen (z.B. Arbeitsgerichte) und Entscheidungskompetenzen in bestimmten Politikfeldern.
Institutionelle Macht ist aber durch einen Doppelcharakter gekennzeichnet (vgl. Schmalz/Dörre 2014: 227f.): Einerseits gewährt sie den Gewerkschaften weitgehende Rechte, andererseits geht die Verrechtlichung der Arbeitsbeziehungen immer auch mit Einschränkungen der gewerkschaftlichen Handlungsfähigkeit einher. Denn die Mitbestimmungsinstitutionen reflektieren einen Kompromiss zwischen Kapital und Arbeit, der unter den Bedingungen eines einmaligen Kräfteverhältnisses zustande gekommen ist. Dieser Doppelcharakter hat zur Folge, dass Gewerkschaften das Gleichgewicht zwischen Basisorientierung und institutioneller Interessenvertretung halten müssen, wollen sie einerseits Repräsentationslücken und andererseits politischen Einflussverlust vermeiden. Somit beruht eine erfolgreiche Anwendung institutioneller Machtressourcen auf der Fähigkeit, unter Wahrung politischer Autonomie rechtliche Möglichkeiten auszuschöpfen, um Institutionen für die Durchsetzung von Lohnabhängigeninteressen zu nutzen (vgl. ebd.: 228).
Institutionelle Machtressourcen können in dieselben drei Ebenen untergliedert werden, wie organisatorische Machtmittel: die betriebliche Ebene, die Arena der Tarifverhandlungen und das politische System. Ihre Besonderheit besteht in der zeitlichen Beständigkeit, denn institutionelle Machtressourcen stellen soziale Basiskompromisse dar, die über Konjunkturschwankungen hinweg festgeschrieben sind und den Gewerkschaften auch bei sinkender organisatorischer oder struktureller Macht zur Verfügung stehen (vgl. Arbeitskreis Strategic Unionism 2013: 358). Dabei ist zu berücksichtigen, dass verschiedene Zeithorizonte existieren: So ist z.B. die Vereinigungsfreiheit nicht leicht zu entkräften, da sie im Grundgesetz verankert ist. Auch gesetzliche Regelungen sind recht stabil, weil sie nur über den parlamentarischen oder juristischen Weg abgeändert werden können. Instabiler sind korporatistische Bündnisse, die auf »institutionalisierten Dialogverfahren« (ebd.: 358) beruhen und daher leicht aufkündbar sind.
Daraus wird ersichtlich, dass auch institutionalisierte Machtressourcen geschwächt werden können. Dies kann auf drei Wegen geschehen (vgl. Schmalz/Dörre 2014: 229): Erstens können ökonomische Rahmenbedingungen die institutionelle Macht beeinflussen. So haben Shareholder-Value-Orientierung und Standortverlagerungen die Produktionsmacht der Lohnabhängigen geschwächt und dazu beigetragen, dass Betriebsräte vor allem über Kürzungen und Stellenabbau verhandeln mussten. Des Weiteren spielt die Haltung der Kapitalseite eine Rolle, denn die Gewerkschaften müssen von den Kapitalverbänden und Regierungen als authentische Repräsentantinnen von Beschäftigteninteressen akzeptiert werden, um erfolgreich agieren zu können. Drittens kann ein Angriff auf die institutionelle Macht erfolgen, wie dies z.B. bei der Schleifung des Arbeitsrechtes im Rahmen des Thatcherismus geschehen ist.
Aus historischer Perspektive könnte vereinfacht gesagt werden: In den frühindustrialisierten Ländern vollzog sich bis zu den 1880er Jahren ein Übergang von der strukturellen zur organisatorischen Macht und später zur institutionellen Macht (vgl. Dörre/Schmalz 2013: 19). Unberücksichtigt bleibt in dieser Beschreibung jedoch noch eine vierte Machtressource, die gesellschaftliche Macht.
2.4 Gesellschaftliche Macht
Unter gesellschaftlicher Macht sind Handlungsspielräume zu verstehen, die aus tragfähigen Kooperationen mit anderen sozialen Gruppen sowie gesellschaftlicher Unterstützung für gewerkschaftliche Forderungen entstehen (vgl. Arbeitskreis Strategic Unionism 2013: 359). Bei dieser Form der Macht geht es darum, gewerkschaftspolitische Ziele zu gesamtgesellschaftlichen Zielen zu machen, also »hegemoniefähig« (ebd.: 359) zu werden. Dazu soll das soziale Umfeld bewusst in den gewerkschaftlichen Kampf einbezogen werden, wobei zwei Aspekte gesellschaftlicher Macht eine Rolle spielen: Kooperations- und Diskursmacht.
Kooperationsmacht bedeutet, über Netzwerke zu anderen gesellschaftlichen Akteur_innen zu verfügen und diese für Kampagnen und Aktionen mobilisieren zu können (vgl. Lévesque/ Murray 2013: 46). Die Unterstützung durch Bündnispartner_innen erhöht die Organisationsmacht der Gewerkschaften und kann dazu verhelfen, Beschäftigte in Auseinandersetzungen vor Ort zu stärken und im politischen System Druck aufzubauen. Typische Bündnispartner_innen von Gewerkschaften sind Sozialverbände, Parteien, soziale Bewegungen und NGOs (vgl. Schmalstieg 2009: 913; Frege 2006: 152). Zur Herausbildung solcher Kooperationen sind sogenannte »bridge builders« (Schmalz/Dörre 2014: 231, Herv. d. V.) von großer Bedeutung. Damit sind Personen gemeint, die gleichsam im gewerkschaftlichen und nicht-gewerkschaftlichen Kontext aktiv sind. Außerdem müssen Kooperationen, um funktionsfähig zu sein, über eine punktuelle Zusammenarbeit hinausgehen.
Diskursmacht kommt darin zum Ausdruck, erfolgreich in öffentliche Debatten intervenieren zu können und auf diese Weise die öffentliche Meinung zu gewerkschaftlichen Themen zu prägen (vgl. Arbeitskreis Strategic Unionism 2013: 361). Dazu müssen die gewerkschaftlichen Forderungen von der Bevölkerung als gerecht empfunden werden, was dann wahrscheinlich ist, wenn sie an gesellschaftlich vorherrschende Gerechtigkeitsvorstellungen anknüpfen. Wenn also die angeprangerten Missstände nicht nur von der Belegschaft als ungerecht angesehen werden, sondern auch das Gerechtigkeitsempfinden einer Mehrheit der Bevölkerung verletzen, können Gewerkschaften öffentlichen Druck aufbauen (vgl. ebd.: 361). Dies geschieht häufig über die Skandalisierung von Arbeitsbedingungen, wobei in Klassifikationskämpfen darüber entschieden wird, was als gerecht und was als ungerecht anzusehen ist (vgl. Chun, zit. nach ebd.: 361).
Die gewerkschaftliche Diskursmacht ist also nur dann wirksam, wenn auf herrschende Moralvorstellungen Bezug genommen wird. Jene Vorstellungen sind »historisch gewachsen und im Alltagsverstand durch Erzählungen, Mythen und Überzeugungen festgeschrieben« (ebd.: 362). Somit steht den Gewerkschaften ein Repertoire an gemeinsamen Werten, Vorstellungen und Geschichten zur Verfügung. Diese narrativen Ressourcen können dazu eingesetzt werden, Identitäten und Interessen zu vermitteln sowie Handlungsmotive zu erzeugen (vgl. Lévesque/Murray: 47). Dabei beziehen sich gewerkschaftliche Akteur_innen meist auf Kämpfe und feste Normen, die im gesellschaftlichen Bewusstsein verankert sind. So können verletzte Gerechtigkeitsempfindungen schließlich politisiert werden (vgl. Schmalz/Dörre 2014: 231). Doch um narrative Ressourcen überhaupt nutzen zu können, müssen Gewerkschaften vor allem glaubhafte Problemlöseansätze bieten. Andernfalls würden ihre Erzählungen veraltet erscheinen und daher an Mobilisierungskraft verlieren. Außerdem trägt eine hohe Problemlösekompetenz dazu bei, dass Gewerkschaften als Verhandlungspartnerinnen akzeptiert werden (vgl. ebd.: 232).
Diskurs- und Kooperationsmacht beeinflussen sich gegenseitig. Eine erfolgreiche Anwendung dieser gesellschaftlichen Machtressourcen basiert auf der Fähigkeit, Deutungsmuster für Probleme anzubieten. Damit diese mobilisierend wirken, müssen Gewerkschaften die „richtigen“ Deutungen im passenden Moment wählen. Diese Strategie wird auch als framing bezeichnet (vgl. Arbeitskreis Stratgic Unionism 2013: 372). Dabei sind drei Aspekte zu unterscheiden: die Identifikation des Problems (diagnostical framing), das Aufzeigen von Lösungsansätzen (prognostical framing) und die Schaffung von Motivation für Mobilisierungen (motivational framing). Sind Gewerkschaften nicht in der Lage, neue Deutungsmuster einzusetzen, schwinden ihre Kooperations- und Diskursmacht schnell.
In der folgenden Abbildung sind die Machtressourcen und ihre Ebenen noch einmal zusammengefasst (vgl. Abb.1). Es ist jedoch zu beachten, dass die genannten Machtmittel nicht einfach addiert werden können, sondern sich gegenseitig bedingen. So ziehen schwache Machtressourcen in einem Bereich die Anwendung von Ressourcen in einem anderen Bereich nach sich. Ein solcher Zusammenhang besteht beispielsweise, wenn bei geringer Produktionsmacht eine Ausdehnung der gewerkschaftlichen Kämpfe auf die gesellschaftliche Ebene erfolgt oder wenn geringe institutionelle Machtressourcen den Einsatz von Organisationsmacht notwendig machen (vgl. Arbeitskreis Strategic Unionism 2013: 346). Außerdem sollte deutlich geworden sein, dass die Machtmittel einer Gewerkschaft von verschiedenen Kontextbedingungen abhängen. Zur Untersuchung des Handlungsvermögens der GG/BO ist es daher unabdingbar, die rechtlichen und praktischen Rahmenbedingungen der Gefangenenarbeit in Deutschland zu beleuchten.
3 Gefangenenarbeit in Deutschland
In diesem Kapitel geht es zunächst um die rechtlichen Bestimmungen zur Ausgestaltung (3.1) und Organisation der Gefangenenarbeit (3.2). Anschließend werden die Rechte der arbeitenden Inhaftierten dargestellt (3.3). Außerdem muss untersucht werden, welche Auswirkungen die Arbeitsverwaltung und externe Unternehmen auf die Gefangenenarbeit haben (3.4). Abschließend ist zu beleuchten, inwieweit es den Inhaftierten bisher möglich war, sich an der Vollzugs- und Arbeitsgestaltung zu beteiligen (3.5). Zur Beschreibung der rechtlichen Rahmenbedingungen wird auf das Strafvollzugsgesetz (StVollzG) von 1977 Bezug genommen. Zwar liegt die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug seit 2006 bei den Bundesländern, doch sind deren Neuregelungen eng an die Vorschriften von 1977 geknüpft. Sofern dennoch relevante Abweichungen auftreten, wird an entsprechender Stelle darauf verwiesen.
3.1. Ausgestaltung der Gefangenenarbeit: Arbeitspflicht und Resozialisierung
Einen wesentlichen Aspekt der Gefangenenarbeit stellt die Arbeitspflicht nach § 41 StVollzG dar. Hierin wird festgelegt, dass Inhaftierte die ihnen zugewiesene Arbeit oder Beschäftigung ausüben müssen, sofern sie ihren geistigen und körperlichen Fähigkeiten entspricht. Eine Verweigerung der zugewiesenen Arbeit kann sanktioniert werden, z.B. durch die Kürzung oder Streichung des Arbeitsentgelts (vgl. Däubler/Galli 2012: 314). Ausgenommen von der Arbeitspflicht sind Personen über 65 Jahre, Erwerbsunfähige, sowie werdende und stillende Mütter. Aus- und weiterbildende Maßnahmen sind der Arbeit gleichgestellt (vgl. Laubenthal 2015b: 301).
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist diese Form der »Zwangsarbeit bei gerichtlich angeordneter Freiheitsentziehung« (Hillebrand 2009: 15) nur insoweit zulässig, als dass sie zur Resozialisierung der Gefangenen beiträgt. Resozialisierung beinhaltet die Vorstellung von einer »gesellschaftliche[n] Ausgliederung und soziale[n] Randständigkeit, welche durch (Wieder-)herstellung von persönlichen Beziehungen, Arbeitszusammenhängen und sozialer Sicherung etc. behoben werden müssten« (Bung/Feest 2012: 12). Im Strafvollzugsgesetz ist die Resozialisierung der Gefangenen oberstes Vollzugsziel und damit maßgebend für die Ausgestaltung der Gefangenenarbeit in Deutschland. Darüber hinaus unterliegt die Arbeit der Inhaftierten den Gestaltungsgrundsätzen des Strafvollzuges. Diese umfassen den Angleichungsgrundsatz, den Gegensteuerungsgrundsatz und den Integrationsgrundsatz (vgl. Hillebrand 2009: 20f.). Ersterer besagt, dass der Unterschied zwischen dem Leben innerhalb und außerhalb der Anstalt gering zu halten ist. Da dies aber nur begrenzt umgesetzt werden kann, soll laut Gegensteuerungsgrundsatz schädlichen Folgen des Strafentzuges entgegengewirkt werden. Schließlich legt der Integrationsgrundsatz fest, dass der Strafvollzug den Häftlingen dazu verhelfen soll, sich auf das Leben in Freiheit einzurichten. Dadurch wird das Ziel der Resozialisierung noch einmal bekräftigt.
Die Praxis des Strafvollzuges entspricht nicht zwangsläufig den gesetzlichen Vorgaben, sondern hängt von der Anstaltsleitung, dem Vollzugsdienst und dem Kontakt zwischen den Gefangenen ab (vgl. Olbrück 1996: 33-51). Außerdem ist umstritten, inwieweit die Arbeitspflicht mit dem Ziel der Resozialisierung vereinbar ist. So beschreibt Chun-Tai Lee:
»Was unter dem Zwang erreicht wird, ist nur Dressur, Abrichtung und Züchtigung. Auf diese Weise kann höchstens eine äußerliche Mitarbeit des Gefangenen gewonnen werden, die ohne seine psychische Disponibilität jedoch nutzlos für eine Behandlung ist. Nur eine auch innerlich gewollte Mitarbeit ist dazu geeignet, die sich in seinem Inneren verbergenden Probleme und sozialen Defizite zu offenbaren und behandeln zu lassen.« (Lee 1994: 168)
Derartige Überlegungen trugen dazu bei, dass die Arbeitspflicht in den Bundesländern Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen abgeschafft wurde (vgl. Nestler 2015: 457f.).
3.2 Organisation der Gefangenenarbeit
Neben der Ausgestaltung der Gefangenenarbeit ist auch deren Organisation gesetzlich geregelt. Diesbezüglich lassen sich fünf funktionale Ebenen unterscheiden: 1. Hausarbeit, 2. Arbeit in Eigenbetrieben, 3. Arbeit in Unternehmerbetrieben, 4. freies Beschäftigungsverhältnis, 5. arbeitstherapeutische Maßnahmen (vgl. Hillebrand 2009: 31f.).
Die Hausarbeit umfasst Hilfstätigkeiten in der Anstalt, z.B. in der Küche, bei der Essensausgabe oder in der Kleiderkammer. Die Ausübung derartiger Hilfstätigkeiten ist auf drei Monate beschränkt, da ihr Beitrag zur Resozialisierung gering eingeschätzt wird (vgl. ebd.: 32). Bei jenen Tätigkeiten werden keine Einnahmen erwirtschaftet, jedoch Personalkosten eingespart. Das Ausmaß dieser Einsparungen wird allerdings nicht in den Haushaltsplänen der Anstalten oder des Landes verbucht (vgl. Neu, zit. nach ebd.: 16).
Eigenbetriebe sind von der Anstalt selbst unterhaltene Arbeitsbetriebe, in denen auf Bestellung von außerhalb oder zu anstaltsinternen Zwecken produziert wird. Organisiert wird die Arbeit von der Vollzugsanstalt selbst, welche die notwendigen Produktionsmittel zur Verfügung stellt und das wirtschaftliche Risiko trägt. Diese anstaltseigenen Betriebe sind »in qualitativer Hinsicht, den Verhältnissen außerhalb der Institutionen anzugleichen« (Laubenthal 2015b: 281). In einigen Bundesländern sind erste Versuche zu beobachten, Eigenbetriebe aus dem Strafvollzug auszugliedern und in Landesbetriebe zusammenzufassen, welche dann mit eigener Kapitalausstattung versehen werden (vgl. Best, zit. nach Hillebrand 2009: 148).
Weiterhin kann die Arbeit in Einrichtungen privater Unternehmen erfolgen, die zumeist Räumlichkeiten innerhalb der Anstalt mieten. Hier liegt das Risiko beim externen Unternehmen. Dieses darf die technisch-fachliche Leitung übernehmen, jedoch keine hoheitlichen Aufgaben erfüllen (vgl. Laubenthal 2015b: 282). Zudem kann eine Arbeit in einem Unternehmerbetrieb außerhalb der Anstalt zugewiesen werden. In beiden Fällen schließt das jeweilige Unternehmen einen Vertrag mit der Vollzugsanstalt ab.
