„Der Knast als Konzern“ [1]

Der folgende Artikel ist zwar schon 2007 verfasst worden und das Zahlenwerk deshalb nicht ganz auf der Höhe der Zeit. Das tut den Zusammenhängen, die er aufzeigt, aber keinen Abbruch.

Handelsblatt

Billige Gefangenenarbeit

von Bert Losse

Ein fester Job hinter Gittern? Was Außenstehenden merkwürdig vorkommen mag, ist im Strafvollzug schon lange gängige Praxis – mit positivem Nebeneffekt für die Haftanstalten selbst. Sie entwickeln sich zu umsatzstarken Wirtschaftsunternehmen – dank billiger Gefangenenarbeit.

Es ist ein arbeitsreicher Tag für Detlef Schulz*. Die Schreinerei, in der er mit rund 40 Kollegen arbeitet, hat eine Reihe von Aufträgen zu erledigen. Seit 6.50 Uhr steht der 49-Jährige in einer großen Halle zwischen Regalböden, Schrankwänden, meterhohen Spanplatten, Computern und lärmenden Maschinen; bis morgen muss er eine Tischplatte mit komplizierten Kanten fertigen. Schulz kommt gut voran. Er zählt zu den Stützen des Betriebs und ist auf Sonderanfertigungen spezialisiert; er darf sogar die hauseigene CNC-Maschine bedienen. Um 16 Uhr ist das Tagwerk getan. Schulz packt seine Sachen zusammen und geht nach Hause. 150 Meter weiter. Zum Wohntrakt I. In Zelle 123.

Es ist ein arbeitsreicher Tag für Detlef Schulz*. Die Schreinerei, in der er mit rund 40 Kollegen arbeitet, hat eine Reihe von Aufträgen zu erledigen. Seit 6.50 Uhr steht der 49-Jährige in einer großen Halle zwischen Regalböden, Schrankwänden, meterhohen Spanplatten, Computern und lärmenden Maschinen; bis morgen muss er eine Tischplatte mit komplizierten Kanten fertigen. Schulz kommt gut voran. Er zählt zu den Stützen des Betriebs und ist auf Sonderanfertigungen spezialisiert; er darf sogar die hauseigene CNC-Maschine bedienen. Um 16 Uhr ist das Tagwerk getan. Schulz packt seine Sachen zusammen und geht nach Hause. 150 Meter weiter. Zum Wohntrakt I. In Zelle 123.

Zusätzlich stellt die Anstalt privaten Unternehmen mehrere Werkhallen zur Verfügung, in denen Gefangene im Kundenauftrag einfache Montagearbeiten verrichten. Derzeit haben sich fünf Mittelständler eingemietet, die hier unter anderem Leuchten und Schalter zusammenschrauben lassen. Der Jahresumsatz des Unternehmens JVA Werl liegt bei knapp sechs Millionen Euro, der Überschuss bei rund 800 000 Euro – Tendenz steigend.

Andere Haftanstalten sind ähnlich unternehmerisch aktiv. Hinter den Zuchthausmauern ist ein Mikrokosmos der deutschen Volkswirtschaft entstanden, eine besondere Unternehmenswelt mit Holdingstrukturen und Tochtergesellschaften, eigenen Arbeitsverwaltungen – und sogar dem Problem der Arbeitslosigkeit, die stellenweise bis zu 20 Prozent beträgt, weil die Haftbetriebe nicht allen Insassen einen Job anbieten können.

Der Konzern Knast mit seinen bundesweit 195 Tochterunternehmen (JVAs) und schätzungsweise 800 lokalen Eigenbetrieben macht einen jährlichen Umsatz von rund 200 Millionen Euro. Er beschäftigt über 40 000 Mitarbeiter, mehr als in Deutschland die Dax-Konzerne Deutsche Bank und Henkel zusammen. Er bildet mehrere Hundert junge Leute in Handwerksberufen aus. Und er hat einen treuen Kundenstamm: Wenn staatliche Institutionen und Behörden ihre Möbel, Dienstkleidung und Büromaterialien im Gefängnis produzieren lassen, dürfen sie dank einer Sonderregel in der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) auf die zeitaufwendige öffentliche Ausschreibung verzichten.

