Gefangenen bekommen auch dann nicht den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde, wenn sie Aufträge von außerhalb der Anstaltsmauern bearbeiten. Stattdessen verdienen sie genau wie die Insassen in arbeitstherapeutischen Maßnahmen mindestens 8,96 Euro – aber am Tag.
Hamburger Strafgefangene bekommen für ihre Arbeit im Knast nicht den gesetzlichen Mindestlohn. Ihre Entlohnung für Tätigkeiten in den Betrieben der Gefängnisse, zum Beispiel in der Küche, Bäckerei oder Schlosserei, liegt in Hamburg zwischen 8,96 Euro und 16,48 Euro pro Tag. Dass sie eine Vergütung bekommen müssen, ist gesetzlich geregelt. Das kann ein Entgelt sein, unter bestimmten Voraussetzungen auch eine tageweise Freistellung von der Haft. „Das zeigt schon, dass es ein ganz anderes System als auf dem regulären Arbeitsmarkt ist“, sagt Thomas Baehr, Sprecher der Hamburger Justizbehörde.
Der Verdienst liegt weit unter dem kommenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Der wesentliche Grund dafür ist laut Justizsprecher Baehr: „Bei der Arbeit von Gefangenen geht es weniger um klassische produktive Tätigkeiten. Sie dient vor allem der Qualifizierung und ist Bestandteil der Resozialisierung.“ Darüber hinaus will man Gefangenen eine Tagesstruktur und geregelte Tätigkeiten vermitteln. Es gehe nicht darum, so Baehr, „dass die Gefangenen Geld verdienen oder Gewinne erwirtschaften“.
Aber was ist, wenn die Gefangenen ganz normale Aufträge von Privatpersonen oder Firmen erfüllen, die von den Auftraggebern auch regulär bezahlt werden? Auf Nachfrage von Hinz&Kunzt räumt die Justizbehörde ein: Die Betriebe der Haftanstalten nehmen Aufträge von außerhalb entgegen. Sie fertigen etwa maßgenaue Möbel oder Metallkonstruktionen an oder drucken Flyer oder Broschüren. Eine regelmäßige Auftraggeberin ist hier unter anderem die Hansestadt Hamburg. Preislisten für Arbeiten in Hamburger Gefängnissen gibt es laut Justizsprecher Baehr nicht. „Bei jedem Auftrag wird errechnet, was das kostet.“ Er betont: „Es handelt sich nicht um ein Massengeschäft. Und: Die Kosten übersteigen in jedem Fall die Einnahmen.“
Für den Deutschen Gewerkschaftsbund Hamburg ist eine andere Frage entscheidend. „Handelt es sich um arbeitstherapeutische Maßnahmen, muss man nicht zwingend einen Mindestlohn fordern“, sagt Sprecher Felix Hoffmann. Anders sei das, wenn Gefangene „echte“ produzierende Tätigkeiten für externe Firmen oder Unternehmen ausüben würden. Es müsse zwar berücksichtigt werden, dass die Anstalt Beträge für Unterkunft und Verpflegung einbehält. Aber: „Sobald ein Anstaltsbetrieb sich im Wettbewerb mit anderen Firmen befindet, muss der Mindestlohn gelten. Andernfalls ist das, was die Justizbehörde da betreibt, nichts anderes als Lohndumping.“
Text: Beatrice Blank