Des Weiteren befindet sich eine Minderheit der Gefangenen in einem freien Beschäftigungsverhältnis mit externen Unternehmen (vgl. Hillebrand 2009: 36). Hier schließt das Unternehmen einen Vertrag mit der_dem Gefangenen ab. Solch ein Beschäftigungsverhältnis ist möglich, sofern die_der Gefangene die Voraussetzungen des Freigangs erfüllt. Für Personen, die keiner der bisher genannten Arbeiten nachgehen können, sind arbeitstherapeutische Maßnahmen vorgesehen (vgl. ebd.: 37f.).
Arbeitende Inhaftierte stehen grundsätzlich in einem öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnis und werden daher, solange es sich nicht um ein freies Beschäftigungsverhältnis nach § 39 Abs. 1 handelt, nicht als Arbeitnehmer_innen angesehen (vgl. Brox et al. 2007: 12). Deshalb sind die Bestimmungen des Arbeitsrechts für sie nicht anwendbar. Eine analoge Anwendung wird dadurch jedoch nicht ausgeschlossen.
3.3 Rechte der arbeitenden Inhaftierten: Vergütung, Sozialversicherung und Koalitionsfreiheit
Auch inhaftierte Menschen sind Träger_innen von Rechten und Grundrechten, obgleich diese im Rahmen des Freiheitsentzuges eingeschränkt werden. Für die vorliegende Arbeit sind insbesondere die Aspekte Entlohnung, Sozialversicherung und Koalitionsfreiheit interessant, welche in dieser Reihenfolge besprochen werden sollen.
Die Arbeitsvergütung im Strafvollzug ist in Deutschland als Nettolohnsystem geregelt, d.h. die Inhaftierten erhalten einen festen Geldbetrag ohne Abzüge (vgl. Hillebrand 2009: 30). Die Höhe dieses Betrages richtet sich nach einer Eckvergütung, welche bis zum 01. Januar 2001 bei fünf Prozent der Bezugsgröße lag. Letztere entspricht dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt aller in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigten Arbeitnehmer_innen und Angestellten (ohne Auszubildende). Im Strafvollzugsgesetz von 1977 wurde bereits festgehalten, dass bis 1980 über eine Erhöhung des Entgelts befunden werden sollte. Dieser Selbstverpflichtung kam die Gesetzgebung jedoch nie nach. Erst als Inhaftierte Verfassungsbeschwerde einlegten und eine Strafvollstreckungskammer die Frage der Arbeitsentlohnung von Strafgefangenen vorlegte, gab das Bundesverfassungsgericht auf, bis zum 31. Dezember 2000 eine verfassungskonforme Regelung der Gefangenenentlohnung zu schaffen (vgl. Neu, zit. nach ebd.: 42). In Folge dessen wurde die Eckvergütung auf neun Prozent angehoben, d.h. Gefangene erhalten je nach Vergütungsstufe ein Entgelt zwischen 1,09 und 1,82 Euro pro Stunde (vgl. Laubenthal 2015b: 314). Diese Erhöhung wurde vom Bundesverfassungsgericht als gerade noch verfassungsgemäß bestätigt (vgl. BVerfGE 98, zit. nach Hillebrand 2009: 43). Auch im Rahmen der Arbeit für Unternehmerbetriebe werden Inhaftierte nach der festgelegten Eckvergütung entlohnt, obgleich das Unternehmen der Anstalt zumeist den geltenden Tariflohn zahlt (vgl. Jehle, zit. nach ebd.: 118). Die Differenz aus dem Betrag, der vom Unternehmen an die Anstalt entrichtet wird, und dem Arbeitsentgelt der Inhaftierten kommt dem jeweiligen Landeshaushalt zu Gute. Dieses Vorgehen kritisiert Karl F. Schumann wie folgt: »Hiermit verfahren die Arbeitsverwaltungen der Gefängnisse nicht wesentlich anders als private Organisationen, die etwa (ohne Steuer und Versicherung) illegal eingewanderte Ausländer verdingen und einen Teil des Lohnes abschöpfen« (Schumann 1978: 24).
In welcher Form Gefangene das Entgelt verwenden dürfen, ist ebenfalls gesetzlich bestimmt. Dabei wird zwischen folgenden Verwendungszwecken unterschieden: Hausgeld, Haftkostenbeitrag, Unterhaltsbeitrag, Überbrückungsgeld und Eigengeld (vgl. Hillebrand 2009: 45ff.). Ersteres umfasst drei Siebtel des Arbeitsentgeltes und kann für den persönlichen Bedarf der_des Gefangenen genutzt werden. Zweiteres, der Haftkostenbeitrag, kann nur von denjenigen erhoben werden, die schuldhaft nicht arbeiten oder in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen. Der Paragraph zum Unterhaltsbeitrag ist suspendiert, denn »ohne die Einführung eines erheblich höheren Entgelts sind auch Unterhaltsbeiträge nicht realisierbar« (ebd.: 46). Das Überbrückungsgeld wird auf einem Konto angespart und soll den Lebensunterhalt der_des Gefangenen in den ersten vier Wochen nach Haftentlassung sichern. Schließlich umfasst das Eigengeld alle sonstigen Bezüge der_des Inhaftierten (z.B. von Dritten zugewendete Geldbeträge).
Das Arbeitsentgelt von Inhaftierten ist häufig Gegenstand von Kritik. Zumeist wird darauf verwiesen, dass die niedrige Vergütung einer Resozialisierung zu wider läuft. So argumentiert z.B. Katrin Schirmer:
»[…] es dürfte ebenso unbestritten sein, dass die jetzige Höhe des Arbeitsentgelts dem Gefangenen auch heute nicht ermöglicht, seinen Verpflichtungen gegenüber seiner Familie (zum Unterhalt) und den Opfern (zur Entschädigung) nachzukommen, Schulden abzubauen, Beiträge für seine Altersvorsorge aufzubringen und finanzielle Rücklagen für die Zeit nach der Entlassung zu bilden. […] Eine Arbeitsentlohnung, die wegen zu geringer Höhe die Fähigkeit, künftig ein straffreies Leben zu führen, nicht positiv zu beeinflussen vermag, verfehle die Verfassung.« (Schirmer 2008: 206f.)
Hans-Claus Leder fügt hinzu, dass eine zu gering entlohnte Arbeit als sinnlos empfunden wird und einer Resozialisierung folglich nicht dienlich ist (vgl. Leder 1978: 26). Er pflichtet der Kritik Joachim Hellmers bei, wonach der Erziehungsgedanke »dazu mißbraucht worden [ist], die Sträflinge unter dem Vorwand der Erziehung und Besserung als billige Arbeitskräfte zu nutzen« (Hellmer 1975: 105). So spricht sich Leder für eine tarifliche Entlohnung aus. Auch Lee argumentiert dafür. Sie führt an, dass ein resozialisierungsförderlicher Tariflohn nicht an fiskalischen Gründen scheitern dürfe und zu bedenken sei, dass die vermeintlich eingesparten Kosten nur in das System der Sozialhilfe verlagert würden (vgl. Lee 1994: 147f.). Auch der Alternativ-Entwurf zum Bundesstrafvollzugsgesetz von 1977 sah die Zahlung eines tariflichen Entgelts vor (vgl. Laubenthal 2015b: 307). Gegen eine tarifliche Entlohnung wird häufig vorgebracht, dass die Produktivität der Gefangenenarbeit nicht mit jener der freien Wirtschaft vergleichbar ist (vgl. ebd.: 315).
Oftmals verbinden die Autor_innen ihre Kritik an der Arbeitsentlohnung mit einer Betrachtung der Sozialversicherung von Gefangenen. Inhaftierte sind arbeitslosen- und unfallversichert. Auch eine Einbeziehung in die Renten- und Krankenversicherung ist gesetzlich vorgesehen, jedoch sind die Paragraphen bis zum Erlass eines besonderen Bundesgesetzes suspendiert. Eigentlich wurde im Strafvollzugsgesetz von 1977 ein Stufenplan für das stückweise in Kraft treten sozialrechtlicher Vorschriften verabschiedet, allerdings ist dieser mit Verweis auf die finanzielle Belastung der Länderhaushalte bis heute nicht realisiert worden (vgl. Steiner: 2006: 74). So gilt die Haftzeit als im vollen Umfang rentenversicherungslose Zeit. Dies stellt, so wird zumeist kritisiert, einen Widerspruch zum vollzuglichen Resozialisierungsauftrag dar. Dahingehend äußert Michael Steiner:
»Absicherungs- und Vorsorgemöglichkeiten sind … derart beschränkt, dass eine sinnvolle Prävention nicht möglich ist und „im Fall der Fälle“ die Sozialhilfe die einzige „Absicherung“ des Strafgefangenen und seiner Angehörigen darstellt. Dies gilt für die Renten- und die Krankenversicherung gleichsam. Als besonders tückisch erweist sich die Lage für die Gefangenen nach der Entlassung, im Rentenalter und für die Familienangehörigen, denen verschiedenste Schutzmechanismen unserer Rechtsordnung in nicht nachvollziehbarer Weise vorenthalten werden.« (Steiner 2006: 107)
Außerdem wird vorgebracht, dass die mangelhafte Eingliederung der Gefangenen in das Sozialversicherungssystem, ebenso wie die geringe Entlohnung und die Arbeitspflicht, gegen den Angleichungsgrundsatz verstoßen (vgl. Cornel 2009: 306).
Abschließend soll das Recht auf Vereinigungsfreiheit nach Artikel 9 des Grundgesetzes (GG) angesprochen werden. Dieser Artikel gehört nicht zu den Grundrechten, die durch das Strafvollzugsgesetz eingeschränkt werden. Dennoch ist streitig, inwieweit sich Inhaftierte darauf berufen dürfen. Insbesondere über die Gültigkeit von Art. 9 Abs. 3 GG, die Koalitionsfreiheit zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, herrscht Uneinigkeit. So ist diesbezüglich in einem Kommentar von Christian Rolf zu lesen: »ausgenommen sind Schüler, Studenten und Strafgefangene« (Rolfs 2014: 17). Demgegenüber erklären Wolfgang Däubler und Margret Spaniol: »Keine grundsätzlichen Bedenken bestehen dagegen, die Vereinigungsfreiheit des Art. 9 Abs. 1 GG und die Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG auch Strafgefangenen einzuräumen. Die Freiheitsentziehung als solche zieht zwar bestimmte Grenzen, doch ist kein Grund ersichtlich, weshalb diese Rechte für Strafgefangene völlig wirkungslos bleiben sollten« (Däubler/Spaniol 2000: 285). Die Frage nach der Koalitionsfreiheit von Inhaftierten bildet also einen juristischen Streitpunkt.
Der Lebens- und Arbeitsalltag der Inhaftierten wird nicht nur von rechtlichen Regelungen bestimmt, sondern auch durch die Verwaltung der Vollzugsanstalten und externe Unternehmen beeinflusst. Daher sollen nun die Ausrichtung der Verwaltungssteuerung und die Rolle externer Unternehmen im Kontext Gefangenenarbeit betrachtet werden.
3.4 „Der Knast als Konzern“? − Neue Verwaltungssteuerung und die Rolle privater Unternehmen im Strafvollzug
»Der Knast als Konzern« titelt das Handelsblatt 2007 und beschreibt im zugehörigen Artikel die Entwicklung der Justizvollzugsanstalten Deutschlands zu »umsatzstarken Wirtschaftsunternehmen − dank billiger Gefangenenarbeit«. Obgleich Kostenerwägungen nicht erst seit kurzem Einzug in den Strafvollzug halten (vgl. Nibbeling 2001: 239), ist doch erkennbar, dass betriebswirtschaftliche Überlegungen in der Verwaltungssteuerung an Bedeutung gewinnen.
So sind die Vollzugsanstalten eingebunden in einen Prozess der Modernisierung, welcher auf eine Verschlankung von Staat und Verwaltung ausgerichtet ist. Entsprechende Konzepte stammen aus der Privatwirtschaft in den USA und wurden in den 1990er Jahren auch in Deutschland eingeführt. Diese Maßnahmen und Regelungen werden als Neue Verwaltungssteuerung (NVS) bezeichnet. Die NVS bildet das neue Managementmodell der Justizvollzugsanstalten und umfasst Elemente, wie Controlling (Konzept zur Steuerung des Verwaltungshandelns in Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit), Kosten-Leistungsrechnung (zur Konkretisierung der wirtschaftlichen Steuerung), Balanced Scorecard (Konzept zur Leistungsbewertung) und virtuellen Wettbewerb innerhalb und zwischen den Behörden (vgl. Hillebrand 2009: 166-174). Zusammengefasst besteht der zentrale Aspekt der NVS also in der »Entwicklung zu mehr Kundenorientierung, Wettbewerb, Markt und Marketing« (ebd.: 165). Dieser Prozess ist in Hinblick auf die Arbeit im Strafvollzug interessant, weil auch die Arbeitsverwaltungen der Haftanstalten dementsprechend umstrukturiert werden. Für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit im Kontext Gefangenenarbeit können zahlreiche Beispiele angeführt werden: Die Vollzugsanstalten sind mit ihren Arbeitsbetrieben auf Messen vertreten, bewerben die hochwertige Qualität ihrer Produkte in Broschüren und auf Internetseiten, sie verkaufen ihre Waren direkt vor Ort oder in Online-Shops. So bietet bspw. das Land Nordrhein-Westfalen unter www.knastladen.de eine Übersicht zu allen Produkten, die in den Vollzugsanstalten hergestellt werden. Von Büromöbeln, über Gartengeräte bis hin zu Schuhen und Schmuck reicht das online-bestellbare Angebot. Das Land Nordrhein-Westfalen ist mit ca. 46 Millionen Euro Jahresumsatz Spitzenreiter hinsichtlich der Einnahmen durch Gefangenenarbeit. Allein die JVA Werl erzielte innerhalb eines Jahres Einnahmen in Höhe von knapp sechs Millionen Euro, mit einem Überschuss von 800.000 Euro. Das Handelsblatt spricht in diesem Kontext vom »Konzern Knast mit seinen bundesweit 195 Tochterunternehmen (JVAs)«. Zu den genannten Zahlen kommen noch die Einsparungen hinzu, die aus dem Einsatz von Gefangenen für Hilfstätigkeiten in der Anstalt resultieren. Weiterhin geht aus den angegebenen Einnahmen nicht hervor, ob die einbehaltene Differenz zwischen dem vom Unternehmen gezahlten Tariflohn und der ausgezahlten Eckvergütung berücksichtigt wurde.
Auch für private Unternehmen ist eine Produktion im Strafvollzug mit finanziellen Vorteilen verbunden. Zwar zahlen sie für die inhaftierten Beschäftigten zumeist den üblichen Tariflohn, jedoch ohne weitere Gratifikationen. Auf diesen Tariflohn erhalten sie außerdem einen Abschlag von 20% für die Gefahr, dass qualitätsgeminderte Produkte hergestellt werden. Weiterhin entfallen die Lohnnebenkosten, da die Inhaftierten nicht in die Renten- und Krankenversicherung einbezogen sind (vgl. Jehle, zit. nach Hillebrand 2009: 118). Insgesamt liegen die anfallenden Kosten für die Arbeitskraft der Inhaftierten also unter denen freier Arbeitnehmer_innen. Mit dieser Kostenersparnis wirbt die JVA Bremervörde auf ihrer Website sehr deutlich: »Unternehmen in der Region können zu besonders wirtschaftlichen Konditionen vor Ort produzieren lassen − eine echte Alternative zur Auslagerung von Arbeit ins Ausland«. Dementsprechend handelte z.B. BJA Automotive. Das Unternehmen zog eine Verlagerung nach Osteuropa in Erwägung, entschied sich dann jedoch dafür, in der örtlichen JVA produzieren zulassen. »Wir haben einen Low-Cost-Standort um die Ecke gefunden« wird der Unternehmer vom Handelsblatt zitiert.
Aus ökonomischen Gründen werden vermehrt auch (Teil-)Privatisierungen von Haftanstalten in Erwägung gezogen. In den USA existieren bereits über 100 private, gewinnorientierte Gefängnisse. Marktführend unter den privaten Anbieter_innen sind die Corrections Cooperation of America und die G4S Secure Solutions (vgl. Jubouri 2013: 290). Erstere verdiente im Jahr 2005 1,2 Milliarden Dollar (vgl. Smith/Hattery 2007: 280). In Zusammenhang mit der wachsenden Bedeutung von Haftanstalten für gewinnorientierte Zwecke wird auch vom Prison Industrial Complex (vgl. Schlosser 1998) gesprochen, also von einem gefängnis-industriellen Komplex. In Deutschland wäre eine Vollprivatisierung gesetzlich unzulässig. Jedoch könnten Teilbereiche ohne Eingriffsbefugnis, wie Reinigung, Küche, Gebäudemanagement oder die Verwaltung der Gefangenenarbeit, privatisiert werden. So übertrug z.B. Baden-Württemberg die Aufgaben der Bewährungs- und Gerichtshilfe auf freie Träger_innen, in Waldeck wurde die erste Haftanstalt von einem privaten Investor erbaut und an das Land verleast, in Hünefeld wurde die Anstalt nicht nur aus privaten Mitteln errichtet, sondern auch maßgebliche Teile des inneren Vollzugs wurden von einer privaten Beteiligungsgesellschaft unterhalten, in Nordrehein-Westfalen wird die Bewachung der in Büren inhaftierten Flüchtlinge von einem privaten Sicherheitsdienst übernommen (vgl. Al-Jubouri 2013: 299ff.). Zu einer Privatisierung der Arbeitsverwaltung kam es in Deutschland bisher allerdings noch nicht (vgl. Wohlgemut, zit. nach Hillebrand 2009: 157).