Angenehmer Nebeneffekt für die öffentliche Hand: Was von den Knast-Einnahmen nach Abzug der Löhne und der Kosten für Material und Rohstoffe übrig bleibt, wandert in die klammen Länderhaushalte. Auf diese Weise finanzieren die Strafgefangenen einen Teil ihrer Unterbringungs- und Versorgungskosten selbst. Ohne Gefangenenarbeit wären die vom Steuerzahler zu tragenden Kosten pro Haftplatz – derzeit im Schnitt rund 85 Euro pro Tag – deutlich höher.

Einnahmen-Spitzenreiter Nordrhein-Westfalen holt mittlerweile mit seinen Haftanstalten jährlich über 46 Millionen Euro rein. Erklärtes Ziel der Justizverwaltung ist es, jedes Jahr um eine Million zuzulegen. Bayern bringt es auf rund 45 Millionen Euro. Auch kleinere Länder sind mit im Geschäft: In Sachsen stiegen die Gefängniseinnahmen 2006 um sechs Prozent auf den neuen Rekordwert von 7,6 Millionen Euro. In Thüringen erwirtschafteten die Haftanstalten 3,22 Millionen Euro – ein Zuwachs von rund zehn Prozent gegenüber 2005.

Das große Plus der Haftbetriebe: Ihr Personal ist billig. Die aktuelle Debatte um den Niedriglohnsektor in Deutschland hat sich hinter Gittern erledigt, hier gibt es ihn längst. Der durchschnittliche Monatsverdienst der Gefangenen liegt bei rund 250 Euro, zusätzlich übernimmt die Justizverwaltung die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Drei Siebtel des Geldes behält der Gefangene und kann davon im Knastladen einkaufen. Der Rest wird angespart, um die erste Zeit nach der Haftentlassung finanziell zu überbrücken. Wer nicht arbeitet, erhält lediglich ein Taschengeld von rund 30 Euro im Monat.

Billigproduktion im Kittchen – für unter Kostendruck stehende Mittelständler ist dies durchaus eine Alternative zur Produktionsverlagerung ins Ausland. Auch bekannte Unternehmen lassen bereits hinter Gittern produzieren, Elektrofirmen und Baumärkte etwa. Allerdings geschieht dies zumeist unter höchster Geheimhaltung, zu groß ist ihre Angst vor Imageproblemen. Dass ihre Produkte teilweise von Dieben, Totschlägern und Betrügern gefertigt werden, diese Wahrheit wollen die meisten Unternehmen ihrer Kundschaft lieber nicht offenbaren.

Viktor Kühne ist da ganz anders. „Wir haben einen Low-Cost-Standort um die Ecke gefunden“, sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung von BJA Automotive in Hamm. Seit 2004 lässt er in der örtlichen JVA Schalter für den Automobilbau produzieren und beschäftigt dort rund 60 Gefangene. Eigentlich wollte er die Pro- duktion nach Osteuropa verlagern, Gespräche über ein Joint Venture in Estland liefen bereits.

„BJA hat Estland nun bei uns gefunden“, freut sich Sabine Pröpper, Chefin der Arbeitsverwaltung in der JVA Hamm. Sie stellt dem Automobilzulieferer gleich drei Hallen zur Verfügung – miet- und nebenkostenfrei. Pro Arbeitsstunde und Gefangenen erhält die Anstalt im Gegenzug 5,81 Euro. Umsatz 2006: rund 450 000 Euro.

Probleme will Kühne gleichwohl nicht verschweigen. „Gut einem Drittel der Häftlinge muss man bei der Arbeit ständig auf die Finger schauen, das ist wie mit unartigen Kindern.“ Um die Qualität zu sichern – immerhin zählen Ferrari und Porsche zu den Kunden -, entsendet das Unternehmen ständig drei erfahrene Vorarbeiter in die Knastmontage. Gefangene, die selbst einfachste Arbeiten nicht schaffen, werden von der Haftanstalt ersetzt.

