Das Komitee für Grundrechte und Demokratie begrüßt die jüngste Entscheidung der Justizministerkonferenz zur Rentenversicherung für Gefangene.
Auf ihrer Konferenz am 17./18. Juni 2015 haben die Minister den Strafvollzugsausschuss der Länder beauftragt, „Grundlagen und Auswirkungen“ einer Einbeziehung von Strafgefangenen in die Rentenversicherung zu prüfen. Ministerin Uta-Maria Kuder spricht von einem „echten Anfang“. Der Bund brauche „das Zeichen aus den Ländern“, um das nötige Gesetz endlich auf den Weg zu bringen. Seit 38 Jahren ist ein Gesetz zur Rentenversicherung für Gefangene versprochen, aber nicht erlassen worden. Das Grundrechtekomitee hatte vor der Konferenz in einem von den meisten Organisationen aus der Straffälligenhilfe mitgetragenen Brief an die Justizminister entsprechend appelliert.
Endlich ist die Tür zu einer Lösung wieder aufgestoßen. Das Grundrechtekomitee fordert den Strafvollzugsausschuss der Länder auf, an die suspendierten §§ 190-193 des seinerzeit neuen Strafvollzugsgesetzes von 1977 anzuknüpfen (www.gesetzesguide.de/stvollzg.html#stvollzg190). Da es um eine die Grundrechte der Gefangenen berührende Frage geht, darf die Prüfung nicht hauptsächlich auf Effizienzkriterien abstellen, also auf die konkrete zum Teil geringe Wirkung für die Rente. Dies würde weder den Prinzipien einer Solidarversicherung noch den sehr verschieden gelagerten Fallgestaltungen der in Haft Arbeitenden gerecht.
Die Berechnung der von den Ländern zu zahlenden Beiträge zur Rentenversicherung hat sich an den seinerzeitigen Vorschlägen zu orientieren, da vom aktuellen Niedrigstlohn der Gefangenen kein relevanter Eigenbeitrag erwartet werden kann. Das Strafvollzugsgesetz von 1977 hatte in § 190 Nr. 2 Abs. 4 und Nr. 6 vorgesehen, dass die Länder 90% des Durchschnittsverdienstes aller Rentenversicherten als Bemessungsgrundlage ansetzen und den Beitrag vollständig übernehmen. Die Inkraftsetzung dieser Regelungen war so auch in den Gesetzentwürfen der Bundesregierung von 1979 (BT-Drs. 8/3335) und 1981 (BT-Drs. 9/566) enthalten.
Eine Beteiligung der Gefangenen kann bei der jetzigen Lohngestaltung bestenfalls symbolisch bleiben. Daher sind die Länder gefordert, jetzt die politischen Vorgaben von 1977/1979/1981 aufzugreifen, die eine effiziente Einbeziehung in die Rentenversicherung vorgesehen hatten. Unabhängig von Effizienzkriterien ist die Einbeziehung der Gefangenen in die Rentenversicherung ein Gebot des Resozialisierungsauftrags sowie eine Konsequenz aus dem Gleichheitsgebot und dem Sozialstaatsprinzip.
Wir erwarten von der Herbstkonferenz der Justizminister, die Bundesregierung aufzufordern, das Gesetz zur Einbeziehung der Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in die gesetzliche Rentenversicherung auf den Weg zu bringen. Der Strafvollzugsausschuss der Länder ist aufgerufen, diese Entscheidung zügig und konstruktiv vorzubereiten.
Martin Singe, AG Strafvollzug im Grundrechtekomitee