3.5 Gefangene und Interessenvertretung
Abschließend stellt sich noch die Frage, ob und inwieweit Inhaftierte die Möglichkeit haben, auf die Gestaltung ihres Lebens- und Arbeitsalltages im Strafvollzug Einfluss zu nehmen. Dazu regelt §160 StVollzG: »Den Gefangenen und Untergebrachten soll ermöglicht werden, an der Verantwortung für Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse teilzunehmen, die sich ihrer Eigenart und der Aufgabe der Anstalt nach für ihre Mitarbeit eignen« (Laubenthal 2015a: 1093). Laut der hier beschriebenen Gefangenenmitverantwortung ist die Vollzugsbehörde dazu angehalten, die Inhaftierten beratend und konfliktlösend am Anstaltsgeschehen teilnehmen zu lassen. Dabei sind solche Themen ausgeschlossen, die die Rechtsstellung des Gefangenen betreffen oder in den hoheitlichen Bereich der Verantwortungsträger_innen fallen. Die Inhaftierten-Vertreter_innen werden im Rahmen eines Wahlverfahrens bestimmt. Hierbei hat die Anstaltsleitung die Möglichkeit, Personen von der Kandidatur auszuschließen, sofern dies zur Gewährleistung der vollzuglichen Grundprinzipien erforderlich scheint (vgl. Laubenthal 2015b: 202f.). Aus der Formulierung des Paragraphen geht jedoch nicht hervor, ob die Anstalt verpflichtet ist, eine Gefangenenmitverantwortung einzurichten, oder wie die konkrete Ausgestaltung der Gefangenenmitverantwortung erfolgen soll (vgl. Watts 2014: 53). Bisher wurden nur sehr kümmerliche Partizipationsformen umgesetzt, sodass der Paragraph 160 praktisch nur eine geringe Bedeutung hat (vgl. Koepsel, zit. nach Laubenthal 2015b: 203).
Neben der Gefangenenmitverantwortung gab es in der Vergangenheit auch Versuche, autonome Interessenvertretungen von Gefangenen, wie z.B. Gewerkschaften, zu gründen. So war die Deutsche Gefangenen-Gewerkschaft (DGG) zwischen 1968 und 1969 aktiv. Sie zerfiel jedoch recht schnell aufgrund finanzieller Fehlentscheidungen und persönlicher Bereicherungsinteressen der Gründungsmitglieder. Aus der DGG ging die Gewerkschaft der Gefangenen, Verwahrten und Untergebrachten (GGVU) hervor, welche weitgehend auf Berlin begrenzt blieb. Zwei Jahre später scheiterte die GGVU aus Geld- und Mitarbeiter_innen-Mangel, sowie aus Resignation vor stetiger Behinderung ihrer Arbeit durch Behörden (vgl. Schumann 1978: 10). Dass autonome Interessenvertretungen von Inhaftierten bisher wenig erfolgreich agierten, hängt mit spezifischen Problemen zusammen, vor die die Aktivist_innen gestellt sind. Diesbezüglich sind drei Aspekte zentral: 1. Angst vor Selbststigmatisierung, 2. organisatorische Hindernisse durch Gefangenschaft, 3. Mangel an erfahrener Solidarität und Vertrauensvorschuss (vgl. ebd.: 10). Ersteres, die Angst vor Selbststigmatisierung, ist von großer Bedeutung. Denn wer nach Haftentlassung in einer Gefangenenorganisation tätig ist, legt offen, vorbestraft zu sein. Dies ist zumeist mit sozialer Ausgrenzung verbunden, was viele von einer Beteiligung an Gefangenenorganisationen nach Haftentlassung abhält (vgl. ebd.: 10). Daraus resultiert letztlich ein Mitarbeiter_innen-Mangel, welcher allerdings durch Aktivist_innen innerhalb der Gefängnismauern kompensiert werden könnte. Doch für diese ergeben sich gefängnisspezifische Hindernisse, wie Zensur, Raummangel für Versammlungen (die zudem als Sicherheitsrisiko gelten), geringe Kontaktmöglichkeiten zur Außenwelt und die Problematik, dass eine Artikulation gemeinsamer Interessen von der Anstaltsleitung häufig als „Meuterei“ interpretiert wird (vgl. ebd.: 11). Hinzu kommt drittens, dass Inhaftierte in »extrem isolierten und individualisierten Welten« (ebd.: 11) leben. So bedingt die Organisation des Strafvollzuges ein Verhalten, dass zu allererst auf die Verbesserung der eigenen Lebenslage zielt. Darüber hinaus werden die Vorurteile der Gesellschaft häufig auf sich und die Mitgefangenen übertragen, was zur Selbstablehnung und zur Ablehnung der Mitinhaftierten führt (vgl. ebd.: 11). Dadurch wird solidarisches Interessenhandeln erschwert.
Trotz genannter Hindernisse gründete sich im Mai 2014 die Gefangenen-Gewerkschaft/ Bundesweite Organisation. Zur Analyse ihres Handlungsvermögens wurde eine qualitative Untersuchung durchgeführt. Wie dabei vorgegangen wurde, ist nun auszuführen.
4 Forschungsmethode
Zur nachvollziehbaren Darstellung der methodischen Herangehensweise müssen die Erhebungsform und die Stichprobenauswahl näher betrachtet werden (4.1). Daraufhin sind die Phasen der Datenerhebung (4.2) und der Datenauswertung zu beschreiben (4.3). Hierbei wird auf methodische Probleme und Fehlerquellen hingewiesen.
4.1 Erhebungsform und Auswahl der Befragten
Um die Frage nach den Machtmitteln der GG/BO zu beantworten, wurden problemzentrierte Interviews mit zwei Mitgliedern der Gefangenen-Gewerkschaft durchgeführt. Diese Interviewform bietet einen geeigneten Rahmen zur Bearbeitung der Fragestellung. So ermöglicht sie einerseits, den bisher unerforschten Untersuchungsgegenstand dank der offenen Gesprächssituation umfänglich abzubilden. Andererseits garantiert die Verwendung eines Interview-Leitfadens, dass alle forschungsrelevanten Aspekte berücksichtigt werden. Der Leitfaden der vorliegenden Untersuchung folgt in seinem Aufbau fünf Leitfragen, die den Organisationsprozess und die Machtressourcen der Gewerkschaft erfassen sollen:
1. Wie verlief die Gründung der GG/BO? (Organisationsprozess)
2. Welche Rolle spielt die Arbeit der Inhaftierten im Wirtschaftssystem? (strukturelle Macht)
3. Wie gestaltet sich das Verhältnis zwischen den Hauptverantwortlichen der Gewerkschaft
und ihren Mitgliedern? (Organisationsmacht)
4. Inwieweit ist gewerkschaftliche Mitbestimmung in Justizvollzugsanstalten rechtlich abgesichert und anerkannt? (institutionelle Macht)
5. Welche Bedeutung hat gesellschaftliche Unterstützung für die GG/BO? (gesellschaftliche Macht)
Jene Leitfragen wurden im Interview nicht direkt angesprochen, sondern bildeten übergeordnete Kategorien, wozu jeweils vier bis fünf konkrete Fragen ausformuliert wurden. Diese können im Anhang eingesehen werden (vgl. Anhang 1). Der Interview-Leitfaden wurde innerhalb eines Kolloquiums mit Bachelor-Studierenden und dem betreuenden Dozenten diskutiert, bevor die Kontaktaufnahme zu den Interviewpartnern erfolgte.
Die Befragten wurden aufgrund ihrer Beteiligung am Gründungsprozess der GG/BO und ihrer aktiven Rolle innerhalb der Gewerkschaft ausgewählt. Sie erhielten im Rahmen der Interviewanfrage die im Anhang befindliche Projektskizze (vgl. Anhang 2). Für beide Interviewpartner wurde der gleiche Leitfaden genutzt, jedoch erfolgten unterschiedliche Schwerpunktsetzungen entsprechend ihrer Aufgabe innerhalb der Gewerkschaft. So wurde der Gesprächspartner A weitreichender zu den Themen der strukturellen und gesellschaftlichen Macht befragt, während sich das Interview mit dem Gesprächspartner B stärker auf das Themenfeld der institutionellen Macht konzentrierte.
4.2 Datenerhebung
Beide Interviewpartner wurden vor Beginn der Befragung über das Ziel der Bachelor-Arbeit informiert. Sie wurden außerdem darauf hingewiesen, dass das Interview aufgezeichnet wird, womit beide einverstanden waren. Weiterhin wurde ihnen erklärt, dass die erhobenen Daten anonymisiert und vertraulich behandelt werden.
Das Gespräch mit dem Befragten A fand in einem öffentlichen Café statt und dauerte etwa zwei Stunden. Die Wahl eines öffentlichen Ortes zur Durchführung des Interviews ist insofern problematisch, als dass das Antwortverhalten des Interviewten durch die Anwesenheit Dritter beeinflusst werden könnte. Allerdings entschied sich der Befragte selbst für dieses Umfeld, was darauf schließen lässt, dass das Café für ihn einen geeigneten Gesprächsrahmen bietet. Zudem befanden sich nur selten weitere Anwesende dort.
Das Interview mit den Befragten B wurde in einem Besuchsraum der Justizvollzugsanstalt durchgeführt und umfasste einen Zeitraum von knapp zwei Stunden. Dabei waren keine weiteren Personen anwesend. Hier gestaltete sich vor allem die Gewährung eines Interviewtermins schwierig. Häufige Zuständigkeitswechsel, wiederholtes Zusenden von Unterlagen und fehlerhafte Angaben von Kontaktdaten seitens der Vollzugsbeamt_innen führten zu einer Terminverzögerung. Darüber hinaus wurde dem Befragten am Tag des Interviews eine andere Besuchsraumnummer mitgeteilt als der Interviewerin. Abgesehen davon lief das Interview ohne Störungen ab.
In beiden Interviews ergab sich ein weiteres Problem daraus, dass mitunter Suggestivfragen gestellt wurden. Dadurch kann das Antwortverhalten der Befragten verzerrt werden. Bei der Datenauswertung wurde dies entsprechend berücksichtigt.
4.3 Datenauswertung
Als Grundlage der Datenauswertung dienten die im Anhang befindlichen Transkripte (vgl. Anhang 3, 4). Um die erhobenen Daten zu untersuchen, wurde das Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse angewendet. Dazu erfolgte in einem ersten Schritt eine theoriegeleitete Auswertung, wobei die Gesprächsinhalte mit Hilfe eines Kategoriensystems geordnet wurden. Dieses System orientiert sich an den genannten Leitfragen und umfasst die Aspekte: Organisationsprozess, strukturelle Macht, Organisationsmacht, institutionelle Macht und gesellschaftliche Macht. Jene übergeordneten Begriffe wurden noch einmal in Subkategorien aufgegliedert (vgl. Abb. 2).
In einem zweiten Schritt wurde induktiv vorgegangen. Dabei wurden basierend auf den Darstellungen der Interviewpartner Begrifflichkeiten ausgewählt, die neue thematische Aspekte kennzeichnen. Weil nicht alle neuen Elemente in der Auswertung berücksichtigt werden können, wurde ein Aspekt ausgewählt, der besonders häufig vorkam: Die Einschätzung der Vollzugsbedingungen als resozialisierungshinderlich.
In einem letzten Schritt wurden zusätzliche Materialien einbezogen, um das Handlungsvermögen der GG/BO möglichst umfassend analysieren zu können. So wurden Schriftstücke genutzt, wie Sitzungsprotokolle, Korrespondenzen und Gerichtsurteile. Auch wissenschaftliche Studien, die Aussagen über die Machtmittel der Gefangenen-Gewerkschaft zulassen, wurden hinzugezogen. Im folgenden Kapitel sollen die daraus gewonnenen Erkenntnisse dargestellt werden.
5 Machtressourcen der GG/BO
Nun bleibt die Frage zu beantworten, über welche Machtmittel die GG/BO verfügt. Dazu soll erst der Organisationsprozess der Gewerkschaft betrachtet werden (5.1), um die anschließende Analyse der Machtressourcen in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen. Der Logik des Machtressourcenansatzes folgend werden die Kapitel gegliedert in die Ebenen strukturelle (5.2), organisatorische (5.3), institutionelle (5.4) und gesellschaftliche Macht (5.5.). Dabei soll das Ausmaß der vorhandenen Machtressourcen im Mittelpunkt stehen, denn zu den Fähigkeiten ihrer Anwendung lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt noch keine weitreichenden Erkenntnisse gewinnen. Nur die Framing-Strategie ist tiefergehend beschreibbar. In Hinblick auf die Beziehungen zwischen den Machtressourcen wird deutlich werden, dass gesellschaftliche Macht zur Kompensation von Einschränkungen in anderen Bereichen genutzt wird. Daher werden die Ausführungen zu organisatorischer und institutioneller Macht bereits Verweise auf gesellschaftliche Machtressourcen enthalten. Die Machtpotenziale und Handlungsbarrieren der GG/BO sind am Ende des Kapitels 5 in einer Tabelle zusammengefasst (vgl. Abb.4).
Die Gründung der GG/BO wurde in der JVA Tegel initiiert, einer Anstalt des geschlossenen Männerstrafvollzuges. Hier sind aktuell 815 Menschen in sechs Teilanstalten sowie einer Einrichtung für Sicherheitsverwahrung inhaftiert. Ihnen stehen 710 Arbeits- und 109 Schulplätze zur Verfügung, hinzu kommen Plätze in Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen. Auf dem Anstaltsgelände befinden sich 14 überwiegend handwerklich orientierte Arbeitsbetriebe, deren Erzeugnisse u.a. im Shop der JVA Tegel angeboten werden. Unter diesen Bedingungen entstand die Idee, eine Gefangenen-Gewerkschaft zu gründen. Doch wie kam es dazu und wie genau verlief der Organisationsprozess? Dazu sollen im Folgenden drei Phasen vorgestellt werden (vgl. Abb.3).
5.1.1 Anfangsphase: Das Ungerechtigkeitsempfinden der Inhaftierten, ihre Idee zur Gewerkschaftsgründung und ein Vorläuferprojekt
Zentral für die Entstehung der GG/BO war die Verlegung eines ihrer Gründungsmitglieder (Befragter A) in den geschlossenen Strafvollzug der Haftanstalt Tegel im Jahr 2013, denn der damals Inhaftierte war bereits vor seiner Haftstrafe in basisgewerkschaftlichen Gruppierungen aktiv und verfügt somit über gewerkschaftspolitisch relevantes Wissen. In der JVA Tegel lernte er den Befragten B kennen, welchen er als »agile[n] […] Gefangene[n]« (A: 46) charakterisiert. Der Befragte B verbüßt eine langjährige Haftstrafe, im Rahmen derer er ein rechtswissenschaftliches Studium absolviert. Seine juristischen Kenntnisse nutzt er, um Mitgefangene bei entsprechenden Fragen zu beraten.
Beide Befragte machen konkrete Missstände aus, die zur Gründung der GG/BO beigetragen haben. In erster Linie wird die mangelnde Sozialversicherung von Inhaftierten beanstandet, wobei insbesondere auf die drohende Altersarmut verwiesen wird. Darüber hinaus schätzen die Befragten das Entgelt der arbeitenden Inhaftierten als zu niedrig ein. Das Gefühl, in diesen zwei Punkten ungerecht behandelt zu werden, entspringt zum einen dem Wissen über die resozialisierungshinderlichen Langzeitfolgen der aktuellen Regelung. So erzählt einer der Befragten:
»Wenn jemand hier sitzt und so lange und wenn er entlassen wird: Er hat keine Wohnung. Er wird mit einem Müllsack entlassen, in dem hat er seine Klamotten. Er hat kein Geld. Er konnte nicht ansparen, mit einem Euro, was soll man ansparen? Er kann seine Schulden nicht abbezahlen, mit einem Euro kann man seine Schulden nicht abbezahlen. Er kann seine Familie nicht unterstützen, mit einem Euro unterstützt man die Familie nicht, die Familie geht kaputt. Rente hat er sowieso nicht, in die Altersarmut wird er entlassen. Was soll er draußen machen, dann wird er rückfällig.« (B: 258ff.)
Zum anderen spielt die wahrgenommene Differenz zwischen der erbrachten Arbeitsleistung und der erfolgten Entlohnung eine wichtige Rolle. Dies wird am Beispiel der Austauschbeziehungen mit externen Unternehmen besonders deutlich:
»[…] die Anstalt bietet denen 25 Prozent billiger als der Marktpreis und so wird das externe Unternehmen hier gelockt, aber diese 75 Prozent, die die Anstalt vom externen Unternehmen kassiert, das wird dann dem Gefangenen nicht weitergegeben. […] was diese Firmen hier geben für die Gefangenenarbeit, soll direkt an die Gefangenen weitergegeben werden, die diese Arbeit leisten, das wird nicht gemacht. Das soll gemacht werden.« (B: 352ff.)