Das gilt generell: Unternehmen treffen im Gefängnis auf Belegschaften mit immensen Defiziten. Die Produktivität ist niedrig. Stellenweise sind über 90 Prozent der Insassen Ungelernte, manche überdies Analphabeten, viele drogen- und alkoholabhängig. Dafür sind die Rahmenbedingungen der Knastarbeit sehr unternehmerfreundlich: Es gibt keine Lohnnebenkosten, keine Sozialversicherungsbeiträge, keine Gewerkschaft, keinen Betriebsrat, keine Tarifverhandlungen, keine Streiks, keine unvorhersehbaren Kündigungen – und keine Ausfallzeiten durch Krankheit und Urlaub. Häftlinge haben zwar nach einem Jahr regelmäßiger Arbeit Anspruch auf 18 freie Tage. An ihre Stelle rücken dann jedoch andere Häftlinge, sodass dem Unternehmen keine Ausfallzeit entsteht.

Zurück in Werl. Bei Markus Biermann, dem Chef der Arbeitsverwaltung, klingelt das Telefon, ein Justizbeamter meldet ihm einen „toten Mann“. Das sind im Gefängnisjargon Häftlinge, die eine Krankheit vortäuschen, um sich vor der Arbeit zu drücken. „Das sehen wir hier gar nicht gerne“, grummelt Biermann und unterscheidet sich in diesem Moment kaum von einem x-beliebigen Manager in der Privatwirtschaft. Der Arbeitsverwalter rät zu einem nachdrücklichen Gespräch mit dem Gefangenen und erwägt mögliche Sanktionen. Etwa den Entzug des Zellenfernsehers, eine der schlimmsten Strafen für Simulanten.

Insgesamt aber sei die Arbeitsmoral hinter Gittern „in Ordnung“, sagt Biermann. Das lässt sich zum Beispiel auf dem Werler Recyclinghof beobachten, wo sich unter freiem Himmel mächtige Kabeltrommeln und Berge von Metallschrott türmen. Rund 40 Gefangene trennen, schneiden, schreddern und pressen hier alte Erdkabel und Überlandleitungen. Die so gewonnenen Rohstoffe gehen anschließend zurück an den Lieferanten, ein großes Energieversorgungsunternehmen. Das Arbeitstempo ist gemächlich, aber „die Leute arbeiten hier draußen bei Wind und Wetter“, lobt Biermann, „die lassen sich auch von Regen und Schnee nicht abhalten.“ Das Hantieren mit den schweren Kabelsträngen und hydraulischen Scheren ist harte körperliche Arbeit, und das ist auch gewollt. Biermann: „Die Häftlinge reagieren sich dadurch ab.“

Doch weil immer mehr Low-Tech-Firmen mit hohem Handarbeitsanteil aus Deutschland auswandern, haben die Haftanstalten ein Problem: Ihr Geschäftsanteil mit industrieller Auftragsfertigung geht tendenziell zurück. Umso mehr bemühen sich die JVA-Manager, neue Kundschaft zu akquirieren, um ihre Betriebe auszulasten und deren Jobs zu erhalten – etwa durch verstärkte Marketing- und Vertriebsaktivitäten. Auf der Internationalen Handwerksmesse in München präsentierten sich an Stand 630 kürzlich die „Arbeitsbetriebe der bayerischen Justizvollzugsanstalten“. Auch auf der Messe Creativa in den Dortmunder Westfalenhallen gab es Ende März jede Menge Knastprodukte zu sehen. Die Berliner JVA Tegel, die jedes Jahr Waren im Wert von rund 1,5 Millionen Euro verkauft, betreibt vor ihren Mauern sogar einen eigenen Shop mit großen Ausstellungsräumen.

Das gilt generell: Unternehmen treffen im Gefängnis auf Belegschaften mit immensen Defiziten. Die Produktivität ist niedrig. Stellenweise sind über 90 Prozent der Insassen Ungelernte, manche überdies Analphabeten, viele drogen- und alkoholabhängig. Dafür sind die Rahmenbedingungen der Knastarbeit sehr unternehmerfreundlich: Es gibt keine Lohnnebenkosten, keine Sozialversicherungsbeiträge, keine Gewerkschaft, keinen Betriebsrat, keine Tarifverhandlungen, keine Streiks, keine unvorhersehbaren Kündigungen – und keine Ausfallzeiten durch Krankheit und Urlaub. Häftlinge haben zwar nach einem Jahr regelmäßiger Arbeit Anspruch auf 18 freie Tage. An ihre Stelle rücken dann jedoch andere Häftlinge, sodass dem Unternehmen keine Ausfallzeit entsteht.

