GG/BO Soligruppe Berlin: Heute beginnt der Streik der Gefangenen in den USA. Deswegen werden wir ab 17 Uhr vor vor dem US-Konsulat in Leipzig demonstrieren – gegen die Knastsklaverei, und in Solidarität mit dem Gefangenenstreik!
Auch in Deutschland gilt die Zwangsarbeit in Verbindung mit einem Hungerlohn, die GG/BO fordert schon seit ihrer Gründung die Abschaffung des Zwangs und den Mindestlohn. Aber im Knast läuft nicht nur alles rund um die Arbeit schief.
Im folgenden ein Erfahrungsbericht von Martin Marggraf, aktiver Gewerkschaftler in der JVA Neumünster, über die Gründe seiner Arbeitsverweigerung:
„Ich verbüße momentan eine Haftstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung auf Station C1 in der JVA Neumünster. Am 21.12.2017 erhielt ich einen Vollzugs- und Eingliederungsplan. In diesem wird von einer voraussichtlichen Entlassung zum 2/3 Termin am 09.09.2018 ausgegangen. Natürlich bei aktiver Mitwirkung meinerseits – d.h. Teilnahme an der Gewaltstraftätertherapie und Bearbeitung der Alkoholproblematik (danke, lieber Gutachter!).
Zur Vorbereitung von Lockerungen wurden Ausführungen gewährt. Ich hatte dann 2 Ausführungen, am 7.3. und am 2.5., die beanstandungsfrei verliefen. Am 7.3. erhielt ich von der Suchtberatung eine Bescheinigung über meine erfolgreiche Teilnahme, in der steht, dass ich bis auf wenige Ausnahmen kein Problem mit dem Suchtstoff Alkohol habe und dass die Gespräche eingestellt werden können.
Zwischenzeitlich hatte ich auch mit der Anti-Gewalt-Therapie (AGT) begonnen. Da am 21.3. mein Vollzugsplan fortgeschrieben werden sollte, ich ihn aber im April noch nicht hatte, bat ich per Antrag um zeitnahe Fortschreibung, da davon Lockerungen abhängig sind. Der Abteilungsleiter versicherte mir, ich würde ihn bald bekommen und ich könnte schon Begleitausgänge mit einem Beamten wahrnehmen. Den Vollzugsplan habe ich übrigens bis heute (16.8.) nicht und auch keinen einzigen Begleitausgang – 6 Termine in Folge wurden abgesagt. Entweder war aufgrund von plötzlichen Arztfahrten kein Personal da, oder es hat sich ganz zufällig ein Beamter krank gemeldet.
Einmal wurde sogar behauptet, ich hätte keinen AGT Termin beantragt, daraufhin wurde dies als Therapieabbruch behandelt und mir wurden Ausgänge komplett verweigert.
Zum Glück konnte ich das klären, der Antrag ist wohl verloren gegangen….
AGT habe ich am 9.8. erfolgreich abgeschlossen. Somit liegen alle Voraussetzungen für alleinige Ausgänge oder offenen Vollzug vor. Auf die Idee kommen die aber gar nicht. Klarer Verstoß gegen §9 Abs. 3 LStVollzG SH – Lockerungen zur Erreichung des Vollzugszieles. Ich werde entlassen ohne Wohnung, mit kaputten Schuhen und einer handvoll Klamotten, die mir kaum noch passen. So sieht hier Resozialisierung aus – danke für nichts!
Das waren leider nicht die einzigen Missstände. Seit April werden mir auf den Lohnscheinen plötzlich sogenannte ‚Ersatzruhetage‘ abgezogen, die dann mal eben 40-50 Euro weniger Nettolohn pro Monat bedeuten.
Heute bat ich im Büro darum, ein Schreiben per Fax zu schicken, da es sich um eine Fristsache handelte – Post hätte zu lange gedauert. Der Beamte sagte, er fragt gleich den Abteilungsleiter, kam dann nach einigen Minuten mit meinem Schreiben in der Hand zu mir und teilte mit, der Abteilungsleiter hätte ‚nein‘ gesagt. Ich warf das Schreiben in den Müll und sagte, ‚dann hab ich halt Pech gehabt‘. Etwas später ging ich dann ins Büro und sagte, dass ich nach all dem, was hier in der letzten Zeit abgelaufen ist nicht mehr bereit bin, der Anstalt meine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen – also Kündigung meines Hausarbeiter Jobs. Der Beamte nahm dies zur Kenntnis und sagte, er würde es weiterleiten. Ich ging dann im Freizeitraum mit anderen Gefangenen Karten spielen.
Nach ca. 5 Minuten kam der Beamte herein mit den Worten : ‚Stellen Sie keine Fragen aber ich soll sie einschließen und sie können sich als abgelöst betrachten‘. Daraufhin bat ich mündlich um richterliche Entscheidung nach §109. Der Beamte erwiderte ‚Dann machen sie das, aber ich soll sie trotzdem einschließen‘.
Gesagt, getan, ich wurde eingeschlossen. Ohne Angabe von Gründen. Eine knappe Stunde später war Abendkostausgabe. Die Tür ging auf, eine andere Beamtin begrüßte mich, ich nahm das Essen entgegen und fragte, was denn nun mit der richterlichen Entscheidung sei. Sie wusste angeblich von nichts und sagte, sie klärt das. Tür wieder zu. 5 Minuten später schließt der Abteilungsleiter die Tür auf und fragt ‚Was gibt’s denn für Probleme?‘Ich fragte, warum ich eingeschlossen wurde. Er behauptete lachend ‚Nein, das hat der Kollege falsch verstanden, alles gut.‘…
Man mag davon halten was man will, ich glaube ihm jedenfalls nicht und werde weiterhin die Arbeit verweigern, aber trotzdem immer ruhig und höflich sein. Im Idealfall bin ich ja eh in 2 Wochen draußen. “
Zeigt eure Solidarität mit allen streikenden Gefangenen weltweit, indem ihr Anstalten, Ministerien, Konsulaten und Senaten Protestschreiben schickt.
Schreibt den Gefangenen eure solidarischen Grüße.
Kontaktiert die Soligruppen der Gefangenen-Gewerkschaft und alle anderen Soligruppen, welche Gefangene unterstützen. Bringt euch in die Kämpfe ein, teilt eure Hafterfahrungen oder die Erfahrungen Angehöriger mit.
Support prisoners and prison fights. Worldwide.
Die von den einzelnen AutorInnen veröffentlichten Beiträge geben nicht die Meinung der gesamten GG/BO und ihrer Soligruppen wieder. Die GG/BO und ihre Soligruppen machen sich die Ansichten der AutorInnen nur insoweit zu eigen oder teilen diese, als dies ausdrücklich bei dem jeweiligen Text kenntlich gemacht ist.
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