In diesem Vorgehen sehen die Befragten ein illegitimes Bereicherungsinteresse des Staates, welchem gleichsam die Schuld für die wahrgenommenen Missstände zugeschrieben wird: »[…] aber das [Entgelterhöhung] will der Staat nicht, weil der Staat ist hinter unserer billigen Arbeitskraft her« (B: 275). Einer der Befragten spricht in diesem Zusammenhang auch von »staatlich subventionierte[r] Billiglöhnerei« (A: 263).
In Anbetracht dieser Missstände entwickelte der Befragte A die Idee zur Gründung einer Gefangenen-Gewerkschaft. Er hatte den Eindruck, dass der Unmut über die Renten- und Entgeltregelung unter den Inhaftierten weit verbreitet sei. Motiviert durch seine Gewerkschaftstätigkeit suchte er daher nach Möglichkeiten, das Konzept einer gewerkschaftlichen Interessenvertretung an die Bedingungen im Strafvollzug anzupassen. So beschreibt er: »[…] da ich mich so ’n Stück weit auch als Organizer sehe, ist das natürlich die erste Pflicht des Aktivisten, solche Stimmungen aufzugreifen, zu gucken, wie man die politisieren kann und wie man daraus auch ’n organisatorischen Prozess in Gang setzen kann« (A: 266ff.). Doch nahm er durchaus haftspezifische Schwierigkeiten einer Gewerkschaftsgründung war. Diesbezüglich betont er den hohen Grad an Entpolitisierung, die Fraktionierung der Inhaftiertenpopulation und das rigide Vorgehen der Vollzugsbeamt_innen gegen widerständige Gefangene. Nichtsdestotrotz suchte er den Kontakt zu sozialen Akteur_innen außerhalb der Haftanstalt, um das Ausmaß gesellschaftlicher Unterstützung einschätzen zu können. Doch das Vorhaben wurde »eher skeptisch gesehen [ ], weil natürlich die Kräfte draußen auch marginal sind und dann auch noch von Null im Knast beginnend und drauf zu setzen, dass es sofort dann ein solidarisches Band drinnen und draußen gibt, wurde als eher illusorisch angesehen« (A: 93ff.). Daher geriet die Idee erst einmal in den Hintergrund. Stattdessen gewann ein anderes Projekt an Bedeutung.
Der Befragte B wurde in dieser Phase noch nicht in die Gründungsidee einbezogen, jedoch spielte er im Rahmen eines Vorläuferprojekts eine wichtige Rolle. Er ist praktizierender Muslim und bemühte sich daher um die Gründung einer muslimischen Religionsgemeinschaft in der JVA Tegel. Dadurch sollten z.B. Freitagsgebete ermöglicht werden. Dieser Prozess wurde vom Befragten A durch Pressearbeit unterstützend begleitet. Zwar steht die Gründung der Religionsgemeinschaft in keinem direkten Zusammenhang mit der Gewerkschaftsgründung, dennoch wird sie als bedeutsam eingeschätzt, da sich mehrere Parallelen zwischen beiden Projekten ergeben. So wurden beide Vorhaben von Inhaftierten selbst initiiert, in beiden Fällen wurde die Form einer Vereinsstruktur gewählt, es wurden ähnliche Zwischenziele verfolgt (z.B. die Durchsetzung der Versammlungsfreiheit) und ähnliche Argumentationsmuster verwendet (z.B. die Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz). Daher stellt die Gründung der Religionsgemeinschaft eine Art Vorversuch dar, auf dessen Grundlage Aussagen darüber gemacht werden konnten, inwieweit ein selbstständiges Projekt von Gefangenen unter Haftbedingungen realisierbar ist: »[…] es war schon so eine Art Testballon, ob man anstaltsintern mit eigenständigen Vereinsformen aufwarten kann« (A: 158ff.). Die Gründung der Religionsgemeinschaft war erfolgreich, allerdings fiel die Presseresonanz eher gering aus.
5.1.2 Gründungsphase: Ein „Handschlag“ zwischen zwei Personen und die ersten Sympathisant_innen der GG/BO
Nach der Entstehung der Religionsgemeinschaft wurde der Befragte B in die Überlegungen zur Gründung einer Gefangenen-Gewerkschaft einbezogen. Wie der Befragte A berichtet, lag seine Intention nicht unmittelbar darin, solch eine Gewerkschaftsgründung tatsächlich umzusetzen. Vielmehr veranlasste ihn die positive Reaktion seines Gesprächspartners dazu, das Vorhaben gemeinsam mit ihm zu realisieren:
»Im Grunde war zu dem Zeitpunkt diese Idee bei mir schon gar nicht mehr so präsent bis ich ihm dann tatsächlich […] den ganzen Diskussionsverlauf und Reflexionsprozess so geschildert habe − das eigentlich gar nicht so großartig auslegen wollte − und er dann wirklich so impulsiv meinte: Genau das ist es, was anzuschieben ist, um wirklich zu schauen, ob man − im besten Sinne des Wortes, auch wenn er so einen Begriff nicht verwenden würde und viele Inhaftierte auch nicht − autonom was anstoßen kann […]« (A: 96ff.)
Wie aus den Interviews hervorgeht, besteht eine sehr wichtige Voraussetzung für die Gründung einer Gewerkschaft im Strafvollzug darin, eine angesehene Stellung innerhalb der Inhaftiertenpopulation zu besitzen. Erst eine solche Position bietet die nötigen Handlungsspielräume, um aktiv werden zu können. So erklärt einer der Befragten: »[…] musste erst mal schauen, überhaupt in dieser knastspezifischen Hierarchie einen Platz zu haben bzw. einen Raum zu finden, der mich dann in irgendeiner Form auch agieren lässt« (A: 118ff.). Solch eine Position ergab sich für den Befragten A durch Kontakte zu einflussreichen Inhaftiertengruppen. Der Befragte B hatte aufgrund seiner langjährigen Haftstrafe bereits eine anerkannte Stellung innerhalb seiner Bezugsgruppe erworben.
Am 21. Mai 2014 führten die Befragten dann zu zweit eine Sitzung durch, auf der sie die Gründung der GG/BO beschlossen: »[…] wir beide haben da teilgenommen und so haben wir den Verein gegründet gehabt, per Handschlag« (B: 909f.). In einem Protokoll wurden die zentralen Forderungen der Gefangenen-Gewerkschaft festgehalten. Jene umfassen die Durchsetzung der Rentenversicherung für Inhaftierte und die Einbeziehung beschäftigter Inhaftierter in den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn (vgl. Anhang 5). Nach der Sitzung bereiteten die Gründer Unterschriftenlisten vor, worauf die Kernforderungen der GG/BO zu lesen waren. Dadurch sollte den Inhaftierten eine Möglichkeit geboten werden, ihre Solidarität mit der GG/BO zu bekunden. Diese Listen verteilten sie verdeckt an Inhaftierte der JVA Tegel und erhielten innerhalb kürzester Zeit eine hohe Anzahl von Unterschriften: »Wir hatten innerhalb von wenigen Tagen mehrere hundert Unterschriften zusammen« (A: 206f.). Weiterhin verfassten sie eine Presseerklärung, die zeitnah von den Zeitungen TAZ und neues deutschland veröffentlicht wurde. Darauf folgten, wie von den Gründungsmitgliedern erwartet, die ersten Reaktionen der Anstaltsleitung. Die Zelle des Inhaftierten A wurde durchsucht und die Unterschriftenlisten wurden beschlagnahmt. Dagegen klagte der Befragte B, woraufhin die Unterlagen an die Gewerkschaftsgründer zurückgegeben werden mussten.
Das Verhalten der Anstaltsleitung hatte nach Einschätzung der Befragten positive Auswirkungen auf die Mitgliedergewinnung in der JVA Tegel, denn dadurch verbreitete sich die Information unter den Inhaftierten umso schneller: »[…] dann kam der anstaltsinterne Repressionsschlag, der dann aber in der Summe im Rückblick eher förderlich war, weil’s wirklich dann so ’ne Dynamik ausgelöst hat von Interesse, was ist das überhaupt, was, wir können Forderungen stellen« (A: 210ff.). Wie sich darin schon andeutet, kam der Mundpropaganda bei der Werbung von Mitgliedern in der JVA Tegel eine große Bedeutung zu. Darüber hinaus wurden Flyer gestaltet und verteilt, auf deren Rückseite der Mitgliedsantrag abgedruckt war. Knotenpunkte der Mitgliederwerbung bildeten die Arbeitsbetriebe.
5.1.3 Verbreitungsphase: Mitgliedergewinnung bundesweit
Die GG/BO blieb jedoch nicht auf die JVA Tegel begrenzt, sondern verzeichnete bald bundesweit Mitgliedsbeitritte. Zu den ersten Vollzugsanstalten, in denen der Organisationsprozess aufgegriffen wurde, zählten die JVA Willich und die JVA Aschaffenburg.
Mitglieder außerhalb der JVA Tegel zu gewinnen, gelang der GG/BO über mehrere Kanäle. Dabei spielten vor allem die Printmedien eine wichtige Rolle. Durch die Artikel in den Zeitungen TAZ und neues deutschland wurden die Inhaftierten erstmals auf die GG/BO aufmerksam. Aber auch regionale Presse trug wesentlich zur Bekanntmachung der Gefangenen-Gewerkschaft bei: »Also wenn in so ’nem Blatt wie der Südwestpresse […] ein Zeitungsartikel erscheint, können wir davon ausgehen, dass wir dann später ein bis drei Briefe von Inhaftierten in unserem Postfach haben« (A: 424ff.). Daneben besteht ein regelmäßiger Austausch innerhalb eines Kontaktnetzes von engagierten Inhaftierten. Darüber wurden z.B. Mitglieder in den Vollzugsanstalten Aschaffenburg, Willich und Sehnde gewonnen. Einige Mitglieder wurden auch von ihren Angehörigen auf die GG/BO hingewiesen. Innerhalb der Haftanstalten trugen Gefangenenzeitschriften wie Gitterweg und Nervensäge zur Verbreitung von Informationen über die Gefangenen-Gewerkschaft bei.
Aktiv warb die GG/BO über eine bundesweite Verbreitung von Unterschriftenlisten. Aktuell werden auch in ihrer Gewerkschaftszeitung outbreak Mitgliedsanträge abgedruckt. Im Rahmen eines Rechtsstreits mit der JVA Tegel wurden die Vollzugsbeamt_innen dazu angehalten, diese Zeitung an öffentlich zugänglichen Stellen in der Haftanstalt auszulegen.
5.2 Strukturelle Macht: intransparent
Nachdem der Gründungsprozess der GG/BO geschildert wurde, sollen nun ihre Machtressourcen in den Blick genommen werden. Dazu wird als erstes gefragt, welche Position die Inhaftierten im ökonomischen System einnehmen. Bekannt ist, dass die Arbeitsstrafe zu Zeiten knapper Bevölkerungs- und Arbeitskraftressourcen entstand (vgl. Hammerschick/Pilgram 1997: 8). So diente sie im Rahmen prosperierender Wirtschaften dazu, den Arbeitskräftemangel zu kompensieren. Heute sind von bundesweit 66.000 Inhaftierten knapp 41.000 arbeitstätig. Ihre strukturellen Machtressourcen sollen im Folgenden skizziert werden.
5.2.1 Produktionsmacht
Das Ausmaß der Produktionsmacht lässt sich nur sehr schwer feststellen, da relevante Eckdaten nicht erhoben werden oder nicht öffentlich zugänglich sind. So ist nicht ersichtlich, für welche Unternehmen in den Haftanstalten produziert wird und welche Produkte für diese hergestellt werden. Deshalb versucht die GG/BO die Produktionslandschaft im Strafvollzug mit Hilfe einer aktivierenden Untersuchung erst einmal genauer zu erfassen. Bei dieser Untersuchung handelt es sich um eine Umfrage mit sieben offenen Fragen, die sich darauf beziehen, welche Unternehmen und Landesbehörden in den Vollzugsanstalten produzieren lassen, welche Erzeugnisse hergestellt werden und inwieweit Arbeitsschutzbestimmungen eingehalten werden (vgl. Anhang 6). Der Fragebogen wurde gezielt an Inhaftierte versandt, die als GG/BO-Mitglieder eine koordinierende Rolle in ihrer Haftanstalt übernommen haben. Bisher liegt die Rücklaufquote bei n=26, doch ist die Umfrage zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht ausgewertet. Dennoch soll versucht werden, auf Grundlage der geführten Interviews und unter Einbeziehung zusätzlicher Literatur einige Aussagen zur Produktionsmacht zu treffen. Zur Darstellung dieser Machtressourcen werden die Produkte und Dienstleistungen, deren Abnehmer_innen sowie die Produktivität der Gefangenenarbeit betrachtet. Dies wird jeweils für Hilfstätigkeiten, Eigenbetriebe und Unternehmerbetriebe aufgeführt. Anschließend soll daraus eine Einschätzung über das Ausmaß der Produktionsmacht abgeleitet werden.
Im Rahmen der sogenannten Hilfstätigkeiten sind ca. 27% der arbeitstätigen Inhaftierten beschäftigt (vgl. Hillebrand 2009: 182f.). Sie übernehmen Dienstleistungen, wie die Essensausgabe, Reinigungstätigkeiten oder Aufgaben in der Küche und Kleiderkammer. Für das Funktionieren des Anstaltsalltages spielen die hier tätigen Häftlinge eine zentrale Rolle, wie an folgender Aussage erkennbar ist: »[…] die Inhaftierten sind ja auch für den gesamten reproduktiven Bereich in den Haftanstalten verantwortlich. So ohne die Arbeitsleistung im reproduktiven Bereich, angefangen bei den Putzdiensten über die Küche über sonstige Hilfsdienstleistungen, könnte der gesamte Knastbetrieb ja nicht aufrecht erhalten werden« (A: 821ff.). Hinsichtlich der Produktivität dieser Arbeiten liegen keine Informationen vor. Auch die dadurch erzielten Einsparungen werden, wie bereits in Kapitel 3 erwähnt, in den Haushaltsplänen der Anstalten nicht verbucht.
In Eigenbetrieben arbeiten ca. 15% der beschäftigten Inhaftierten (vgl. Hillebrand 2009: 182f.). Diese Betriebe sind vorrangig im handwerklich-industriellen Sektor zu verorten. Typische Eigenbetriebe sind z.B. Schlosserei, Druckerei, Elektrobetrieb, Gärtnerei, KFZ-Werkstatt, Malerei, Bäckerei (vgl. ebd.: 33). Produziert wird hier laut der Befragten »durch die Bank für den gesamten staatlichen Apparat, wirklich angefangen in der Kita, über die Schule, über Universitäten, über LKAs. Beispielsweise in Thüringen: Ein Großteil der Büroeinrichtung des LKAs in Erfurt wird in Thüringer Knästen produziert« (A: 793ff.). Wie aus dieser Aussage hervorgeht, zählen vorrangig Landeseinrichtungen − darunter natürlich auch die Haftanstalten selbst − zu den Abnehmer_innen der Erzeugnisse aus Eigenbetrieben. Ebenso können private Unternehmen, Wohlfahrtsvereine, Kirchen und Privatpersonen die Produkte erwerben. So berichtet der Befragte B, welcher sechs Jahre lang in der Druckerei der JVA Tegel arbeitete: »Für Kirche haben wir produziert, die bringen ihre Bibel. Dann produzieren wir für DGB, ihre Flyer haben wir hier erstellt« (B: 376f.). Die Produktivität dieser Arbeiten lag nach einer Untersuchung von Axel D. Neu im Zeitraum von 1989 bis 1991 bei 15% im Vergleich zur freien Wirtschaft (vgl. Neu, zit. nach Hillebrand 2009: 146). Neu definiert Produktivität als das Verhältnis von Produktionsergebnis und Faktoreneinsatz und nutzt den in Geld umgerechneten Marktpreis der produzierten Güter als Berechnungsgrundlage. Dabei grenzt er die Produktivität von der Rentabilität ab (vgl. Neu 1997: 97). Neuere Studien zur Produktivität der Gefangenenarbeit liegen nicht vor. Es wäre aber zu überprüfen, ob diese im Zuge der Umstrukturierung der Arbeitsverwaltungen nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten gestiegen ist.
In Unternehmerbetrieben sind rund 21% der arbeitenden Inhaftierten beschäftigt (vgl. Hillebrand 2009: 182f.). Es gibt keine Daten darüber, welche Erzeugnisse hier im Einzelnen hergestellt werden. Auf den Internetseiten der Bundesländer werden zumeist Montage-, Sortier- und Verpackungsarbeiten für die Papier-, Metall- und Elektroindustrie aufgeführt. Bei diesen Betrieben handelt es sich i.d.R. um Subunternehmen oder Zulieferbetriebe. Auf die Frage, welche Unternehmen in den Haftanstalten produzieren lassen, antwortet der Befragte: »Die gesamte Automobilbranche lässt in Knästen produzieren, ’n Großteil der Elektrobranche, von Miele angefangen bis Siemens. Also wir reden wirklich so von diesen ganzen Konzernen. Auch Unternehmungen, die so im Bereich der regenerativen Energie − wie enercon« (A: 767ff.). Die Produktivität der Unternehmerbetriebe liegt bei ca. 20% der freien Wirtschaft (vgl. Neu, zit. nach Hillebrand 2009: 146).