Zurück in Werl. Bei Markus Biermann, dem Chef der Arbeitsverwaltung, klingelt das Telefon, ein Justizbeamter meldet ihm einen „toten Mann“. Das sind im Gefängnisjargon Häftlinge, die eine Krankheit vortäuschen, um sich vor der Arbeit zu drücken. „Das sehen wir hier gar nicht gerne“, grummelt Biermann und unterscheidet sich in diesem Moment kaum von einem x-beliebigen Manager in der Privatwirtschaft. Der Arbeitsverwalter rät zu einem nachdrücklichen Gespräch mit dem Gefangenen und erwägt mögliche Sanktionen. Etwa den Entzug des Zellenfernsehers, eine der schlimmsten Strafen für Simulanten.

Insgesamt aber sei die Arbeitsmoral hinter Gittern „in Ordnung“, sagt Biermann. Das lässt sich zum Beispiel auf dem Werler Recyclinghof beobachten, wo sich unter freiem Himmel mächtige Kabeltrommeln und Berge von Metallschrott türmen. Rund 40 Gefangene trennen, schneiden, schreddern und pressen hier alte Erdkabel und Überlandleitungen. Die so gewonnenen Rohstoffe gehen anschließend zurück an den Lieferanten, ein großes Energieversorgungsunternehmen. Das Arbeitstempo ist gemächlich, aber „die Leute arbeiten hier draußen bei Wind und Wetter“, lobt Biermann, „die lassen sich auch von Regen und Schnee nicht abhalten.“ Das Hantieren mit den schweren Kabelsträngen und hydraulischen Scheren ist harte körperliche Arbeit, und das ist auch gewollt. Biermann: „Die Häftlinge reagieren sich dadurch ab.“

Doch weil immer mehr Low-Tech-Firmen mit hohem Handarbeitsanteil aus Deutschland auswandern, haben die Haftanstalten ein Problem: Ihr Geschäftsanteil mit industrieller Auftragsfertigung geht tendenziell zurück. Umso mehr bemühen sich die JVA-Manager, neue Kundschaft zu akquirieren, um ihre Betriebe auszulasten und deren Jobs zu erhalten – etwa durch verstärkte Marketing- und Vertriebsaktivitäten. Auf der Internationalen Handwerksmesse in München präsentierten sich an Stand 630 kürzlich die „Arbeitsbetriebe der bayerischen Justizvollzugsanstalten“. Auch auf der Messe Creativa in den Dortmunder Westfalenhallen gab es Ende März jede Menge Knastprodukte zu sehen. Die Berliner JVA Tegel, die jedes Jahr Waren im Wert von rund 1,5 Millionen Euro verkauft, betreibt vor ihren Mauern sogar einen eigenen Shop mit großen Ausstellungsräumen.

Parallel dazu haben die Haftanstalten eine bundesweite Online-Offensive gestartet. Unter www.jva-shop.de landen Internetsurfer bei den Haftbetrieben Niedersachsens und einer „Geschäftsplattform für Geschäftskunden“. Bei den JVA-Kollegen in Baden-Württemberg (Werbeslogan: „Wir lassen Sie nicht sitzen“) können Privatleute und Unternehmen nicht nur dicke Kataloge bestellen, sondern auch mit wenigen Klicks recherchieren, welche JVA im Ländle welche Produkte und Dienstleistung anbietet. Die Palette reicht von Druckereien und Kfz-Werkstätten bis hin zu Landwirtschaftsbetrieben, die Gemüse und Mastgänse offerieren. Die JVA Heilbronn vertreibt online gar „rassigen, trockenen Weißwein“, produziert auf dem hauseigenen Weinberg, drei Flaschen Knast-Rivaner für 25 Euro. Im hessischen Hünfeld nahm Ende März die bundesweit erste JVA-Kaffeerösterei ihren Betrieb auf.