Was bedeutet dies nun für die Produktionsmacht der Inhaftierten? Die größten Machtpotenziale scheinen in der Produktion für Unternehmerbetriebe zu liegen. So können z.B. Arbeitsniederlegungen in Zulieferbetrieben ganze Wertschöpfungsketten stören. Insbesondere die umfangreiche Herstellung für Automobilunternehmen ist mit Produktionsmacht verbunden, denn die Automobilindustrie umfasst vernetzte Produktionsprozesse und stellt zudem einen wichtigen Exporteur dar. Deshalb können örtliche Arbeitsniederlegungen eine ausgeprägte Breitenwirkung haben. Geringer fällt die Produktionsmacht in den Eigenbetrieben aus, weil die Störung der Kapitalverwertung in den genannten Branchen nur lokal begrenzte Auswirkungen zeigt. Im Rahmen der Hilfstätigkeiten tragen die Inhaftierten zwar wesentlich zum Funktionieren des Anstaltsalltages bei, doch haben Arbeitsniederlegungen in diesen Bereichen vor allem negative Konsequenzen für sie selbst. Besonders deutlich wird dies bei Arbeiten in der Küche oder bei der Essensausgabe. Insgesamt liegt der Schwerpunkt der Produktionsmacht also in der Herstellung für die Automobilbranche. Allerdings können die vorhandenen Machtressourcen aufgrund der organisatorischen Schwäche der GG/BO zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mobilisiert werden, worüber sich die Befragten im Klaren sind. Bei weiterem Erstarken der Gewerkschaft wird der Streik als Kampfmittel aber durchaus in Erwägung gezogen (zur Rechtmäßigkeit des Streikens vgl. Kap. 5.4.1). Da es bisher also noch nicht zu Streiks kam, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilen, inwiefern die GG/BO als konfliktfähig bezeichnet werden kann.
5.2.2 Marktmacht
Im Vergleich zur freien Wirtschaft verfügen Inhaftierte im Mittel seltener über nachgefragte Wissensbestände und Fertigkeiten. So haben 45% der Inhaftierten keinen Hauptschulabschluss. Neun Prozent haben die Realschule beendet oder verfügen über einen höheren Abschluss (vgl. Neu, zit. nach ebd.: 80). Außerdem beträgt der Anteil ungelernter Hilfskräfte im Strafvollzug 33%, während dieser im bundesdeutschen Durchschnitt bei 4,9% liegt (vgl. Neu, zit. nach ebd.: 81). Somit ergibt sich die Konkurrenzfähigkeit der Inhaftierten in erster Linie aus den geringen Kosten für ihre Arbeitskraft. In Hinblick auf die Marktmacht sind daher die Konsequenzen einer Lohnerhöhung bzw. einer Einbeziehung in das Sozialversicherungssystem zu diskutieren.
Eine Erhöhung des Arbeitsentgeltes würde vor allem die Vollzugsanstalten und damit die Länderhaushalte treffen, da die Unternehmen i.d.R. bereits Tariflöhne an die Anstalt entrichten (mit einem Abschlag von 20% für eventuelle Mängel). Eine Lohnerhöhung auf 8,50 Euro pro Stunde läge zumeist unter den geltenden Tarifnormen und hätte für die Unternehmen demnach keine spürbaren Konsequenzen. Demgegenüber würde eine Einbeziehung in die Rentenversicherung Mehrkosten für die Unternehmen bedeuten, die sie zu einer Produktionsverlagerung ins Ausland bewegen könnten. Derartige Folgen vermuten auch die Befragten: »Damit rechnen wir halt auch so, dass uns das dann vorgeworfen wird, dass wir für so ’ne Abwanderungstendenz verantwortlich sind, weil wir die staatlich geförderte Billiglohninsel hinter Gittern anprangern« (A: 699ff.). Solch eine Abwanderung von Unternehmen hätte wiederum negative Konsequenzen für die Produktionsmacht der Inhaftierten, da insbesondere die Unternehmerbetriebe Machtpotenziale bieten. Insgesamt bleibt also festzuhalten, dass die Marktmacht der inhaftierten Beschäftigten im Vergleich zum bundesdeutschen Durchschnitt geringer ausfällt.
5.3 Organisationsmacht: fragil, aber wachsend
Vor etwas mehr als einem Jahr haben Inhaftierte nun den Versuch unternommen, diese strukturellen Machtressourcen durch die Gründung einer Gewerkschaft zu bündeln. Aber wie hat sich die GG/BO seitdem auf organisatorischer Ebene entwickelt? Dies soll entlang der einzelnen Indikatoren der Organisationsmacht beschrieben werden.
Mitgliederzahlen. Die GG/BO hat aktuell über 700 Mitglieder in knapp 60 Justizvollzugsanstalten, d.h. rund zwei Prozent aller arbeitenden Inhaftierten sind der Gefangenen-Gewerkschaft bisher beigetreten. Dies lässt erkennen, dass die junge Gewerkschaft nominell noch sehr schwach aufgestellt ist. Allerdings spiegelt sich in dem Außmaß des Mitgliederwachstums ein steiler Anstieg wider, welcher zurzeit nicht abzuflachen scheint: »[…] es vergeht nicht eine Woche, wo nicht irgendwie ein Knast hinzu kommt. Also auch das ist nicht mehr aufhaltbar« (A: 965ff.). In Hinblick auf die bundesweite Verteilung der Mitglieder lässt sich ein Gefälle ausmachen. So ist die GG/BO vorrangig im Land Nordrhein-Westfalen und in den Gebieten südlich des Mains vertreten (vgl. Anhang 7). Die höchsten Organisationsgrade verzeichnen allerdings Berlin (ca. 25%), Ravensburg (ca. 15%) und Landsberg (ca. 15%). Zu den Mitgliedern zählen sowohl inhaftierte als auch nicht inhaftierte Personen und seit Juli 2015 zudem erstmals etwa 25 inhaftierte Frauen der JVA Willich 2. Zu Austritten nach Haftentlassung, wie Schumann es in Zusammenhang mit der Angst vor Selbststigmatisierung befürchtete, kam es bisher nicht. Im Gegenteil: Die ehemals inhaftierten Mitglieder haben eine wichtige Funktion hinsichtlich der Mobilisierung gesellschaftlicher Machtressourcen. So gehört z.B. der aktuelle Sprecher der Gefangenen-Gewerkschaft der Gruppe der ehemals Inhaftierten an. Aber auch andere entlassene Aktivist_innen tragen die Thematik in die Öffentlichkeit, indem sie als Interviewpartner_innen für diverse Medien auftreten. Zusammengefasst ist die nominelle Macht der Gewerkschaft also noch gering, nimmt aber stetig zu.
Infrastrukturressourcen. Die zahlenmäßige Schwäche der GG/BO geht auch mit materieller und personeller Knappheit einher. Die Gewerkschaft finanziert sich über Spenden, Mitgliedsbeiträge und den Verkauf ihrer Gewerkschaftszeitung outbreak. Die erzielten Einnahmen decken jedoch bei weitem nicht die Kosten der Gewerkschaftsarbeit, wie am Beispiel des Versendens der outbreak deutlich gemacht wird: »Wir haben dann Portokosten monatlich von 200, 300 Euro und das allein wird auch über die Mitgliedsbeiträge gar nicht aufgefangen« (A: 1461f.). Zur Verringerung ihrer finanziellen Probleme baut die Gewerkschaft derzeit einen Förderverein auf, wobei es jedoch an personellen Ressourcen mangelt. Zwar ist positiv anzumerken, dass die GG/BO auf gewerkschaftserfahrene Mitglieder zurückgreifen kann, doch beschränkt sich die Gewerkschaftsarbeit bisher auf wenige Aktive. So hat sich noch keine Person gefunden, die die Organisation eines Fördervereins hauptverantwortlich übernehmen könnte. Auch in anderen Bereichen wäre aus Sicht der Befragten eine stärkere Aufgabenteilung effektiver und wünschenswert, aber aufgrund der personellen Knappheit nicht zu realisieren:
»[…] das wäre jetzt eigentlich auch noch mal so ein eigenes Feld, wo sich so zwei, drei Menschen hauptverantwortlich innerhalb der GG/BO, sowohl drinnen als auch draußen, erklären müssten, um dieses Projekt richtig zu lancieren. Bisher passiert alles hier in Berlin von drei, vier Leuten, die alles irgendwie so ’n bisschen machen, vieles natürlich darüber auch nicht richtig oder nicht von A bis Z. Aber in Halle und Leipzig ist es so ’n Kreis von acht, die sich einbringen. […] und dann dieser kleine Soli-Kreis in Köln und ’n kleiner Dortmund, hoffentlich bald einer in Hamburg und hoffentlich bald welche in Bayern und Baden-Württemberg.« (A: 1472ff.)
In den letzten Sätzen des Zitates wird erkennbar, dass die personelle Schwäche teilweise durch gesellschaftliche Machtressourcen kompensiert wird bzw. werden soll. Neben Solidaritätsgruppen zählen auch einzelne Jurist_innen zu den Unterstützer_innen der GG/BO. Dennoch hängt das Funktionieren der Gewerkschaftsarbeit sehr stark von einzelnen Personen ab, welche die Aufgabenfülle nach eigenen Angaben kaum bewältigen können. Bei einem derart kleinen Aktiven-Kern kann das Wegbrechen von Einzelpersonen das Projekt der Gefangenen-Gewerkschaft schnell zum Einsturz bringen. Demnach sind auch die materiellen und personellen Ressourcen der GG/BO als fragil einzuschätzen.
Organisationseffizienz. Auf Bundesebene verfügt die GG/BO über einen Vorstand, der aktuell aus zwei Mitgliedern besteht. Davon übernimmt eine Person die Aufgabe des Rechtssekretärs, die zweite hat die Rolle des Gesamtsprechers der Gewerkschaft inne. Jene Aufgabenteilung resultiert aus den spezifischen Wissensbeständen der Vorstandsmitglieder und wird als wichtig erachtet, um sich gegenüber der Anstaltsleitung, den Gerichten und in der politischen Sphäre erfolgreich durchzusetzen: »[…] eine Reaktion nur auf juristischer Ebene oder nur auf politischer Ebene hätte keinen Erfolg. Man muss auf beiden Ebenen gegenkontern gegen die drei Staatsgewalten« (B: 97f.). Die vorgenommene Schwerpunktsetzung dient also dazu, institutionelle Ressourcen zu erstreiten und zu diesem Zweck gesellschaftliche Ressourcen zu akquirieren. Wie bereits gezeigt, würde eine differenziertere Aufgabenteilung die Organisationseffizienz der GG/BO steigern, was jedoch aufgrund mangelnder personeller Ressourcen derzeit nicht umsetzbar ist.
Auf Ebene der Haftanstalten existieren Sprecher_innen, die vom Bundesvorstand ernannt werden. Sie nehmen eine koordinierende Rolle ein, übernehmen Organizing-Aufgaben und fungieren vor allem als Vermittler_innen zwischen den GG/BO-Mitgliedern der einzelnen Haftanstalten und dem Bundesvorstand in Berlin: »Also wir haben so in der Ebene, dass wir Sprecher einsetzen und mit denen kommunizieren und die kommunizieren mit anderen Gefangenen. Die Organisation läuft so ab« (B: 931ff.). Der Austausch erfolgt aufgrund der haftspezifischen Einschränkungen vor allem über den postalischen Weg, denn Inhaftierte haben keinen oder nur getunnelten Internetzugang und dürfen kein Mobiltelefon besitzen: »Der Großteil der Korrespondenzen läuft tatsächlich langwierig, zäh, über den herkömmlichen postalischen Austausch, mit viel Zeitverlust zwischendurch« (A: 632ff.). Die zeitlich stark verzögerte Kommunikation mindert wiederum die organisatorische Effizienz der Gewerkschaft. Dies wird noch verstärkt durch Postzensur und das Einbehalten von Gewerkschaftskorrespondenz seitens der Anstalt. Um jene Probleme zu umgehen, wird ebenfalls auf gesellschaftliche Machtressourcen gesetzt: »[…] also wir versuchen in bestimmten Regionen Soli-Strukturen aufzubauen, dass da Zeiten verkürzt werden, Korrespondenzwege kürzer sind, dass stärker auch ’n Austausch darüber stattfindet, dass Inhaftierte Aktivist_innen besucht werden« (A: 643ff.). Insgesamt wird die Organisationseffizienz der Gewerkschaft also vor allem durch personelle Engpässe und haftspezifische Barrieren gemindert, wobei gesellschaftliche Ressourcen ein Gegengewicht bilden sollen.
Mitgliederpartizipation. Die GG/BO zeichnet sich durch eine hohe Mitgliederorientierung aus. So beschreibt ein Bundesvorstand seine Aufgabe folgendermaßen: »[…] die aktuell Inhaftierten sind die Stichwortgeber_innen, sind die Taktgeber_innen. Wir sind diejenigen, die das versuchen aufzunehmen, aufzufangen und in irgendeiner Form politisch-gewerkschaftlich zurückzutragen« (A: 302ff.). Hieraus wird ersichtlich, dass die Interessen der inhaftierten Mitglieder als richtungsweisend für die Gewerkschaftspolitik angesehen werden, während sich der Befragte selbst als Mediator definiert, der jene Interessen politisch zu artikulieren hat. Dieses Ideal einer starken Basisorientierung kann jedoch nur begrenzt umgesetzt werden, da der Gewerkschaft zentrale Elemente der Mitgliederpartizipation fehlen. So konnte die GG/BO bisher keine Versammlungsfreiheit durchsetzen, sodass Mitgliederversammlungen nicht einberufen werden können. Zudem haben die Mitglieder derzeit nicht die Möglichkeit, ihre Sprecher_innen selbst zu wählen. Dazu erklärt einer der Befragten:
»Es ist so, dass Sprecher, Sprecherinnen, aufgrund von Korrespondenzen, aufgrund von Referenzen, aufgrund von Eindrücken die man sich holt, von uns autorisiert werden oder halt auch nicht − vom (lacht) Bundesvorstand. Das ist übrigens der ganze Hintergrund, da wir keine Versammlungsfreiheit durchgesetzt haben, müssen wir halt drauf achten, dass uns das GG/BO-Projekt nicht doch von irgendeiner interessierten Inhaftiertenclique aus der Hand genommen wird.« (A: 1299ff.)
Auch hier wird also die Handlungsfähigkeit der Gewerkschaft durch haftspezifische Umstände eingeschränkt, weil einerseits grundlegende Rechte nicht gewährt werden und andererseits die Dominanz von Einzelinteressen bestimmter Inhaftiertengruppen unterbunden werden soll. Allerdings arbeitet die Gefangenen-Gewerkschaft darauf hin, die Versammlungsfreiheit durchzusetzen und Wahlen zu ermöglichen. Derweil wird auf zwei Wegen versucht, einen Austausch mit den Mitgliedern zu gewährleisten. Erstens können die GG/BO’ler_innen ihre Interessen über den Kontakt zu Sprecher_innen einbringen oder den Vorstand direkt adressieren. Zweitens wird die Gewerkschaftszeitung outbreak dazu genutzt, Mitglieder über die Gewerkschaftspolitik zu informieren und zur Beteiligung anzuregen. Zum Beispiel ist im Editorial der zweiten Ausgabe zu lesen:
»Wir haben wiederholt überlegt, wie die outbreak zu einem Organ werden kann, an dem möglichst viele GG/BO-Mitglieder nicht nur passiv teilhaben, sondern sich auch aktiv einbringen können. Eine Aktion in diese Richtung ist die „aktivierende Untersuchung“, mit der wir euch aufrufen, uns eure Arbeitsbedingungen im Knast zu beschreiben […]« (GG/BO 2015: 3)
Über diese zwei Wege, sprich ohne die Gewährung von Versammlungsfreiheit, ist es jedoch kaum möglich, einen geeigneten Diskussionsrahmen zu schaffen, um politische Schwerpunktsetzungen und Vorgehensweisen der Gewerkschaft unter Einbeziehung einer Vielzahl von Mitgliedern auszuhandeln. Durch die Stärkung regionaler Aktivist_innen-Gruppen innerhalb und außerhalb der Haftanstalten soll die Mitgliederpartizipation daher gefördert werden.
Wie hoch die Handlungsbereitschaft der GG/BO’ler_innen einzuschätzen ist, lässt sich folglich nicht anhand der Teilnehmer_innen-Zahlen von Mitgliederversammlungen oder Streiks festmachen. Zwar haben sich in den Haftanstalten noch keine sehr stabilen Aktiven-Kerne herausgebildet (was laut Aussagen der Befragten durch gezielte Verlegungen von Aktivist_innen noch erschwert wird), jedoch gibt es Anhaltspunkte, die auf den Handlungswillen der Inhaftierten schließen lassen. So initiierten z.B. GG/BO-Mitglieder der JVA Landsberg eine Aktion, in deren Rahmen GG/BO-Sticker gedruckt und verteilt wurden. Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass die Partizipationsmöglichkeiten der Mitglieder vorwiegend aufgrund der nicht gewährten Versammlungsfreiheit eingeschränkt sind, wogegen die GG/BO vorzugehen versucht. Handlungsbereitschaft scheint jedoch in Teilen vorhanden zu sein.
Innere Kohäsion. Laut Schumann bildet die Fraktionierung der Inhaftiertenpopulation ein bedeutendes Hindernis für die Bildung einer Gefangenen-Gewerkschaft. Dieses Problem nehmen auch die Befragten wahr und versuchen, es durch die Förderung einer kollektiven Identität als Gewerkschafter_in zu verringern. Dazu werden vorrangig drei Mittel eingesetzt: Erstens wurden die Kernforderungen ganz bewusst auf die Punkte Mindestlohn und Rentenversicherung reduziert, denn diese Interessen werden aus Sicht der Befragten von der Mehrheit der Inhaftierten geteilt. Über diese Zielsetzungen kann sich also ein Großteil der Häftlinge, unabhängig von der jeweiligen Gruppenzugehörigkeit, mit der GG/BO identifizieren. Gleichzeitig bietet der minimal gehaltene Forderungskatalog wenig Angriffsfläche für Kritik. Diese Taktik scheint die gewünschte Wirkung zu zeigen, so erklärt der Befragte A:
»[…] nach dem, was ich dann so in Tegel erlebt habe − das ist wirklich so das Positive − gibt es keine interne Konfliktlage; dass es dann so ’n Strömungskampf gäbe oder geben kann. Sondern ganz im Gegenteil: […] aufgrund dieser Kernforderungen […] haben wir in der Hinsicht auch ’ne Form von punktueller Vereinheitlichung, von Zusammengehen.« (A: 1284ff.)
Auch der Befragte B beschreibt eine hohe innere Kohäsion: »Also bei der Zielsetzung haben wir die Erfahrung gemacht, dass fast keiner gegen diese Zielsetzung war. Alle wollen erst mal diese Hauptpunkte haben« (B: 699f.). Dennoch gibt es Gruppen von Inhaftierten, die der GG/BO eher skeptisch gegenüber stehen. Dabei handelt es sich u.a. um Inhaftierte mit höherem Arbeitsstatus: »Es gab Gefangene die erst mal gegen die GG/BO waren […] Das sind auch manche, die hier als Vorarbeiter eingestellt sind in den Betrieben. Die sind […] gegen die Gewerkschaft. Die denken, das bringt nichts« (B:739ff.). Neben diesen zwei Kernforderungen soll zweitens eine strategische Wortwahl dazu verhelfen, Trennungslinien innerhalb der Inhaftiertenpopulation zu überwinden und eine gemeinsame Identität als Gewerkschafter_in zu schaffen. So äußert einer der Befragten: »Das ist ja auch unser Punkt, dass wir auch nicht mit solchen Begrifflichkeiten arbeiten wie sozialer Gefangener, politischer Gefangener, revolutionärer Gefangener, freier Gefangener. Es gibt ja ’n ganzen Modellkasten. Unsere Form ist viel einfacher: Gewerkschafter_in hinter Gittern« (A: 589ff.). Drittens spielen die Mitgliedsausweise eine bedeutende Rolle. Jene fördern die Entwicklung einer kollektiven Identität, da sie die Gruppenzugehörigkeit in einer materialisierten Form abbilden und diese somit nach außen leicht demonstrierbar machen. Dazu erzählt einer der Befragten: »[…] wir haben nämlich Ausweise […] das ist dann schon ’n ganz, ganz wichtiger Faktor, wenn dann inhaftierte Menschen dann anhand dieses Dokuments belegen, sowohl nach innen in die Gefangenenschaft hinein, „Ich bin GG/BO’ler_in“, und natürlich auch gegenüber dem Apparat« (A: 911ff.). Insgesamt ist also aktuell von einer recht hohen inneren Kohäsion auszugehen, welche durch verschiedene Strategien noch gestärkt werden soll.
Organisatorische Flexibilität. Inwieweit die GG/BO die Fähigkeit zu organisatorischer Flexibilität besitzt, kann derzeit nicht tiefer gehend beschrieben werden, da sich die Organisation erst im Aufbau befindet und die Bemühungen zunächst einmal darauf gerichtet sind, vorhandene Strukturen zu stabilisieren. Zumindest lässt sich feststellen, dass nach verschiedenen Wegen gesucht wird, trotz des behindernden Verhaltens der Anstaltsleitungen Organizing im Strafvollzug zu betreiben. Dies geschieht z.B. über die Gewerkschaftszeitung outbreak, über Unterschriftenaktionen oder die mediale Bekanntmachung der GG/BO. Mit der negativen Haltung der Anstaltsleitungen und der Nicht-Gewährung von Versammlungsfreiheit werden bereits Punkte angesprochen, die auf einen Mangel an institutionellen Machtressourcen verweisen. Im Folgenden soll noch einmal näher auf diesen Bereich der Macht eingegangen werden.
5.4 Institutionelle Macht: umkämpft
Wenn institutionelle Macht als das Ergebnis von Kämpfen zwischen Arbeit und Kapital zu verstehen ist, dann kann gesagt werden, dass die GG/BO diese Kämpfe erst noch zu führen hat. Um dies näher zu erläutern, muss zuerst die aktuelle Debatte zur Koalitionsfreiheit im Strafvollzug umrissen werden. Danach sind das Verhalten der Anstaltsleitungen und die Haltung politischer Akteur_innen zu betrachten.
5.4.1 Positionen im Rechtsstreit um die Koalitionsfreiheit von Inhaftierten
In Art. 9 Abs. 3 GG wird für jede Person und alle Berufe das Recht eingeräumt, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Koalitionen zu bilden. Zum Schutz dieses Grundrechts wird hinzugefügt: Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig und hierauf gerichtete Maßnahmen rechtswidrig. Das hier formulierte Grundrecht erlaubt es Arbeitnehmer_innen, sich zu Gewerkschaften zusammenzuschließen.
Wie bereits erwähnt, besteht Uneinigkeit darüber, inwieweit Strafgefangene sich auf den Art. 9 Abs. 3 GG beziehen dürfen. Diese Frage wurde durch die Gründung der GG/BO neu aufgeworfen und wird aktuell diskutiert. Gegner_innen erklären, dass Strafgefangene keine freien Arbeitnehmer_innen sind, sondern in einem öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis stehen. Daher dürfen sie ihrer Ansicht nach keine Gewerkschaften gründen. In diesem Sinne antwortet die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz Berlin auf eine kleine Anfrage:
»[…] durch die Formulierung „für jedermann und für alle Berufe“ [wird] die Grundrechtsträgerschaft untrennbar mit dem Merkmal einer Berufsangehörigkeit verbunden. […] was im Hinblick auf den besonderen Regelungsgehalt des Art. 9 Abs. 3 GG weiter auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer eingeengt ist. […] Aufgrund der Besonderheiten der Beschäftigungs-verhältnisse [sic!] der Strafgefangenen ist insoweit von einer fehlenden Arbeitnehmereigenschaft auszugehen, sodass der persönliche Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 3 GG hier von vornherein nicht eröffnet ist.«
Dagegen argumentieren Befürworter_innen der Koalitionsfreiheit von Inhaftierten, dass auch andere Berufsgruppen in einem öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis stehen und dennoch die Möglichkeit haben, sich zu Gewerkschaften zusammenzuschließen. So erzählt einer der Befragten:
»Jetzt wissen wir ja auch, dass Beamt_innen auch einem Sonderrecht unterliegen. Ihnen wird auch die Arbeit zugeteilt, zugewiesen. Sie werden von A nach B verschoben. Denen würde man ja auch nicht absprechen wollen, dass sie sozialversicherungspflichtig abgeschirmt sind, dass sie nach Tarifen bezahlt werden und einiges mehr. Da greift für uns der Gleichbehandlungsgrundsatz.« (A: 384ff.)
Ohne die Möglichkeit, sich auf Art. 9 Abs. 3 GG berufen zu können, darf die GG/BO weder Tarifverhandlungen führen noch rechtmäßig streiken. Eine Entscheidung über diese Frage ist also grundlegend für ihre Handlungsfähigkeit als Gewerkschaft. Dahingehend wurden in den letzten Monaten bereits gerichtliche Aussagen getroffen. So erkannte das Kammergericht in Berlin die GG/BO nicht als Gewerkschaft an. In einem Schreiben vom Juni 2015 wurde diesbezüglich geäußert: »Eine Verletzung von Art. 9 Abs. 3 GG kommt schon deshalb nicht in Betracht, da die Beschwerdeführerin keine Vereinigung im Sinne dieses Grundrechts ist« (Anhang 8a). Hingegen entschied das Oberlandesgericht in Hamm, dass Inhaftierte das Recht haben, sich im Rahmen einer Gefangenen-Gewerkschaft zu organisieren. Hier wird geschrieben: »Die Grundrechte der Vereinigungs- bzw. Koalitionsfreiheit sind − von Art. 9 Abs.2 GG abgesehen − vorbehaltlos gewährleistet und gelten auch im Bereich des Strafvollzuges« (Anhang 9). Dieses Urteil hat positive Folgen für die Handlungsfähigkeit der GG/BO in Nordrhein-Westfalen und könnte sich auch in kommenden gerichtlichen Auseinandersetzungen zu Gunsten der Gefangenen-Gewerkschaft auswirken.
Grundsätzlich ist aber festzustellen, dass bisher keine Einigkeit darüber besteht, ob sich Inhaftierte auf das Recht der Koalitionsfreiheit berufen dürfen, d.h. selbst diese wesentliche institutionelle Machtressource wird im Kontext Strafvollzug in Frage gestellt.
5.4.2 Haltung der Anstaltsleitungen
Wie im Machtressourcenansatz beschrieben, kann die Haltung der Kapitalseite die institutionelle Macht zusätzlich schwächen. Im Kontext Strafvollzug nehmen die Landesregierungen zugleich die Rolle der Arbeitgeberinnen ein. Erfahrbar wird deren Haltung für die Inhaftierten auf Ebene der Haftanstalten. Daher soll zuerst das Verhalten der Anstaltsleitungen betrachtet werden, bevor dann die Haltung der parteipolitischen Akteur_innen im Allgemeinen beleuchtet wird.
Die Anstaltsleitungen erkennen die GG/BO nicht als Gewerkschaft an, stattdessen lassen sich in verschiedenen Bereichen Bemühungen erkennen, die Arbeit der Gefangenen-Gewerkschaft zu behindern. So kam es, wie bereits erwähnt, während des Gründungsprozesses zu Beschlagnahmungen von GG/BO-Material, wogegen die Gewerkschaft gerichtlich vorging. Zunächst wurde ihre Klage mit der Begründung abgewiesen, dass sie als nicht rechtsfähiger Verein keine Anträge auf gerichtlichen Entscheid stellen darf. Nachdem seitens der Gefangenen-Gewerkschaft darauf verwiesen wurde, dass Gewerkschaften außerhalb des Strafvollzuges ebenfalls die Form nicht rechtsfähiger Vereine besitzen und dennoch klagen und verklagt werden können, wurde der Antrag vom Kammergericht Berlin zugelassen und die beschlagnahmten Unterlagen mussten ausgehändigt werden. Hier konnte sich die GG/BO also auf institutionelle Ressourcen berufen, die bereits früher von Gewerkschaften erkämpft wurden. Eine weitere Reaktion der Anstaltsleitungen besteht in dem Einbehalten von Postsendungen mit GG/BO-Material (u.a. Flyer, Mitgliedsausweise, Exemplare der Zeitschrift outbreak, Mitgliedsanträge) und der Zensur von Gewerkschaftskorrespondenzen. Dagegen ging die Gefangenen-Gewerkschaft ebenfalls gerichtlich vor und erreichte so, dass GG/BO-Post in der JVA Tegel, nach Angaben des Befragten B, nun zeitnah ausgehändigt wird. Andere Vollzugsanstalten behalten jedoch weiterhin Post ein, wogegen ebenso geklagt wird. Außerdem versuchen einige Anstaltsleitungen, die Mitgliederwerbung auf dem Vollzugsgelände einzuschränken. So wurde bspw. einem Busfahrer der JVA Tegel untersagt, während der Arbeit Mitgliedsanträge auszuteilen. Dieses Verbot wurde vom Kammergericht Berlin bestätigt, mündliche Werbung ist jedoch erlaubt (vgl. Anhang 8b). Letztlich wenden die Vollzugsbeamt_innen nach Aussagen der Befragten auch gezieltes Unter-Druck-Setzen von GG/BO-Mitgliedern an. Dazu wird erzählt:
»[…] in bestimmten Anstalten […] dass brachialst gegen unsere Aktivisten im Grunde vorgegangen wird, das sind diese Zellenrazzien, das sind diese Leibesvisitationen, das ist das Stigmatisieren durch diese Übergriffe − für mich sind das halt Übergriffe auf Personen − die staatlicherseits eintreten, andere wiederum abzuschrecken. Das gelingt mal mehr mal weniger« (A: 1381ff.)
Zudem werden den GG/BO-Mitgliedern häufig Lockerungen im Vollzugsplan vorenthalten: »[…] für jeden Inhaftierten heißt ja GG/BO-Mitgliedschaft im Grunde ’ne zweite Verurteilung Richtung TE − TE steht für Terminende − dass ohne jegliche Vollzugslockerung die Menschen ihr Haftende bis zum letzten Tag absolvieren« (A: 994ff.). Stark von derartigen Methoden betroffen ist der Befragte B. Auch ihm wurden Lockerungen verweigert. Außerdem wurde er von seinem Studium abgelöst, nachdem er gegen die JVA Würzburg geklagt hatte. Diese stellte Nachforschungen über den Kläger an und kontaktierte daraufhin die JVA Tegel. Dazu erzählt der Befragte:
»[…] dann haben sie rausgekriegt: Ah, der studiert ja an der Fern-Uni. Dann haben sie sich ohne meine Genehmigung, […] ohne die datenschutzrechtlichen Sachen, sich eingeklickt in meinen Ordner. Dort haben sie ‘runtergeladen, was ich mit anderen Mitstudenten kommuniziere. […] Dann haben sie gesehen: Ah, der schreibt über Gewerkschaft dort. Dann haben sie die Sachen runtergeladen und hier JVA Tegel geschickt. […] Dann hab ich hier das Verbot [Ablösung vom Studium] gekriegt, erst mal. Die haben mir das Internet gesperrt, die haben mir Verbot gegeben, die haben komplett alles [Computer, Schreibmaschine u.Ä.] weggenommen Anfang März 2015 und haben gesagt ich hätte den missbraucht (lacht).« (B: 569ff.)
An den ausgewählten Beispielen wird deutlich, dass das Mächteungleichgewicht zwischen Vollzugsbeamt_innen und Inhaftierten ersteren weitreichende Handlungsspielräume eröffnet, um Häftlinge unter Druck zu setzen und z.T. erfolgreich von einer Tätigkeit im Rahmen der Gefangenen-Gewerkschaft abzuhalten.
Zusammenfassend lässt sich somit erkennen, dass viele Handlungen, die für Gewerkschaften außerhalb von Haftanstalten selbstverständlich und problemlos realisierbar sind, im Kontext Strafvollzug von den Anstaltsleitungen beschränkt werden können. Zudem haben Vollzugsanstalten hinsichtlich des Unter-Druck-Setzens von Gewerkschaftsmitgliedern mehr Handlungsmöglichkeiten als Arbeitgeber_innen des freien Arbeitsmarkts. Zwar kann sich die GG/BO teilweise auf Institutionen der Judikative stützen, um ihr Handlungsvermögen zu erweitern, insgesamt bleibt dieses aktuell dennoch sehr beeinträchigt. Darüber hinaus hat das Verhalten der Anstaltsleitungen wiederum negative Auswirkungen auf die Organisationsmacht der Gefangenen-Gewerkschaft (vgl. Kapitel 5.3).
5.4.3 Haltung politischer Akteur_innen
Letztlich wird die Entscheidung über eine Einbeziehung in den gesetzlichen Mindestlohn und die Rentenversicherung aber in den Parlamenten getroffen. Wie sieht es also mit den Einflusschancen der GG/BO auf parteipolitischer Ebene aus?
Die Reaktionen politischer Akteur_innen fallen sehr unterschiedlich aus. Die organisationsmächtigeren Parteien zeigen eine eher ablehnende Haltung und gehen teilweise aktiv gegen die GG/BO vor, wie am Beispiel des Landes Rheinland-Pfalz deutlich wird:
»[…] untypische oder nicht untypische rot-grüne Regierung in Rheinland-Pfalz, dort gibt es, auch bestätigt über Presseanfragen des Stern − […] da ist uns klipp und klar gesagt worden, es gibt ’ne Anweisung vom Justizministerium, der Justizminister von der SPD hat alle Anstaltsleiter_innen zusammengetrommelt und die Direktive ausgegeben: GG/BO gibt’s in rheinland-pfälzischen Knästen nicht, blockiert das.« (A: 664ff.)