Die Vermarktung der Knastprodukte spielt dabei nicht selten mit einem gewissen Gruseleffekt bei der privaten Kundschaft. Auf die Spitze treibt dies die JVA Hamburg-Fuhlsbüttel. Hier hat die Justizbehörde zusammen mit vier Werbe- und Vertriebspartnern aus der Privatwirtschaft das Label „Santa Fu“ aus der Taufe gehoben und vertreibt mit martialischer PR („Heiße Ware aus dem Knast“) Kleidung, Accessoires und Pflegeartikel. Etwa das Ladyshirt „Noch unschuldig“, Handtücher mit der Aufschrift „Strafvollzug“ oder eine CD „mit original Liedern, Stimmen und Geräuschen“ aus der Haft. Nicht wenige JVA-Verantwortliche in anderen Bundesländern rümpfen über diese Verkaufsmasche zwar die Nase. Indes: Von der Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ gab es für das „Santa-Fu“-Projekt eine Auszeichnung für besondere Kreativität.

Um sich neue Märkte und Kunden erschließen zu können, setzen viele Haftanstalten auch beim Management auf Rezepte der Privatwirtschaft. So haben acht baden-württembergische Haftanstalten in einem Pilotprojekt ihr Qualitätsmanagement nach ISO 9001/2000 zertifizieren lassen, mittelfristig wollen auch die restlichen zehn Gefängnisse im Ländle nachziehen. „Viele unserer Haftbetriebe arbeiten als verlängerte Werkbank der Automobilindustrie, da geht es ohne Zertifizierung nicht mehr“, sagt Patrick Herrling, Hauptgeschäftsführer des „Landesbetriebs Vollzugliches Arbeitswesen“. Spätestens 2008 will auch Nordrhein-Westfalen mit einer Zertifizierung beginnen – und überdies ab 2009 die Kameralistik in den Knästen nach und nach durch eine betriebswirtschaftliche Bilanzierung ersetzen.

So viel Geschäftssinn gefällt nicht jedem. Manche Handwerksinnungen etwa verfolgen die zunehmenden wirtschaftlichen Aktivitäten der Haftanstalten mit Unbehagen. Druckereien oder Tischlerbetriebe sorgen sich, die Haftbetriebe könnten ihnen unlautere Billig-Konkurrenz machen.

„Wir wollen dem ersten Arbeitsmarkt keine Konkurrenz machen“, versichert zwar Dirk Schulte vom nordrhein-westfälischen Landesjustizvollzugsamt in Wuppertal, das die wirtschaftlichen Aktivitäten der Haftanstalten in NRW koordiniert. So gebe es eine Geschäftsanweisung der Justizverwaltung, dass JVA-Angebote mit einem „Preisaufschlag“ versehen werden müssen, wenn sie deutlich günstiger sind als vergleichbare Produkte oder Dienste am freien Markt. Auch das niedersächsische Justizministerium betont: „Die Produkte der JVA-Eigenbetriebe werden zu marktüblichen Konditionen angeboten und nicht zu Dumpingpreisen.“

Doch die Kontrolle darüber ist schwierig, es gibt eine Grauzone. In Berlin etwa leiden die örtlichen Buchbinder unter der massiven Konkurrenz der JVA Tegel. „Die JVA saugt mit ihrer großen Werkstatt vor allem bei Behörden Aufträge für Privatunternehmen ab“, kritisiert Michael Linnardi, Geschäftsführer der Drucker-Innung Berlin-Brandenburg.

Zoff gab es auch in Niedersachsen. Hier warben Haftanstalten in Annoncen gezielt bei Privatkunden mit ihren geringen Arbeitskosten und setzten Gefangene zu Maler- und Renovierungsarbeiten ein – in einem Gerichtsgebäude außerhalb der Gefängnismauern. Nachdem die örtlichen Handwerksverbände protestierten, schloss das niedersächsische Justizministerium mit ihnen im vergangenen Sommer einen Kooperationsvertrag ab. Nun können die Handwerker die Haftbetriebe als Subunternehmen nutzen, die Justizvollzugsanstalten verzichten auf eine allzu aggressive Werbung für handwerkliche Dienstleistungen auf dem freien Markt. „Seitdem hat sich die Lage entspannt“, sagt Karl-Heinrich Lorberg, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Handwerk Niedersachsen.

Auch die JVA Werl will Privatbetrieben nicht in die Parade fahren. „Für uns ist die Resozialisierung der Gefangenen wichtiger als das wirtschaftliche Ergebnis“, beteuert Arbeitsverwaltungschef Biermann. Was nicht heißt, dass seine Anstalt nicht weiter expandieren will: Für rund 1,2 Millionen Euro soll in Werl 2008 eine nagelneue Groß-Backstube entstehen.

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