Hier wird die GG/BO von der Landesregierung also eindeutig nicht als Verhandlungspartnerin akzeptiert. Unterstützung erhält sie demgegenüber tendenziell von den Parteien Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. So stellten Abgeordnete dieser Parteien im Land Berlin kleine Anfragen zu Gunsten der Gefangenen-Gewerkschaft. Sie hinterfragten die Haltung der Berliner Verwaltung für Justiz und Verbraucherschutz zur Vereinigungsfreiheit von Inhaftierten und thematisierten das Vorgehen der JVA Tegel gegen die GG/BO. Auch seitens der Piraten gibt es Sympathisant_innen, die die GG/BO auf verschiedenen Wegen unterstützen: »[…] also beispielsweise auch ganz massiv von den Piraten aus Nordrhein-Westfalen. Also […] der rechtspolitische Sprecher der Piraten […] dass er sich mit mir − mit uns trifft, den direkten Austausch sucht, dass er kleine parlamentarische Anfragen stellt, die uns sehr entgegenkommen« (A: 322ff.). Eine erste Wirkung zeigten die Forderungen der GG/BO im Rahmen der Justizminister_innen-Konferenz, welche am 18. Juni 2015 in Stuttgart stattfand. Hier wurde beschlossen, dass der Strafvollzugsausschuss der Bundesländer die Möglichkeit einer Rentenbeitragszahlung von Inhaftierten und Sicherungsverwahrten untersuchen soll. Dazu merkt der Befragte A jedoch kritisch an: »[…] ich gehe davon aus, dass sie auch versuchen werden, die Rentenfrage zu schieben, zu schieben, zu schieben, in eine weitere Kommission abzustellen, damit das Thema über diesen Weg halt einfach ausläuft und aufgrund unserer nachlassenden Kondition irrelevant wird« (A: 515ff.). Die Ergebnisse des Strafvollzugsausschusses sollen zur Justizminister_innen-Konferenz im November präsentiert werden.
Von einigen Abgeordneten erhält die GG/BO also Zuspruch. Daraus können sich Ansatzpunkte ergeben, um die gewerkschaftlichen Anliegen in die Länderparlamente zu tragen. Diese Unterstützung ist jedoch nicht flächendeckend, sondern nur in einzelnen Bundesländern vorhanden. Zudem bleiben die bundesweit einflussreicheren Parteien auf Distanz. Auf breite politische Unterstützung und Anerkennung trifft die Gefangenen-Gewerkschaft also bisher keineswegs. Die Ergebnisse des Strafvollzugsausschusses bleiben abzuwarten. Da die GG/BO demnach erst einmal um institutionelle Einflussnahme kämpfen muss, stellt sich die Frage nach der Fähigkeit zur Ausschöpfung institutioneller Machtressourcen unter Wahrung von Autonomie noch nicht.
5.5 Gesellschaftliche Macht: Stärkung, Schutz und Druckmittel
Da bereits in den vorangegangenen Kapiteln mehrmals auf gesellschaftliche Machtressourcen verwiesen wurde, dürfte erkennbar sein, dass dieser Bereich der Lohnabhängigenmacht eine besondere Bedeutung für die GG/BO hat. Um dies zu spezifizieren, soll nun untersucht werden, über welche Netzwerke die Gefangenen-Gewerkschaft verfügt und wie sie vorgeht, um ihre Themen wirkungsvoll in der öffentlichen Debatte zu platzieren.
5.5.1 Kooperationsmacht
Bereits zu Beginn des Gründungsprozesses hatte der Befragte A zu sozialen Akteur_innen außerhalb der Haftanstalt Kontakt aufgenommen, um das Ausmaß gesellschaftlicher Unterstützung, sprich gesellschaftlicher Machtressourcen, abzuwägen. Obwohl die angefragten Personen die Realisierung einer wirksamen Hilfestellung zunächst kritisch sahen, bildeten sich bald nach der Gründung die ersten Unterstützer_innen-Kreise, welche primär Pressearbeit übernahmen. Zu den engsten Kooperationspartner_innen der GG/BO zählen die Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union (FAU) und die Rote Hilfe. Außerdem arbeitet die Gefangenen-Gewerkschaft mit dem Komitee für Grundrechte und Demokratie sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe zusammen. Sie ist weiterhin Mitglied im Netzwerk STOP Union Busting und will die Zusammenarbeit mit Organisationen, wie Prison Watch und der Interessenvertretung Inhaftierter (Iv.I), intensivieren. Auch zu internationalen Organisationen, wie dem Europäischen Gewerkschaftsbund, bestehen Kontakte. Dies sollen nur einige Beispiele sein, um zu verdeutlichen, dass die tragfähigsten Kooperationszusammenhänge aus dem linkspolitischen und basisgewerkschaftlichen Spektrum stammen, das Kontaktnetz jedoch darüber hinaus geht.
Bei der Herausbildung dieser Kooperationen spielte der Befragte A eine zentrale Rolle. Da er in basisgewerkschaftlichen Strukturen aktiv ist, verfügt er über ein entsprechendes soziales Netz und fungiert als bridge builder. So erzählt er: »Es lief fast durch die Bank alles über meine früheren oder aktuellen Kontakte draußen« (A: 606f.). Jene Kooperationen sind für die GG/BO äußerst relevant, weil darüber die fragile Organisationsmacht gestärkt wird. Dies geschieht durch den Rückgriff auf finanzielle und personelle Ressourcen der Bündnispartner_innen, wie an folgender Aussage deutlich wird: »Es gibt so zwei Politstrukturen, das ist zum einen die Rote Hilfe, die das sehr schnell mitgetragen hat, bspw. auch finanziell, und das ist die FAU, die den Support draußen organisiert hat mit überhaupt erst mal ’ner Präsenz an ihren Strukturen« (A: 309ff.). Dabei beinhaltet die personelle Unterstützungsleistung nicht nur Pressearbeit, sondern auch die Stärkung bei Auseinandersetzungen vor Ort, z.B. durch Kundgebungen. Somit verhelfen die Bündnispartner_innen dazu, die GG/BO im öffentlichen Raum sichtbar zu machen. Dies ließe sich aufgrund der haftspezifischen Einschränkungen andernfalls nur schwer realisieren. Jedoch bleibt die Anzahl der Kundgebungsteilnehmer_innen und folglich die politische Wirksamkeit der Kundgebungen sehr begrenzt. Auch die Unterstützer_innen-Kreise sind erst punktuell vorhanden. Daher lenkt die GG/BO ihre Bemühungen verstärkt darauf, die Kooperationszusammenhänge zu stabilisieren und zu erweitern. Vor allem sucht sie Kontakt zu den Gewerkschaften des DGB. Erste Gespräche mit ver.di fanden bereits statt, Solidaritätserklärungen erhielt die GG/BO von den Jugendgruppen der Gewerkschaften ver.di und GEW. Langfristig zieht die Gefangenen-Gewerkschaft eine Zugehörigkeit zum DGB in Erwägung. Auf diese Weise könnte sie ihre Chance, Druck in der politischen Sphäre aufzubauen, wesentlich steigern.
An dieser Stelle soll noch erwähnt werden, dass das Verfügen über Bündnispartner_innen nicht nur hinsichtlich der personellen Unterstützung und der politischen Einflussnahme wichtig ist. Auch für das Engagement der inhaftierten Mitglieder ist das Erleben von gesellschaftlichem Beistand bedeutungsvoll:
»Wenn ich das jetzt mal absolut herunter breche auf die Lebenssituation eines Inhaftierten, können wir davon ausgehen, dass zwei Drittel plus x aller Inhaftierten, was so soziale Kontaktstränge anbelangt, völlig verarmt sind und es für die förmlich ein Neuerleben von Zwischenmenschlichkeit ist, mitzubekommen, […] dass sich Menschen außerhalb ihres Knastareals für sie interessieren. Das ist für nicht wenige Menschen […] ’ne Form von Wiedererwachen, von Momenten von: Ich bin ja doch irgendwie − in Anführungszeichen − was wert, sonst würden sich ja diese Menschen nicht für mich interessieren. Jetzt engagier‘ ich mich auch noch und merke, es gibt Menschen, die sich auch engagieren.« (A: 579ff.)
Hierin wird erkennbar, dass das Erfahren von gesellschaftlicher Unterstützung die soziale Isolation von Inhaftierten aufbricht, woraus sich wichtige motivationale Effekte für die Gewerkschaftstätigkeit ergeben.
Insgesamt zeigt sich, dass die GG/BO über ein relativ weites Kontaktnetz und eine Auswahl tragfähiger Bündnisse verfügt, die die Organisationsmacht der Gefangenen-Gewerkschaft bedeutsam stützen. Zudem betreibt sie eine sehr aktive Netzwerkpolitik, um ihre Kooperationszusammenhänge zu stärken und zu erweitern. Hierbei wäre insbesondere eine Zusammenarbeit mit Organisationen von Bedeutung, die sich durch ein größeres Ausmaß an politisch-institutionellen Einflussmöglichkeiten auszeichnen, denn darüber verfügen die engeren Bündnispartner_innen der GG/BO kaum. So wäre eine Eingliederung in den DGB äußerst hilfreich, um die Anerkennung der Gefangenen-Gewerkschaft seitens der Landesregierungen zu fördern.
5.5.2 Diskursmacht
Die GG/BO verfügt nicht nur über Kontakte zu Bündnispartner_innen sondern auch zu verschiedenen Medien: »[…] und dann ist es auch so, dass ich aufgrund meines Kontaktnetzes einfach auch zum Glück Journalist_innen kenne, die diesem Projekt sehr aufgeschlossen gegenüberstehen« (A: 307f.). Dies ist hilfreich, um erfolgreich in öffentliche Debatten eingreifen zu können. Dabei kann die Meinungsführerschaft jedoch nur dann gewonnen werden, wenn die gewerkschaftlichen Anliegen von der Bevölkerung als gerecht empfunden werden. Es muss also gefragt werden, inwieweit die GG/BO versucht, an vorherrschende Gerechtigkeitsvorstellungen anzuknüpfen.
Wie anhand einer Formulierung aus der Gründungserklärung ersichtlich wird, geschieht dies im Wesentlichen über die Skandalisierung der Arbeitsbedingungen im Strafvollzug:
»Die Arbeitskraft Gefangener wird verramscht. […] Mit dem staatlich gebilligten und vor allem geförderten Sozial- und Lohndumping hinter den Knasttoren wird offensiv geworben, um den „Wirtschaftsstandort Knast“ besonders attraktiv erscheinen zu lassen. Unsere inhaftierten Kolleg_innen sind von Mindest- oder gar Tariflöhnen ebenso ausgenommen, wie von der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder einer Rentenversicherungspflicht. Insbesondere die Nicht-Einzahlung in die Rentenkasse führt nach einer mehrjährigen Haftzeit geradewegs in die Altersarmut. Der so genannte Resozialisierungsgedanke aus dem StVollzG ist völlig pervertiert […]«
Aus dem Zitat geht hervor, dass die Schwerpunkte hinsichtlich der problematisierten Arbeitsbedingungen bei der Entlohnung (»Lohndumping«) und der mangelnden Sozialversicherung (»Sozialdumping«) liegen. Erstere, die Lohnverhältnisse, werden durch die Anwendung einer Kritik der Ausbeutung skandalisiert. Jene Form der Kritik knüpft an eine Gerechtigkeitsvorstellung an, die sich am Leistungsprinzip orientiert (vgl. Dubet 2008: 23ff.). Dieses Leistungsprinzip basiert auf den Austauschbeziehungen zwischen Arbeitskraft und Einkommen. Hierbei werden Leistungen und Gegenleistungen anhand einer bestimmten Leistungsauffassung gemessen und verglichen. Das Empfinden von Ungerechtigkeit entspringt folglich dem Eindruck, dass ein Missverhältnis zwischen der erbrachten Arbeitsleistung und der erfolgten Gratifikation besteht. Dabei verweist das Gefühl der Ausbeutung auf eine Logik, der zufolge die Arbeiter_innen des durch ihre Arbeit geschaffenen Reichtums beraubt werden. Dieses Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Entlohnung zeigt sich in der Formulierung: »Die Arbeitskraft Gefangener wird verramscht«. Zudem wird auf die Begünstigten der billigen Arbeitskraft verwiesen, also auf die Aneigner_innen des geschaffenen Reichtums. Genannt werden der Staat und die freie Wirtschaft, wobei ersterem die Schuld zugeschrieben wird (»staatlich gebilligt[] und gefördert[]«). Die geringen Kosten für die Arbeitskraft der Inhaftierten sind mit den geltenden Regelungen zur Sozialversicherung verknüpft. Mit der Kritik an mangelnden Sozialstandards wird aber noch ein zweites Gerechtigkeitsprinzip angesprochen, nämlich das Prinzip der sozialen Gleichheit (vgl. ebd.: 18ff.). Hierbei geht es nicht um eine absolute Gleichheit, denn es gibt durchaus Ungleichheiten die als gerecht empfunden werden können. Als ungerecht kritisiert werden in erster Linie diejenigen Ungleichheiten, die zum Ausschluss aus der sozialen Gemeinschaft führen. Solch eine Argumentationslinie findet sich im Verweis auf die drohende Altersarmut für Langzeitinhaftierte. Zudem wird angeführt, dass die geltenden Regelungen zur Entlohnung und Sozialversicherung eine resozialisierungsfeindliche Wirkung haben, womit die Verunmöglichung einer gesellschaftlichen Reintegration betont wird (»Der sogenannte Resozialisierungsgedanke […] ist völlig pervertiert«).
Die GG/BO bietet hinsichtlich der identifizierten Missstände also Deutungsrahmen an, die an das Leistungsprinzip und das Prinzip sozialer Gleichheit anknüpfen. In diesem Zusammenhang kann auch von diagnostical framing gesprochen werden. Gewerkschaften müssen aber auch Lösungen der benannten Probleme aufzeigen können, was als prognostical framing bezeichnet wird. Mit der Forderung nach einer Einbeziehung arbeitender Inhaftierter in den gesetzlichen Mindestlohn formuliert die GG/BO einen Lösungsansatz, den sie geschickt in den Kontext der Mindestlohndebatte platziert. Dazu äußert einer der Befragten: »Taktisch halte ich es aktuell für klüger, sich im Windschatten dieser Mindestlohndebatte zu bewegen« (A: 357f.). Schließlich ist es noch wichtig, dass Gewerkschaften einen motivierenden Rahmen schaffen, also die Fähigkeit zum motivational framing besitzen. Die GG/BO versucht dies, indem sie juristische Teilerfolge oder Solidaritätsbekundungen über die Zeitschrift outbreak kommuniziert. Es wird jedoch kritisch angemerkt, dass hinsichtlich der Kernforderungen in nächster Zeit Erfolge errungen werden müssen: »[…] wir werden in den nächsten eins, zwei Jahren […] an der Frage der Rentenversicherung […] handfeste Erfolge vorweisen müssen, weil wir sonst letztlich auch an Glaubwürdigkeit verlieren« (A: 506ff.). Im Verständnis des Machtressourcenansatzes geht es also darum, narrative Ressourcen zu erneuern, um nicht an Mobilisierungskraft zu verlieren.
Die Themen der GG/BO wurden zuerst von den Zeitungen TAZ und neues deutschland aufgegriffen, anschließend aber auch von Die Welt, stern, arte, dem SWR, der Berliner Morgenpost und anderen Regionalzeitungen veröffentlicht. Diese mediale Unterstützung ist für die Gefangenen-Gewerkschaft von enormer Wichtigkeit, um die handlungseinschränkenden Maßnahmen der Anstaltsleitungen zu verringern. Denn das Vorgehen der Anstaltsleitungen wird aufgrund seiner Veröffentlichung einer gewissen Form von gesellschaftlicher Kontrolle ausgesetzt. Dadurch bieten die Medien einen − wenn auch nicht umfassenden − Schutz für die GG/BO: »[…] und der zweite Punkt ist, dass wir medial versuchen weiterhin ’ne Präsenz zu haben. Das ist ein ganz, ganz großer Schutzfaktor« (A: 978f.). Gleichzeitig kann die Gefangenen-Gewerkschaft über das mediale Interesse auch verstärkt öffentlichen Druck ausüben. So wird erzählt: »Es vergeht auch nicht eine Presseanfrage, wo nicht in irgendeiner Weise Menschen aus den Justizministerien oder dem DGB auf uns reagieren müssen, wenn entsprechende Anfragen kommen« (A: 486ff.). Doch auch der Informationsfluss zwischen Inhaftierten und der Öffentlichkeit kann teilweise durch die Anstaltsleitungen eingeschränkt werden. Daher spielen gerade die ehemals inhaftierten GG/BO-Aktivist_innen eine wichtige Rolle bei der Mobilisierung gesellschaftlicher Machtressourcen.
Die GG/BO schafft es also, mittels persönlicher Kontakte und durch geschicktes Framing in verschiedenen Medien präsent zu sein. Dies stellt ein wichtiges Schutz- und Druckmittel dar, d.h. dem Mangel an institutionellen Ressourcen kann darüber ansatzweise entgegengewirkt werden. Jedoch ist zu bedenken, dass mediales Interesse nicht beständig ist, sondern stets Schwankungen unterliegt.
6 Fazit
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, das Handlungsvermögen der Gefangenen-Gewerkschaft/ Bundesweite Organisation mit Hilfe des Jenaer Machtressourcenansatzes zu untersuchen. Diesbezüglich wurde die Hypothese aufgestellt, dass die Stärke der GG/BO im Bereich der gesellschaftlichen Macht liegt, während ihre Machtmittel auf struktureller und institutioneller Ebene eingeschränkt sind. Die ermittelten Ergebnisse sollen nun noch einmal zusammengetragen werden.
Im Vorfeld der Machtressourcen-Analyse wurde der gewerkschaftliche Organisationsprozess beleuchtet. Dabei konnte festgestellt werden, dass die Gründung der Gefangenen-Gewerkschaft mit der Wahrnehmung zweier Missstände verbunden war: die mangelhafte Sozialversicherung von Inhaftierten und das niedrige Arbeitsentgelt. Darauf basierend entstand die Idee, sich im Rahmen einer Gewerkschaft zu organisieren. Von zwei Inhaftierten am 21. Mai 2014 gegründet, gewann die GG/BO mit ihren Forderungen nach der Einbeziehung von arbeitenden Inhaftierten in die Rentenversicherung und den gesetzlichen Mindestlohn schnell Sympathisant_innen unter den Insassen der JVA Tegel. Nach der Verbreitung von Unterschriftenlisten und der Veröffentlichung einer Presseerklärung kam es zur ersten Gegenwehr der Anstaltsleitung. Nichtsdestotrotz konnte die Gefangenen-Gewerkschaft ihre Aktivitäten fortsetzen und gewann dank zunehmender Presseberichte auch in anderen Haftanstalten mehr und mehr Mitglieder. Heute ist die GG/BO in 60 Vollzugsanstalten mit über 700 Mitgliedern vertreten.
Während dieser Zeit konnte die Gefangenen-Gewerkschaft erste Erfolge erzielen. Dazu zählt in erster Linie das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm zur umstrittenen Koalitionsfreiheit von Inhaftierten. Hierin wurde Strafgefangenen das Recht zugesprochen, sich im Rahmen einer Gefangenen-Gewerkschaft zu organisieren. Dies stärkt die Vereinigungsfreiheit von Inhaftierten und die Handlungsfähigkeit der GG/BO im Land Nordrhein-Westfalen. Außerdem kann sich das Urteil in weiteren gerichtlichen Auseinandersetzungen zu Gunsten der GG/BO auswirken. Darüber hinaus fand die Frage der Rentenversicherung von Gefangenen Eingang in die halbjährlich stattfindende Justizminister_innen-Konferenz. Dazu wurde festgelegt, dass der Strafvollzugsausschuss der Länder die Möglichkeit einer Rentenbeitragszahlung von Inhaftierten bis November 2015 prüfen soll. Schließlich ist anzuerkennen, dass die GG/BO trotz haftspezifischer Schwierigkeiten ein stetiges Mitgliederwachstum verzeichnet. Zu diesen Erfolgen trugen vorrangig gesellschaftliche Machtressourcen bei. So gelang es der Gefangenen-Gewerkschaft, dank persönlicher Kontakte und einer wirksamen Framing-Strategie, medial präsent zu sein und öffentlichen Druck zu erzeugen. Auch Kooperationspartner_innen, wie das Komitee für Grundrechte und Demokratie oder die Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe, schaffen Öffentlichkeit für die Themen der GG/BO. Des Weiteren erhält die Gefangenen-Gewerkschaft personelle und finanzielle Unterstützung von ihren wichtigsten Bündnispartnerinnen, der FAU und der Roten Hilfe, wodurch ihre Organisationsmacht wesentlich gestärkt wird. Nicht zuletzt sind die genannten Erfolge auch mit der Tatsache verbunden, dass sich die GG/BO auf erfahrene Gewerkschaftsaktivist_innen und Personen mit juristischen Kenntnissen stützen kann.
Trotz alledem ist die Gefangenen-Gewerkschaft mit einer Reihe bedeutsamer Handlungsbarrieren konfrontiert. So sind ihre Machtmittel auf institutioneller Ebene substanziell dadurch eingeschränkt, dass Uneinigkeit über die Anwendbarkeit des Art. 9 Abs. 3 GG für Strafgefangene herrscht. Somit steht in Frage, ob die GG/BO als Gewerkschaft anzuerkennen ist. Nur sofern sie sich auf diesen Artikel berufen darf, kann sie Tarifverhandlungen führen und rechtmäßig streiken. Hinzu kommt, dass die Gefangenen-Gewerkschaft von den Anstaltsleitungen bzw. den Landesregierungen kaum als Verhandlungspartnerin akzeptiert wird. Dies äußert sich in einem teilweise aktiven Vorgehen der Landesregierungen gegen die GG/BO und einem stark behindernden Verhalten der Anstaltsleitungen. Dahingehend haben die Vollzugsbeamt_innen größere Handlungsspielräume als Arbeitgeber_innen des freien Arbeitsmarktes, sodass elementare gewerkschaftliche Tätigkeiten erschwert und die GG/BO-Mitglieder auf sehr weitreichende Weise unter Druck gesetzt werden können (z.B. Einbehalten von Gewerkschaftspost, Behinderung der Mitgliederwerbung, Verlegungen, Zellendurchsuchungen, Leibesvisitationen, Vorenthalten von Vollzugslockerung). Derartige Maßnahmen destabilisieren die ohnehin fragile Organisationsmacht der GG/BO. Hiermit wird bereits ein weiteres Problem angesprochen: Noch fehlt es an festen Aktiven-Kernen innerhalb und außerhalb der einzelnen Haftanstalten, welche die Organisationsstrukturen der Gefangenen-Gewerkschaft stärken könnten. So wird die aktive Gewerkschaftsarbeit derzeit nur von wenigen Personen getragen, durch deren Ausfallen die Fundamente der GG/BO folglich schnell ins Wanken geraten würden. Gleichsam verweist die mangelnde finanzielle Absicherung der Gefangenen-Gewerkschaft auf ihre Brüchigkeit. Unter diesen Umständen könnten auch die punktuell vorhandenen Machtpotenziale auf struktureller Ebene nicht mobilisiert werden.
Alles in allem ist die Stabilität der Gefangenen-Gewerkschaft also zum jetzigen Zeitpunkt als gering einzuschätzen. Ihre Handlungsfähigkeit beruht vor allem auf gesellschaftlichen Machtressourcen, während in allen anderen Bereichen erhebliche Einschränkungen festzustellen sind. Zur Stärkung ihres Handlungsvermögens und vor allem zur Sicherung ihrer langfristigen Existenz wäre es für die GG/BO von großem Vorteil, eine Anbindung an den DGB zu finden. Zwar verfügt die Gefangenen-Gewerkschaft über eine Auswahl tragfähiger Kooperationen, doch sind deren politisch-institutionelle Machtressourcen sehr begrenzt. Daher würde eine Einbindung in den DGB ihre Einflusschancen auf politischer Ebene erheblich steigern und die dringend notwendige Anerkennung von Seiten der Anstaltsleitungen bzw. Landesregierungen fördern. Ohne eine solche Angliederung wird es nur sehr schwer möglich sein, relevante institutionelle Machtressourcen zu erstreiten und dauerhaft als Gewerkschaft zu bestehen.
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Thüringer Justizvollzug: Der Justizvollzug in Thüringen ̶ Dienstleistungen, in: http://www.thueringen.de/th4/justizvollzug/allgemeines/produkte/dienstleistung/index.aspx, zuletzt überprüft am: 03.09.2015.
Zweigert, Konrad/ Martiny, Dieter: Gewerkschaften und Grundgesetz*, in: http://library.fes.de/gmh/main/pdf-files/gmh/1980/1980-03-a-171.pdf, zuletzt überprüft am: 03.09.2015.
8 Anhang
Anhang 1: Interview-Leitfaden 59
Anhang 2: Projektskizze 62
Anhang 5: Gründungsprotokoll der GG/BO 62
Anhang 6: Aktivierende Untersuchung 63
Anhang 7: Haftanstalten mit GG/BO-Mitgliedern 65
Anhang 8a: Beschluss Kammergericht Berlin, Abschnitt Koalitionsfreiheit 66
Anhang 8b: Beschluss Kammergericht Berlin, Abschnitt Mitgliederwerbung 67
Anhang 9: Beschluss Oberlandesgericht Hamm 70
Anhang 1: Interview-Leitfaden
Kurze Vorstellung BA, Ablauf des Interviews, Aufnahme durch Diktiergerät, Anonymität
Einleitung
1) Vielleicht könntest du zum Einstieg erst mal kurz erzählen, (wer du bist und) was deine Aufgabe in der GG/BO ist?
Themenkomplex: Organisationsprozess
2) Die GG/BO hat sich ja im Mai 2014 in der JVA Tegel gegründet. Kannst du mir erzählen, wie es dazu gekommen ist?
3) Gab es besondere Missstände, die zur Gründung der GG/BO beigetragen haben?
4) Haben einzelne Personen oder Gruppen eine besonders wichtige Rolle bei der Gründung der GG/BO gespielt?
Wer?
Was haben sie genau getan?
5) Wie ist es gelungen, auch in anderen Haftanstalten Mitglieder zu gewinnen?
Wer waren dort die Aktiven?
Kontakt, Kommunikation, Zusammenarbeit?
Strategien der Mitgliedergewinnung?
6) Welche Ziele hat sich die GG/BO gesetzt und was kann sie machen, um diese Ziele zu erreichen?
Was wurde bereits unternommen?
Was ist geplant?
Themenkomplex: Strukturelle Macht
Wir haben jetzt schon nebenbei über die Rahmenbedingungen der Gefangenenarbeit gesprochen. Dazu würde ich gern noch mehr wissen.
7) Wie läuft die Arbeit in der JVA Tegel ab?
Was wird produziert?
Für wen wird produziert?
Wie viel wird produziert?
Einnahmen bekannt?
8) Nur für den Befragten A: Kannst du beschreiben, in welche Branchen die Arbeit der Inhaftierten bundesweit zu verorten ist?
Aspekte vgl. Frage 7
9) Um ihre Forderungen durchzusetzen, streiken Gewerkschaften oft. Welche Möglichkeiten hat die GG/BO, Druck aufzubauen?
Welche Formen der Arbeitsniederlegung sind möglich?
Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Inhaftierten?
10) Gibt es trotz der Arbeitspflicht Möglichkeiten für die Inhaftierten, nicht zu arbeiten?
Themenkomplex: Organisationsmacht
Mich würde außerdem noch interessieren wie die GG/BO aktuell aufgestellt ist und funktioniert.
11) Wer sind denn so die Leute, die Mitglied in der GG/BO werden?
Mitgliederentwicklung?
Nur für A, falls passend: Gibt es ein Gefälle bzgl. der bundesweiten Mitgliederverteilung?
12) Welche Möglichkeiten haben Inhaftierte, sich an der GG/BO-Politik zu beteiligen?
Kommunikationswege?
Partizipationsmöglichkeiten?
Handlungsbereitschaft bei konkreten Aktionen?
13) Nur für A: So ein Mitgliederzuwachs bedeutet ja auch, dass mehr Geld benötigt wird und mehr Menschen, die sich aktiv in die Gewerkschaftsarbeit einbringen. Wie macht das die GG/BO?
Finanzierung?
Aufgabenteilung?
14) Gibt es unter den Inhaftierten auch Gegner_innen der GG/BO?
Wer, bestimmte Gruppe von Inhaftierten?
Warum?
Wie wird mit ihnen umgegangen?
15) Gibt es auch unter den Mitgliedern mal Konflikte?
Themenkomplex: Institutionelle Macht
16) Wie haben die Anstaltsleitung der JVA Tegel und die Berliner Verwaltung f. Justiz auf die GG/BO-Gründung reagiert?
Was wurde konkret seitens der Anstaltsleitung unternommen?
Anfragen und Stellungnahme Berliner Abgeordnetenhaus?
Wie sehen die Reaktionen in anderen Bundesländern aus?
17) Nur für B: Du hast ja ein Rechtsgutachten zur Koalitionsfreiheit verfasst. Kannst du mir dazu mehr erzählen, was hast du darin festgestellt?
Standpunkt GG/BO
Standpunkt Gegenseite
Welche Gerichtsverfahren laufen/liefen?
18) Hatten die Inhaftierten bereits vor der GG/BO-Gründung Möglichkeiten, ihren Lebens- und Arbeitsalltag mitzugestalten?
GMV?
Effektivität?
Themenkomplex: Gesellschaftliche Macht
19) Inwieweit ist es wichtig für die GG/BO, dass andere politische Gruppen oder einzelne Personen sie unterstützen?
Situationen?
20) Mit welchen Gruppen arbeitet die GG/BO genau zusammen und wie sieht deren Unterstützungsleistung konkret aus?
21) Nur für A: Wie versucht die GG/BO, ihr Anliegen außerhalb der Haftanstalten zu verbreiten?
Medienresonanz?
Abschluss:
22) Nur für A: Was sind aus deiner Sicht zusammengefasst die größten Schwierigkeiten, vor die eine Gewerkschaft von Inhaftierten gestellt ist, und wo liegen demgegenüber ihre Chancen?
Verabschiedung
Anhang 2: Projektskizze
Projektskizze zur Bachelor-Arbeit von Judith Höllmann:
Titel: „Wenn Gefangene sich organisieren… Eine Analyse zum Handlungsvermögen der Gefangenen-Gewerkschaft/ Bundesweite Organisation“
Sie sind Häftlinge im Strafvollzug, arbeiten für Großkonzerne wie Mercedes-Benz oder Siemens und erhalten dafür durchschnittlich 1,45 Euro pro Stunde. Nun haben Inhaftierte ihre eigene Gewerkschaft, denn im Mai 2014 gründete sich in der JVA Tegel die Gefangenen-Gewerkschaft/ Bundesweite Organisation (GG/BO). Ihre Aktivist_innen fordern, arbeitende Gefangene in den gesetzlichen Mindestlohn und die Rentenversicherung einzubeziehen. Mit diesen Zielsetzungen gewann die Gewerkschaft innerhalb eines Jahres 700 Mitglieder in 50 Justizvollzugsanstalten, wodurch ihr zunehmend mediale Aufmerksamkeit zu Teil wurde. Doch was kann und was darf eine Gefangenen-Gewerkschaft überhaupt tun, um sich für die Interessen ihrer Mitglieder einzusetzen? Anders ausgedrückt: Über welche Machtmittel verfügt die GG/BO? Diese Frage soll im Rahmen der Bachelor-Arbeit beantwortet werden.
Dazu werden folgende Aspekte näher untersucht:
1. Wie verlief die Gründung der GG/BO?
2. Welche Rolle spielt die Arbeit der Inhaftierten im Wirtschaftssystem?
3. Wie gestaltet sich das Verhältnis zwischen den Hauptverantwortlichen der Gewerkschaft
und ihren Mitgliedern?
4. Inwieweit ist gewerkschaftliche Mitbestimmung in Justizvollzugsanstalten rechtlich abgesichert und anerkannt?
5. Welche Bedeutung hat gesellschaftliche Unterstützung für die GG/BO?
Um diese Fragestellungen exemplarisch zu bearbeiten, werden problemzentrierte Interviews mit zwei Gewerkschaftsmitgliedern der JVA Tegel geführt.
Die Bachelor-Arbeit ist Teil des Studiengangs „B.A. Soziologie“ an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Betreut wird die Abschlussarbeit von Dr. Stefan Schmalz und Dipl.-Psych. Marcel Thiel.
Anhang 5: Gründungsprotokoll der GG/BO
Anhang 6: Aktivierende Untersuchung
Anhang 7: Haftanstalten mit GG/BO-Mitgliedern
Anhang 8a: Beschluss Kammergericht Berlin, Abschnitt Koalitionsfreiheit
Anhang 8b: Beschluss Kammergericht Berlin, Abschnitt Mitgliederwerbung
Anhang 9: Beschluss Oberlandesgericht Hamm
9 Eidesstattliche Erklärung
Hiermit versichere ich, Judith Höllmann (Matrikel-Nr. 124708), dass ich diese Bachelor-Arbeit mit dem Thema „Wenn Gefangene sich organisieren… Eine Analyse zum Handlungsvermögen der Gefangenen-Gewerkschaft/ Bundesweite Organisation“ selbstständig verfasst, keine anderen als die angegebenen Quellen benutzt, sowie direkte und indirekte Zitate als solche kenntlich gemacht habe.
Quelle: Judith Höllman via BA final Druck_für GG-BO Website.pdf
Bildquelle: Google Maps
Die von den einzelnen AutorInnen veröffentlichten Beiträge geben nicht die Meinung der gesamten GG/BO und ihrer Soligruppen wieder. Die GG/BO und ihre Soligruppen machen sich die Ansichten der AutorInnen nur insoweit zu eigen oder teilen diese, als dies ausdrücklich bei dem jeweiligen Text kenntlich gemacht ist.
Haben Gefangene Rechte? Klar haben wir sie.Mich wollte in der U.- Haft Frankfurt/Main ein Schliesser ( Schließmuskel ) mal nach meiner Tätigkeit als Hausarbeiter nicht duschen lassen.Ich hätte “ Keine – Rechte „,sagte er zu mir ( vielleicht gerdae mal 20 Jahre alt der Jungfuchs) ,in der Tat: Ich sagte ihm in einem rauen Ton: “ Du Vogel kannst gerne mal meine Recht kennen lernen…Er lief weit fort…
Ich war noch Untersuchungshäftling gewesen.
Was für Typen die Justiz alles einstellt- Schwachmaten sind sehr gefragt,in der Tat…
Gruß
Jürgen
“ Lang lebe die GG/BO und hoch unsere Solidarität…“ Die Waffe ist unsere Solidrität.die Munition die GG/BO -“ Weisheit wird mein Hammer sein – Besonnenheit mein Nagel „…